PERSONALquarterly 2/2019 - page 16

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PERSONALquarterly 02/19
SCHWERPUNKT
_ORGANISATIONALE KARRIERE
I
m Zuge politischer, sozialer und gesellschaftlicher Ver­
änderungen in der Arbeitswelt rückt Top Sharing in den
Fokus des Personalmanagements. Unternehmen su­
chen bspw. aufgrund der Einführung einer gesetzlichen
Frauenquote in Deutschland praktikable und wirtschaftlich
sinnvolle Instrumente, um Frauen in Führungskarrieren zu
fördern. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Top Sharing ermögli­
chen es Beschäftigten, Familie und Beruf zu vereinbaren, und
steuern dem befürchteten Karriereknick nach der Elternzeit
entgegen. Top Sharing bezeichnet ein Job Sharing in Führungs­
positionen. Die Führungskräfte haben teils alleinige, teils ge­
meinsame Verantwortungsbereiche, sodass Abstimmungen im
Tandem notwendig sind (Kuark, 2003).
Kritische Erfolgsvariablen von Top Sharing
Im Rahmen einer Fallstudie wurde der Einfluss kritischer Va­
riablen auf die effektive Zusammenarbeit von Top Sharern und
deren Erfolg untersucht. Es wurde analysiert, wie die Passung
der Top Sharer (Antezedenzien) auf die Zusammenarbeit in­
nerhalb des Tandems und mit den Geführten (Prozesse) wirkt
und wie diese wiederum die Arbeitsleistung des Tandems (Er­
gebnisse) beeinflusst (vgl. Abb. 1). Zudem wurden die mit Top
Sharing verbundenen Implikationen für die Führungskarriere
analysiert.
Führungseffektivität wird bedeutend durch individuelle
Merkmale der Führungskraft, wie insb. Persönlichkeitsmerk­
male und Basismotive der Führungsmotivation, bestimmt
(DeRue/Nahrgang/Wellman/Humphrey, 2011; Furtner, 2012;
Judge/Bono/Ilies/Gerhardt, 2002). Während die Forschung hin­
sichtlich dieser Merkmale bestimmte ideale Ausprägungen für
einzelne Führungskräfte identifiziert hat, sind Abweichungen
von diesem Idealprofil infolge der Notwendigkeit der Zusam­
menarbeit zweier Führungskräfte in einem Tandem sinnvoll.
Bspw. ist Extraversion eine positive Eigenschaft einzelner Füh­
rungskräfte. Im Tandem jedoch konkurrieren extravertierte
Persönlichkeiten eher, als dass sie sich ergänzen, indem sie um
die Erfüllung der dominanten, führenden Rolle konkurrieren
(Judge et al., 2002; Judge/Piccolo/Kosalka, 2009).
Hinsichtlich ihrer Persönlichkeit sollten Führungskräfte der
Führungsforschung zufolge eine hohe Gewissenhaftigkeit auf­
Generationenübergreifendes Top Sharing:
Erfolgsfaktoren und Karriereimplikationen
weisen, da sich diese positiv auf ihre Arbeitsleistung auswirkt.
Effektive Führungskräfte haben zudem eine geringe Verträg­
lichkeit, die Voraussetzung für Durchsetzungsstärke ist, und
weisen niedrige Neurotizismuswerte auf. Eine hohe Offenheit
für Erfahrungen erlaubt es Führungskräften, kreativ und in­
novativ zu agieren. Ebenfalls sollten Führungskräfte – zwecks
Interaktion mit und Überzeugung von ihren Mitarbeitenden –
hoch extravertiert sein (Judge et al., 2002, 2009).
Da Tandems gemeinsam führen, erfordert es einen harmo­
nischen Umgang, sodass eine moderat bis leicht überdurch­
schnittlich ausgeprägte Verträglichkeit effektiver sein könnte.
Um gut im Team arbeiten zu können, sollten Tandempartner
zudem hinsichtlich Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit nur
gering voneinander abweichen, wohingegen für die Extraver­
sion eine eher hohe Abweichung sinnvoller ist. Während sich
eine hohe Extraversion günstig auf zwischenmenschliche Be­
ziehungen auswirkt, ist in Gruppen eine Kombination aus hoch
und niedrig Extrovertierten günstiger für die Gruppenleistung.
Neben den Persönlichkeiten der Tandempartner müssen
zudem die drei Basismotive der Führungsmotivation eine
Passung aufweisen, welche in das Machtmotiv, das Leistungs­
motiv und das Anschlussmotiv unterteilt werden. Jedes Basis­
motiv setzt sich aus einem Ziel, nach etwas zu streben, und
aus einem Ziel, etwas zu vermeiden, zusammen. Die Grund­
lage des Machtmotivs bildet der Wunsch nach Einfluss auf das
umliegende Geschehen sowie das Verhalten der Mitmenschen
und unterteilt sich in das „Streben nach Einfluss“ und das
„Vermeiden von Kontrollverlust“. Hoch leistungsmotivierte
Personen streben danach, die gestellten Anforderungen zu
übertreffen, sodass sich eine Aufteilung in das „Streben nach
Erfolg“ und „Vermeiden von Misserfolg“ ergibt. Das Anschluss­
motiv umfasst das Bedürfnis nach sozialer Akzeptanz und glie­
dert sich in das „Streben nach Akzeptanz“ und „Vermeiden von
Ablehnung“. Die Annäherungs- und Vermeidungskomponen­
ten jedes Motivs sollten nicht gleichzeitig hoch oder gering
ausgeprägt sein, da es ansonsten zu Handlungsstillstand kom­
men könnte. Eine Person ist z. B. bei gleichzeitigem „Streben
nach Erfolg“ und „Vermeiden von Misserfolg“ unentschlossen,
ob sie eine riskante, aber Erfolg versprechende Handlung aus­
führen sollte.
Von
Prof. Dr. Maike Andresen
,
Julia Ganser
und
Georg Dochtmann
(Otto-Friedrich-Universität Bamberg)
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