PERSONALquarterly 2/2019 - page 18

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PERSONALquarterly 02/19
SCHWERPUNKT
_ORGANISATIONALE KARRIERE
ren, dass Mitarbeitende die Aufgabenerfüllung je nach persön­
lichem Verhältnis mit den Führungskräften und nicht nach
Wichtigkeit priorisieren.
Auch die Zusammenarbeit im Tandem beeinflusst die Füh­
rungseffektivität. Ein effektives Tandem nimmt sich nicht als
Konkurrenten wahr, sondern pflegt einen kooperativen Ar­
beitsstil. Ein Konkurrenzdenken kann durch die Kombinati­
on von Tandempartnern in unterschiedlichen Karrierephasen
gemindert werden. Gemeinsame Vereinbarungen sind einzu­
halten und strukturierte Übergabegespräche mit schriftlicher
Dokumentation zu führen.
Die Kompetenzentwicklung stellt u. a. auf das Erlernen der
Führungsrolle von einem erfahrenen Tandempartner ab und
kann durch die Kombination von Führungskräften unter­
schiedlicher Kompetenzprofile und Lernstile gefördert werden.
Generationenübergreifendes Top Sharing bietet den Vorteil,
dass beide Top Sharer durch ein Peer-Mentoring voneinan­
der lernen können, insb. bei sich ergänzenden Profilen und
unterschiedlichen Karrierephasen. Im Idealfall profitieren
beide gleichermaßen vom Mentoring und engagieren sich zu
gleichen Teilen als Mentor und Protegé (Siegel/Mosca/Karim,
1999). Erfahrene Führungskräfte geben ihr (Führungs-)Wissen
an die nächste Generation weiter und im Gegenzug unterstüt­
zen jüngere Führungskräfte das ältere Pendant z. B. bei der
Nutzung neuer Medien.
Top Sharing erhöht die Leistung der Führungskräfte und
führt zu höherer Produktivität infolge höherer Präsenz bei ge­
genseitiger Vertretung (Kuark, 2003).
Beschreibung der Fallstudie
Grundlage der Fallstudie ist ein generationenübergreifendes
Führungstandem in einem deutschen Industriekonzern, das
über 14 Monate evaluiert wurde. Beide Führungskräfte sind
weiblich, weisen eine mehrjährige Betriebszugehörigkeit auf
und befinden sich in unterschiedlichen Karrierephasen. Die
bereits führungserfahrene Tandempartnerin möchte ihr Wis­
sen weitergeben, während sie in Altersteilzeit arbeitet. Die
jüngere Tandempartnerin ohne vorherige Führungserfahrung
nutzt Top Sharing, um die Führungsrolle zu erlernen und Fa­
milie und Beruf in Einklang zu bringen. Die Führungskräf­
te waren disziplinarisch jeweils für die Hälfte der Geführten
verantwortlich, wobei die Mitarbeiterbeurteilung gemeinsam
erfolgte. Sämtliche Verantwortungsbereiche wurden gemein­
sam übernommen.
Zur Messung der Antezedenzien, Prozesse und Leistung
wurden Fragebögen, Interviews und Workshops mit dem Tan­
dem, der Vorgesetzten, den Geführten sowie je einem Vertre­
ter der Personalabteilung und des Bereichs Work-Life-Balance
ausgewertet. Persönlichkeit und Basismotive der Führungs­
motivation wurden aufgrund der Stabilitätsannahme einmalig
erhoben. Kompetenzen, Zusammenarbeit, Mentoring, Führung
und Leistung wurden in den Projektmonaten 3, 7 und 12 erho­
ben, um Veränderungsprozesse zu bestimmen.
Die Messung der Persönlichkeitsmerkmale der Top Sharer
erfolgte mittels des Fragebogens von Satow (2011). Die Basis­
motive der Führungsmotivation wurden anhand der Skala von
Felfe, Elprana, Gatzka und Stiehl (2012) erfasst. Die horizon­
tale Führungsqualität innerhalb des Tandems wurde mit dem
Team-Member-Exchange-(TMX-)Fragebogen von Trippel (2012)
erhoben. Die vertikale Führung der Geführten wurde mittels
des Leader-Member-Exchange-(LMX-)Fragebogens bestimmt
(Paul/Schyns, 2014). Zur Messung der Zusammenarbeit wur­
den die in Einzelinterviews mit den Top Sharern identifizierten
Normen, z. B. ein Übergabegespräch pro Woche oder Vertre­
tung bei Abwesenheit, in einer monatlichen Erhebung online
abgefragt. Die gewünschten Kompetenzen wurden in Inter­
views mit dem Tandem und der Vorgesetzten ermittelt (z. B.
Unternehmergeist, Kundenorientierung) und die Kompetenz­
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 2:
Soll-Ist-Persönlichkeitsprofil der Top Sharer
Offenheit für Erfahrungen
Gewissenhaftigkeit
Extraversion
Verträglichkeit
Neurotizismus
niedrig
hoch
hoch
hoch
hoch
hoch
niedrig
niedrig
niedrig
niedrig
Top-Sharing-Empfehlung
Übereinstimmungen im Tandem
Erfahrene Führungskraft
Wenig erfahrene Führungskraft
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 3:
Soll-Ist-Profil der Basismotive der Führungsmotivation
Machtmotiv
Leistungsmotiv
Anschlussmotiv
niedrig
hoch
hoch
hoch
niedrig
niedrig
Top-Sharing-Empfehlung
Erfahrene Führungskraft
Wenig erfahrene Führungskraft
1...,8,9,10,11,12,13,14,15,16,17 19,20,21,22,23,24,25,26,27,28,...60
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