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          03/19  PERSONALquarterly
        
        
          B
        
        
          ei der Wahl des ersten Arbeitgebers stehen Hochschul-
        
        
          absolventen in einem Spannungsfeld zwischen den
        
        
          vielfältigen Optionen und eigenen Präferenzen und
        
        
          dem intensivenWettbewerbmit anderen Studierenden.
        
        
          Zudem sind sie mit Unsicherheiten und Informationsdefiziten
        
        
          konfrontiert. Am Ende eines Entscheidungsprozesses, bei dem
        
        
          eine Vielzahl möglicher Alternativen miteinander verglichen
        
        
          werden, wählen Hochschulabsolventen einen bestimmten Ar-
        
        
          beitgeber. Bislang fehlen Studien, die die Konkurrenzbezie-
        
        
          hungen zwischen potenziellen Arbeitgebern betrachten und
        
        
          auch regionale Aspekte der Arbeitgeberwahl berücksichtigen.
        
        
          Die vorliegende Untersuchung begegnet den Grenzen beste-
        
        
          hender Studien durch die Anwendung einer Netzwerkanalyse.
        
        
          Durch die Identifikation von Arbeitgeberalternativen aus Sicht
        
        
          relevanter Absolventen ergibt sich die Ableitung zielgerichte-
        
        
          ter Implikationen für das Personalmanagement.
        
        
          
            Theoretische Grundlagen
          
        
        
          Ein sowohl in der Wissenschaft als auch der Praxis diskutier-
        
        
          tes Konzept bei der Arbeitgeberwahl ist das der Präferenz. Es
        
        
          beinhaltet den Vergleich der Attraktivität eines Arbeitgebers
        
        
          mit den Konkurrenten im Arbeitsmarkt und postuliert, dass
        
        
          nicht die absoluten Eigenschaften eines Arbeitgebers entschei-
        
        
          dend sind. Vielmehr bilden sich Präferenzen in dynamischen,
        
        
          mehrstufigen Vergleichsprozessen aufgrund der relativen und
        
        
          subjektiv wahrgenommenen Vorteile eines Unternehmens
        
        
          (Petkovic, 2008). Präferenzen sind somit Indikatoren für das
        
        
          zukünftige Verhalten und die Wahlentscheidungen bei der Ar-
        
        
          beitgeberwahl (Süß, 1996).
        
        
          Die Arbeitgeberwahl ist eine langfristige und weitreichende
        
        
          Entscheidung, die durch Unsicherheit, Informationsmangel
        
        
          und reduzierte Entscheidungsgeschwindigkeit gekennzeichnet
        
        
          ist (Süß, 1996). Es wird angenommen, dass Arbeitssuchende
        
        
          aufgrund der Wichtigkeit der Entscheidung und des damit ver-
        
        
          bundenen hohen Levels an Involvement dazu bereit sind, sich
        
        
          umfassend über Beschäftigungsalternativen zu informieren
        
        
          und ihre Entscheidung genau abzuwägen. Involvement führt
        
        
          zu einem Zustand innerer Aktivierung, die kontextspezifisch
        
        
          ist und mit dem Herannahen der finalen Entscheidung zu-
        
        
          nimmt (Baum & Kabst, 2013).
        
        
          Netzwerkanalyse von Arbeitgeberpräferenzen
        
        
          Von
        
        
          
            Theresa Bernhard
          
        
        
          und
        
        
          
            Prof. Dr. Dirk Holtbrügge
          
        
        
          (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
        
        
          Für die Analyse von Arbeitgeberpräferenzen bietet sich das
        
        
          aus der Konsumforschung bekannte Relevant-Set-Konzept an
        
        
          (Süß, 1996; Petkovic, 2008). Ausgangspunkt des Vergleichspro-
        
        
          zesses ist die Gesamtheit aller möglichen Arbeitgeber, die als
        
        
          Total Set bezeichnet wird. Arbeitssuchenden ist jedoch nur eine
        
        
          beschränkte Zahl an Unternehmen tatsächlich auch bekannt,
        
        
          während Kenntnisse über den größten Teil des potenziellen
        
        
          Arbeitsmarkts fehlen. Arbeitgeber, die Arbeitssuchende nach
        
        
          intensiver Informationsbeschaffung und -verarbeitung tatsäch-
        
        
          lich für Bewerbungen berücksichtigen, liegen im Relevant Set.
        
        
          Als Folge der Vergleichsprozesse werden positive Präferenzen
        
        
          für Unternehmen gebildet, die bestimmte vom Individuum
        
        
          als wichtig erachtete Kriterien erfüllen und sich in Bezug auf
        
        
          ebenjene Eigenschaften ähneln. Dabei spielen insbesondere
        
        
          Arbeitgebereigenschaften eine wichtige Rolle, weil die Charak-
        
        
          teristika spezifischer Arbeitsplätze zu diesem Zeitpunkt weder
        
        
          erfahr- noch bewertbar sind (Abramovskij, 2013).
        
        
          Aus organisationaler Sicht ist es für die Deckung des eige-
        
        
          nen Personalbedarfs erfolgsentscheidend, Teil des Relevant Set
        
        
          einer Zielgruppe potenzieller Bewerber zu sein. Arbeitgeber
        
        
          müssen dazu zunächst ihre Position aus Sicht der Zielgrup-
        
        
          pe auch relativ zu den spezifischen Konkurrenten auf dem
        
        
          Arbeitsmarkt kennen. Erst dann können zielgruppenspezi-
        
        
          fische Maßnahmen (wie Employer Branding) zur Positionie-
        
        
          rung als attraktiver Arbeitgeber eingesetzt werden (Gurtner
        
        
          & Kels, 2016). Zu berücksichtigen ist, dass die maßgeblichen
        
        
          Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt nicht zwangsläufig die
        
        
          Konkurrenten des Absatzmarkts sind. Dort konkurriert ein Un-
        
        
          ternehmen mit all denen, die durch ihre Produkte und Dienst-
        
        
          leistungen dieselben Bedürfnisse befriedigen können. Auf dem
        
        
          Arbeitsmarkt steht dasselbe Unternehmen jedoch gegebenen-
        
        
          falls mit anderen Unternehmen im Wettbewerb. Eine zentrale
        
        
          Herausforderung besteht deshalb darin, die Konkurrenten zu
        
        
          kennen und diese Konkurrenzbeziehungen zu verstehen.
        
        
          
            Bestehende Studien zu Arbeitgeberpräferenzen sowie
          
        
        
          
            deren Grenzen
          
        
        
          Bestehende Studien zu Arbeitgeberpräferenzen lassen sich
        
        
          zwei Kategorien zuteilen. Einige Untersuchungen nähern
        
        
          sich dem Konzept der Arbeitgeberpräferenzen unter dem Ge-