PERSONALquarterly 2/2019 - page 11

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02/19 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie stark haben sich karrierebezogene Erwartungen, Arbeitsplatzwechsel
und Ergebnisfaktoren im Laufe der Zeit verändert?
Methodik:
Quantitative Analysen von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)
Praktische Implikationen:
Der Wandel von Karrieremustern im Zeitverlauf wird von
ForscherInnen wie auch von PraktikerInnen überschätzt. Dies sollte bei der Gestaltung und
Bewertung von HR-Strategien, Laufbahnsystemen und auch bei der individuellen Karriere-
planung berücksichtigt werden.
Arbeitslosigkeit gemeint sind. (3) auf der Ebene der Ergebnisse,
was Resultate von realisierten Wechseln betrifft (Gehalt oder Zu-
friedenheit). Auf allen Ebenen haben wir untersucht, ob die postu-
lierten Veränderungen auch empirisch zu finden sind.
Die Veränderung von Erwartungen
Mit unserer ersten Studie aus dem Jahr 2011 haben wir unser
Augenmerk auf ManagerInnen und Angestellte gerichtet (die
Stichprobengröße umfasst zwischen 991 und 1.890). Zwischen
1999 und 2009 wurden die PanelteilnehmerInnen zweijährlich
gefragt, wie wahrscheinlich (auf einer 11er-Skala von 0 bis
100 Prozent) verschiedene berufliche Veränderungen inner-
halb der nächsten zwei Jahre für sie eintreten. Zu den Verän-
derungen gehörten etwa „Ihren Arbeitsplatz verlieren“ oder
„von sich aus eine neue Stelle suchen“. Diese Einschätzungen
bezeichnen wir als Karriereerwartungen.
Ein klarer oder gar starker Wandel der Karriereerwartungen
lässt sich nicht erkennen. Männliche Angestellte erwarten
leicht abnehmende Aufstiegsmöglichkeiten in Organisationen
und weibliche Angestellte wie auch männliche Führungskräfte
haben leicht gestiegene Wechselabsichten. Will man die Unter-
Häufigkeit von Stellenwechseln und deren Konsequenzen über
die Zeit tatsächlich so radikal verändert, wie es der Diskurs in
Wissenschaft und Praxis nahelegen (vgl. Abb. 1)?
Die drei Ebenen möglicher Karriereveränderungen
Seit Anfang der 1990er-Jahre ist ein starker Argumentationsstrang
innerhalb der Karriereforschung zu erkennen: Karrieren finden
organisationsübergreifend statt, subjektive Faktoren wie Zufrie-
denheit innerhalb der Karriere spielen verstärkt eine Rolle und
insbesondere der Gruppe der ManagerInnen und Professionals
wird ein zunehmend grenzenloser, selbstbestimmter und nach ei-
genen Bedürfnissen gesteuerter Karriereverlauf nachgesagt (Gu-
an/Arthur et al., 2018). Die postulierten Veränderungen schlagen
sich auf drei unterschiedlichen Ebenen nieder: (1) auf der Ebe-
ne karrierebezogener Erwartungen, die Einfluss auf zukünftige
Karriereentscheidungen haben. Gemeint ist die Einschätzung
der eigenen Karrieresituation und -entwicklung anhand der ge-
fühlten Arbeitsplatzsicherheit, der Fluktuationsbereitschaft und
der Erwartung von beruflichen Auf- oder Abstiegen. (2) auf der
Ebene karrierebezogener Verhaltensweisen, womit tatsächlich
getätigte Arbeitsplatzwechsel, Aufstiege oder auch Phasen der
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Stabilität statt radikaler Veränderungen: Veränderungen auf den Ebenen karrierebezogener Erwartungen, getätig-
ter Wechsel und deren Konsequenzen bleiben im Zeitverlauf konstant
3
Wechselabsichten, Karriereaussichten
und die gefühlte Arbeitsplatzsicherheit
am deutschen Arbeitsmarkt sind eher
konstant geblieben
3
Männer erwarten ein bisschen weniger
Aufstiegschancen
3
Männer und Frauen haben leicht stei-
gende Wechselabsichten
Karriereerwartungen (Einstellungen)
Arbeitsplatzwechsel (Verhalten)
Konsequenzen (Ergebnisse)
3
Gesamtzahl hat sich nicht nennenswert
verändert
3
Wechsel zwischen Organisationen nehmen
leicht zu
3
Wechsel innerhalb von Organisationen neh-
men leicht ab – aber stärker, als die Wechsel
zwischen Organisationen zunehmen
3
Höheres Gehalt und (zumindest
kurzfristige) Steigerung der Arbeitszu-
friedenheit
3
Einkommenszuwächse nehmen leicht ab
3
Unzufriedenheitszuwächse bleiben in
etwa gleich
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