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          03/19  PERSONALquarterly
        
        
          (63,43 %) wollen keine speziellen Zertifikate zum agilen Coa-
        
        
          ching. Welchen Mehrwert sich Unternehmen davon verspre-
        
        
          chen, ein bestimmtes Studium nachzufragen, erschließt sich
        
        
          nicht, sind doch alle wichtigen Treiber von Agilität weniger
        
        
          auf Fachkompetenz zurückzuführen, sondern stehen im Zu-
        
        
          sammenhang mit den Menschen, deren Denkweise, der per-
        
        
          sönlichen und organisationalen Reife, der Kultur sowie der
        
        
          Selbstorganisation. Ob hierfür ein Informatikstudium notwen-
        
        
          dig ist, bleibt zu hinterfragen.
        
        
          Warum bauen die Unternehmen aus der Stichprobe im Zu-
        
        
          sammenhang mit der Kandidatensuche vornehmlich auf die
        
        
          methodische Seite unter Vernachlässigung der Makroperspek-
        
        
          tive und einer ganzheitlichen Sichtweise im Sinne des organi-
        
        
          sationalenWandels? Mutmaßen lässt sich nur, dass der Einsatz
        
        
          von agilen Methoden auf der Mikroebene transparenter ist und
        
        
          es einfacher ist, die Arbeit eines agilen Coaches sichtbar zu
        
        
          machen und seinen direkten Wert erklären zu können. Es las-
        
        
          sen sich in diesem Zusammenhang einfacher Key Performance
        
        
          Indicators (KPI) für den Wert seiner Arbeit generieren und
        
        
          messen als etwa bei organisationalen Transformationsprozes-
        
        
          sen und Aufgaben im Kulturwandel.
        
        
          Hier könnten Unternehmen wie auch Entscheider und letzt-
        
        
          endlich auch das Recruiting noch einen stärkeren Blick für
        
        
          die Notwendigkeiten und Bedürfnisse von agilen Organisati-
        
        
          onen entwickeln. Der Umstand, dass Agilität nicht durch einen
        
        
          Masterplan oder eine einfache SMARTE (specific, measurable,
        
        
          achievable, reasonable, time bound) Zielsetzung erreicht wer-
        
        
          den kann, und der meistens nicht sofort ablesbare Return on
        
        
          Investment (ROI) der für Agilität eingesetzten Ressourcen er-
        
        
          fordern eine gewisse Abkehr von gängigen betriebswirtschaft-
        
        
          lichen Führungs- und Steuerungsinstrumenten, wie etwa KPIs,
        
        
          und eine Hinwendung zu vielleicht nicht direkt messbaren
        
        
          und größeren Aufgaben auf der Makroebene, wie etwa die Eta-
        
        
          blierung eines agilen Mindsets. Dies erfordert ein Umdenken
        
        
          innerhalb der Organisationen: Der Weg in die Agilität ist ein
        
        
          Experiment.
        
        
          
            Limitationen der Studie und Ausblick auf weitere Forschung
          
        
        
          Die vorliegende Studie generierte indirekt, durch das Instru-
        
        
          ment der Analyse der Stellenanzeigen, Informationen zum
        
        
          Berufsbild des agilen Coaches. Eine allgemein gültige Aussa-
        
        
          gekraft für ein Anforderungsprofil eines agilen Coaches ist je-
        
        
          doch allein auf dieser Basis kaum ableitbar. Dennoch gewähren
        
        
          die Stellenanzeigen einen indirekten Einblick in die Bedürf-
        
        
          nisse von Unternehmen. Hier wäre es sicherlich sinnvoll, in
        
        
          einem weiteren Schritt mittels Experteninterviews tiefer in die
        
        
          Thematik einzusteigen. Hier könnte man weiter erschließen,
        
        
          warum Unternehmen gerade Anforderungen stellen, die zum
        
        
          Teil dem Grundgedanken von Agilität widersprechen wie etwa
        
        
          die starke Fokussierung auf Fachkompetenz und die Betonung
        
        
          der Team- und Individualebene.
        
        
          
            PROF. DR. KARIN MARCHAND
          
        
        
          Professur für Unternehmensführung und
        
        
          Personal
        
        
          FOM Hochschule für Oekonomie &
        
        
          Management, Hochschulzentrum Hamburg
        
        
          
            E-Mail:
          
        
        
        
        
          
            SEBASTIAN LINDKEN
          
        
        
          Freiberuflicher agiler Team-Coach,
        
        
          Scrum Master und Product Owner/
        
        
          Projektmanager
        
        
          
            E-Mail:
          
        
        
        
        
          
            LITERATURVERZEICHNIS
          
        
        
          Adkins, L. (2010): Coaching Agile Teams: A companion for Scrum Masters,
        
        
          Agile Coaches and Project Managers in Transition (E-Book), 2. Ausgabe,
        
        
          Boston: Addison-Wessley.
        
        
          Beck, Kent et al. (2001): Manifest für agile Software-Entwicklung, [online],
        
        
        
          2.04.2019].
        
        
          Gielen, R. (2018): How To Build Your Own Spotify Model, [online],
        
        
        
        
          [02.04.2019].
        
        
          Rigby, D. K./Sutherland, J./Takeuchi, H. (2016): Embracing Agile: Learn
        
        
          How Agile Really Works, in: Harvard Business Review, May, S. 40–48.
        
        
          Roock, S. (2018): Agile Rollen: Von der organisierten Unverantwortlichkeit zur
        
        
          organisierten Verantwortlichkeit, in: Agile Review, Jg. 8, Nr. 1, S. 6–17.
        
        
          Scheller, T. (2017): Auf dem Weg zur agilen Organisation, München: Franz
        
        
          Vahlen.
        
        
          
            SUMMARY
          
        
        
          
            Research question:
          
        
        
          There is no common occupational profile of
        
        
          agile coaches. The research question is how companies define the
        
        
          role, aim, responsibilities and competencies of agile coaches.
        
        
          
            Methodology:
          
        
        
          qualitative content analysis of job advertisements
        
        
          
            Practical implications:
          
        
        
          One of the research results is that the
        
        
          micro-perspective of agile coaches in combination with a strong
        
        
          demand for methodological competencies is dominating. A more
        
        
          systemic approach in combination with more focus on psychosocial
        
        
          competencies is recommended.