PERSONALquarterly 2/2019 - page 20

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PERSONALquarterly 02/19
SCHWERPUNKT
_ORGANISATIONALE KARRIERE
Arbeitsverhältnisses“ in der Einschätzung beider Führungs­
kräfte auf. Das Arbeitsverhältnis wurde von beiden als sehr
gut bewertet, sodass es keiner weiteren Maßnahmen zur Ver­
besserung der Zusammenarbeit bedurfte. In der Subdimension
Feedback variieren die Aussagen der jüngeren Führungskraft
stärker als bei der älteren Führungskraft, indem zum ersten
Messzeitpunkt weniger Feedback von der jüngeren Führungs­
kraft wahrgenommen wurde als zum zweiten Messzeitpunkt.
Somit kommt die erfahrenere Führungskraft ihrer Mentoren­
rolle im Zeitverlauf stärker nach.
Die vertikale Führungsqualität weist eine (leicht) überdurch­
schnittlich gute Beziehung der Mitarbeitenden zu den Füh­
rungskräften auf. In den Dimensionen Loyalität und fachlicher
Respekt geben die Geführten an, eine ähnlich starke Beziehung
zu beiden Führungskräften zu haben. Die Zuneigung der Mit­
arbeitenden gegenüber der jüngeren Führungskraft ist höher
im Vergleich zur erfahreneren Führungskraft, wobei sich die
Werte im Zeitverlauf annähern. Die Geführten begründen ihr
Engagement, Aufgaben für die Führungskraft auszuführen,
mit der Arbeit für das eigene Wohl und das des Unternehmens,
aber nicht dem Wohl ihrer Führungskräfte. Da die Verantwor­
tungsbereiche innerhalb des Tandems nicht aufgeteilt wurden,
kam es seitens der Geführten zu Irritationen hinsichtlich der
Zuständigkeiten und erhöhtem Kommunikationsaufwand.
Indikatoren der Qualität der Zusammenarbeit im Tandem
sind u. a. die Dauer der Übergabegespräche sowie das resul­
tierende wahrgenommene Verständnis. Die Gesprächsdauer
variierte zwischen 10 und 120 Minuten in Abhängigkeit von
den Tätigkeiten je Woche und dem Bedarf. Das Verständnis
wurde stets als gut bis sehr gut bewertet.
Die Kompetenzen liegen sowohl in der Bewertung der Vor­
gesetzten als auch der Selbstauskunft zu allen Messzeitpunk­
ten über dem Mittelwert der Bewertungsskala, wobei sie zum
dritten Messzeitpunkt signifikant besser bewertet wurden als
zuvor. In den Kompetenzen Lösungsfindung, Entwicklung,
Unternehmergeist und Kundenfokussierung nahmen beide
Führungskräfte eine deutliche Verbesserung durch die Lern­
prozesse im Top Sharing wahr. Die Kompetenzentwicklung
schätzen die Führungskräfte in ihrer Selbstauskunft stärker
ein als ihre Vorgesetzte.
Während ein Peer-Mentoring bei Top Sharing erstrebenswert
ist, verfolgt das betrachtete Tandem eher einen klassischen
Mentoringansatz, bei dem die erfahrene Führungskraft stärker
als Mentorin und die jüngere Partnerin als Protegé agiert. In
den karrierebezogenen Subdimensionen Sponsoring, Coaching,
Herausforderung und Bekanntmachung agierte die erfahrenere
Führungskraft erwartungsgemäß stärker als Mentorin.
Hinsichtlich des Leistungsniveaus wurde von demTandemund
der Vorgesetzten die Zielerreichung mit 100% bewertet. Auch von
den Geführten wurden die Leistungen beider Führungskräfte als
gut bis sehr gut bewertet. Die jüngere Führungskraft gab an, dass
sie bei der Erfüllung gemeinsamer Aufgaben stark von den Erfah­
rungen ihrer Partnerin profitierte. Die Beurteilung der Erfüllung
der Führungserwartungen durch die Mitarbeitenden blieb für
die erfahrene Führungskraft stabil, wohingegen die jüngere Füh­
rungskraft in der Bewertung zum zweiten Messzeitpunkt abfiel.
In dieser Zeit übernahm sie ein Projekt außerhalb des Tandems,
gekoppelt mit weniger Präsenz im Team.
Im Hinblick auf die Karriereentwicklung bot Top Sharing Vor­
teile für beide Partnerinnen. Der aufstrebenden Führungskraft
ermöglichte es den früheren Einstieg in die Führungslaufbahn,
indem sie an der Seite einer erfahrenen Führungskraft in die
neue Rolle schrittweise eingeführt wurde. Auch erlaubte Top
Sharing ihr, nach der Geburt des Kindes früher wieder beruflich
einzusteigen und in Teilzeit einen Karriereschritt zu vollziehen.
Im Vergleich zu einer Karriere ohne Top Sharing zeigt sich in
der Praxis hingegen häufig, dass der weitere Karrierepfad nach
der Elternzeit ungewiss ist, da die Rückkehr in eine Führungs­
position (v. a. in Teilzeit) nicht immer sichergestellt werden
kann. Für erfahrene Führungskräfte stellt sich mit Top Sharing
nicht mehr die Frage, ob die Führungsposition aufzugeben ist,
da sie mit reduzierter Arbeitszeit weitergeführt werden kann.
Zusätzlich geht bei einer Führungskarriere ohne Top Sharing im
Vergleich mehr Erfahrung und Firmenwissen mit Ausscheiden
einer Führungskraft aus dem Unternehmen verloren. Aufgrund
unterschiedlicher Karriereambitionen von Tandempartnern ver­
schiedener Generationen liegt keine Konkurrenz hinsichtlich
anschließender Karriereschritte vor.
Praktische Implikationen
Die Passung der Tandempartner stellt eines der wichtigsten
Kriterien für erfolgreiches Top Sharing dar. Die Führungskräf­
te müssen nicht nur in ihrer Führungsmotivation, der Per­
sönlichkeit und den Karriereambitionen zueinander passen,
sondern für eine gute Zusammenarbeit auch Sympathie, Res­
pekt und gegenseitiges Vertrauen aufweisen. Das Personal­
management sollte daher bei der Bildung passender Tandems
unterstützend zur Seite stehen und den anfänglichen Arbeits­
mehraufwand für alle Beteiligten transparent kommunizieren.
Eine Begleitung des Veränderungsprozesses und ein Coaching
des Tandems wie insbesondere auch der Geführten zwecks
Teamentwicklung ist im ersten Jahr hilfreich.
Top Sharing bedarf klarer Regeln und Absprachen. Es ist
anzuraten, die Konstellation des Führungstandems im Un­
ternehmen offen nicht nur gegenüber dem eigenen Team,
sondern auch den angrenzenden Abteilungen, Stakeholdern
und dem Management zu kommunizieren sowie eindeutige
Kommunikationswege und Regelungen für die Zusammenar­
beit zu definieren. Nach innen ist eine klare Verteilung der
Verantwortungsbereiche und dessen Kommunikation wichtig.
Die Geführten müssen informiert sein, welche Führungskraft
disziplinarisch vorgesetzt ist und wer für welche Themen ver
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