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PERSONALquarterly 03/19
NEUE FORSCHUNG
_EMPLOYER BRANDING
regionalen Ausrichtung von Employer-Branding-Maßnahmen,
während politisch Verantwortliche in den Regionen stetig an
der regionalen Entwicklung und der Verbesserung der Arbeits-
marktchancen für Absolventen arbeiten sollten.
Ein zweites wichtiges Ergebnis betrifft die aufgezeigten Netz-
werkcharakteristika. Wenige große Unternehmen im Zentrum
des Netzwerks werden als besonders attraktive Arbeitgeber
wahrgenommen, während eine Vielzahl weiterer Arbeitgeber
mit deutlich geringerer Attraktivität an der Netzwerkperiphe-
rie lokalisiert ist. Zudem sind die Arbeitgeber häufig in Form
von Branchenclustern gruppiert. Für Arbeitgeber kommt es
somit zunächst darauf an, das Relevant Set potenziell geeig-
neter Bewerber zu identifizieren und bspw. dahingehend tiefer
zu analysieren, ob sie aus Sicht der Bewerber eher im Zentrum
oder an der Peripherie des Netzwerks angesiedelt sind. Im er-
sten Fall besteht die Herausforderung der Personalbeschaffung
weniger in der Personalwerbung als in der Personalauswahl,
das heißt der schnellen Bearbeitung und anforderungsge-
rechten Selektion einer Vielzahl von Bewerbern. Unternehmen
an der Peripherie des Netzwerks müssen dagegen den Fokus
zunächst auf die Personalwerbung legen. Dabei sind sie mit
der Herausforderung konfrontiert, dass sie nicht nur mit an-
deren Unternehmen derselben Branchencluster konkurrieren,
sondern auch mit Unternehmen im Zentrum des Netzwerks.
Im Fall der MRN bedeutet dies etwa, dass es nicht nur einen
Wettbewerb unter den Herstellern von Konsumgütern wie
Schreibgeräten und Sportartikeln, unter Steuerberatungen und
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften etc. gibt, sondern diese im-
mer auch mit den als besonders attraktiv wahrgenommenen
Arbeitgebern im Zentrum konkurrieren. Es gibt also sowohl
einen branchenspezifischen als auch einen branchenübergrei-
fenden Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt.
Anzunehmen ist, dass Unternehmen an der Peripherie des
Netzwerks zudem oft lediglich als Second-best-Arbeitgeber
wahrgenommen werden, das heißt Hochschulabsolventen zie-
hen eine Bewerbung bei diesen Arbeitgebern mutmaßlich erst
in Betracht, wenn sie von anderen Unternehmen im Zentrum
des Netzwerks abgelehnt wurden. Neu eingestellte Arbeitneh-
mer werden deshalb ihre neue Tätigkeit bei diesen Arbeitge-
bern wahrscheinlich mit weniger positiven Einstellungen und
Erwartungen als bei Arbeitgebern im Zentrum des Netzwerks
aufnehmen. Für diese Unternehmen besteht deshalb eine be-
sondere Herausforderung darin, ihre Attraktivität als Arbeit-
geber zu verdeutlichen und die Bindung der Arbeitnehmer
zu verstärken. Zur Verdeutlichung ebendieser Attraktivität
können neben den Ergebnissen aus Netzwerkanalysen auch
weitere Informationsquellen genutzt werden, wie bspw. die
Analyse abgelehnter Einstellungszusagen, um so zukünftig
das eigene Arbeitgeberprofil zu stärken. Idealerweise wird die
ursprünglich nur als „second best“ empfundene Alternative im
Nachhinein als gute Wahl wahrgenommen.
spezifischen Gruppe untersucht (d. h. die Tendenz von Un-
ternehmen einer spezifischen Branche, sich in einem Cluster
zusammenzuschließen), fragt das Maß der Homophilie, ob eine
Clustertendenz für alle Gruppen einer bestimmten Kategorie
festgestellt werden kann (d. h. es schließen sich alle Unterneh-
men im Netzwerk innerhalb ihrer jeweiligen Branchen zu Clu-
stern zusammen). Dabei kann die Homophilie, also die Tendenz
der Clusterung im gesamten Netzwerk basierend auf gemein-
samen Eigenschaften (McPherson, Smith-Lovin & Cook, 2001),
anhand des E-I Index gemessen werden. Die präferierten Ar-
beitgeber lassen sich neun verschiedenen Branchen zuteilen,
wobei die Anzahl der Unternehmen aus jeder Branche variiert.
Für die Branchen „Konsumgüter“ und „Technologie-Mischkon-
zerne“ zeigt sich eine sehr hohe interne Gruppendichte, wo-
mit eine Clustertendenz auf Basis ihrer Branche angenommen
werden kann. Über das gesamte Netzwerk hinweg zeigt der E-I
Index [0;1] von 0,47 allerdings, dass diese Tendenz nicht für
alle Branchen besteht. Absolventen tendierten nur in Bezug auf
bestimmte Branchen (Konsumgüter, Technologie-Mischkon-
zerne) dazu, mit der Nennung eines präferierten Arbeitgebers
aus einer dieser Branchen auch mindestens einen weiteren
Arbeitgeber aus derselben Branche anzugeben. Insbesondere
Arbeitgeber aus den Branchen „Konsumgüter“ und „Techno-
logie-Mischkonzerne“, die im Zentrum des Netzwerks stehen,
werden sehr häufig als Arbeitgeberoption genannt und weisen
eine hohe Kompatibilität mit allen anderen Arbeitgebern auf.
Diskussion und Fazit
Aus der Studie lassen sich mehrere Implikationen für Arbeit-
geber und Arbeitssuchende ableiten. Zunächst weist die Stu-
die auf die große Bedeutung des lokalen Arbeitsmarkts hin.
Absolventen orientieren sich offenbar weniger an landeswei-
ten Rankings, sondern haben eher eine starke Präferenz für
Arbeitgeber in räumlicher Nähe zu ihrem Studienort. Obwohl
die im Mittelpunkt der Studie stehende MRN allgemein als we-
niger attraktiv als etwa die Regionen München und Hamburg
gilt, sehen Hochschulabsolventen ihre präferierten Arbeitge-
ber in dieser vermeintlich weniger attraktiven Region und da-
mit in der Nähe zu ihrem Studienort. Für Arbeitgeber bedeutet
das, ihre Aktivitäten des Employer Branding in einem starken
Maße regional auszurichten. Maßnahmen dazu könnten etwa
Kooperationen mit lokalen Hochschulen in Form von Prak-
tika, Werkstudententätigkeiten oder Praxisprojekten sein.
Viele Unternehmen aus der MRN sind in diesen Bereichen
bereits außergewöhnlich aktiv, was sich auch in der starken
regionalen Ausrichtung der Arbeitgeberpräferenzen von Hoch-
schulabsolventen in unserer Studie niedergeschlagen haben
dürfte. Anzunehmen ist, dass die starke regionale Präferenz
zugunsten der Universitätsregion auch für Absolventen aus
anderen Regionen angenommen werden kann. Für Arbeitgeber
ergibt sich damit die beschriebene Notwendigkeit einer starken
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