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          PERSONALquarterly  03/19
        
        
          
            SCHWERPUNKT
          
        
        
          _KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN HR
        
        
          geringe Toleranz gegenüber Fehlern. Die Untersuchungen zur
        
        
          Wirksamkeit dieser Führungsstile in verschiedenen Kontex-
        
        
          ten gibt bereits umfangreiche Aufschlüsse darüber, welcher
        
        
          Führungsstil in welcher Situation wirksam ist, wenn er von
        
        
          Menschen gezeigt wird (z. B. Peus et al., 2013). So eignet sich
        
        
          transformationale Führung besonders gut, um Vertrauen auf-
        
        
          zubauen und die Kreativität von Beschäftigten zu fördern.
        
        
          Welche Art von Führung Roboter zeigen sollten, um als Füh-
        
        
          rungskraft akzeptiert zu werden und Menschen so zu beein-
        
        
          flussen, dass sie die beste Leistung erbringen können und mit
        
        
          ihrer Arbeit zufrieden sind, ist jedoch noch unklar.
        
        
          Zu den Aufgaben von Führungskräften gehört es auch,
        
        
          Rekrutierungsentscheidungen zu treffen und Leistung zu
        
        
          beurteilen. Es hat sich gezeigt, dass Roboter – oder Algorith-
        
        
          men – bereits in der Lage sind, solche Führungsaufgaben zu
        
        
          übernehmen: Sie können die motiviertesten Beschäftigten
        
        
          identifizieren (Canós-Darós, 2013) und vorhersehbare Anreiz-
        
        
          mechanismen implementieren (Scekic et al., 2013). Samani
        
        
          et al. (2012) zeigten, dass Roboter bei einigen Aufgaben so-
        
        
          gar menschliches Versagen beheben können. Zum derzeitigen
        
        
          Stand der Technik würden algorithmusbasierte Rekrutierungs-
        
        
          entscheidungen oder Leistungsbeurteilungen jedoch auf quan-
        
        
          tifizierbaren Indikatoren basieren, die wichtige Kriterien, wie
        
        
          bspw. Kreativität und Denken in Kontexten, vernachlässigen.
        
        
          Zudem wissen wir noch nicht, wie Menschen auf Roboter
        
        
          reagieren, die sich wie Führungskräfte verhalten, wie Men-
        
        
          schen unterschiedliche Führungsverhaltensweisen wahrneh-
        
        
          men, wenn sie von Robotern gezeigt werden, ob sie Roboter
        
        
          als Führungskräfte akzeptieren und ob sie bereit sind, für
        
        
          Roboter zu arbeiten. Zu analysieren, welche Faktoren die Ak-
        
        
          zeptanz und die Auswirkungen von Roboterführungskräften
        
        
          beeinflussen, ist somit eine zentrale Aufgabe für die Forschung
        
        
          an der Schnittstelle zwischen Führung und Mensch-Roboter-
        
        
          Interaktion.
        
        
          
            Ausblick
          
        
        
          Zusammenfassend bieten aktuelle Technologien bereits ein
        
        
          breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten für Roboter in Füh-
        
        
          rungsrollen. Bspw. können soziale Roboter zur Kommunikation
        
        
          von Informationen, zur Aufgabenverteilung und in einzelnen
        
        
          Entscheidungssituationen eingesetzt werden. Es ist anzuneh-
        
        
          men, dass durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz bald
        
        
          weitere Führungsaufgaben von Robotern übernommen werden
        
        
          können. Um Beschäftigte auf diese Situation vorzubereiten und
        
        
          insbesondere einen kompetenten und angstfreien Umgang mit
        
        
          KI und Robotern zu ermöglichen, sollte die Diskussion über
        
        
          ihren Einsatz bereits jetzt angestoßen werden. Beschäftigten
        
        
          sollte es ermöglicht werden, Erfahrungen im Umgang mit Ro-
        
        
          botern zu sammeln. Insbesondere sollten die ethischen Fra-
        
        
          gen um den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Robotern
        
        
          im Büroalltag bereits diskutiert worden sein, wenn die ersten
        
        
          Roboterführungskräfte auf dem Markt erscheinen. Ein wich-
        
        
          tiger Bestandteil dieser Diskussion sollten mögliche Chancen
        
        
          für Beschäftigte sein, die durch den Einsatz von Robotern in
        
        
          Führungsrollen entstehen. Roboter könnten Entscheidungen
        
        
          auf Basis transparenter Kriterien und gemeinsam festgelegter
        
        
          Werte treffen, wären für Beschäftigte nahezu jederzeit verfüg-
        
        
          bar und könnten somit positive Einflüsse auf die Zufriedenheit
        
        
          und Performance von Beschäftigten ausüben – in manchen
        
        
          Situationen sogar besser als menschliche Führungskräfte.
        
        
          Um die Chancen nutzen zu können, die der Einsatz von Ro-
        
        
          botern in Führungsrollen bietet, ist aber noch ein besseres
        
        
          Verständnis darüber notwendig, wann Menschen bereit sind,
        
        
          für einen Roboter zu arbeiten, auf welche Weise ein Roboter
        
        
          Menschen inspirieren kann, was es ist, das Menschen einer
        
        
          Roboterführungskraft vertrauen lässt und wann Roboter ver-
        
        
          trauenswürdig vs. beängstigend oder gruselig erscheinen. Es
        
        
          ist bereits gezeigt worden, dass das Aussehen eines Roboters
        
        
          Vorurteile und Erwartungen in Bezug auf sein Verhalten, sei-
        
        
          ne Fähigkeiten und seinen sozialen Status hervorruft (Fong
        
        
          et al., 2002; Shibata, 2004). So hat die Morphologie einen si-
        
        
          gnifikanten Einfluss darauf, wie ein Roboter vom Menschen
        
        
          wahrgenommen wird (Goetz et al., 2003). Der Mensch scheint
        
        
          menschenähnliche Roboter für ein breites Anwendungsspek-
        
        
          trum zu bevorzugen, insbesondere für den sozialen Bereich
        
        
          (Goetz et al., 2003; Hinds et al., 2004). Obwohl Mori (1970)
        
        
          zeigte, dass es einen bestimmten Punkt gibt, an dem der Ef-
        
        
          fekt dreht, was zu abstoßenden Gefühlen führt (das „Uncanny
        
        
          Valley“), kommt die menschliche Ähnlichkeit normalerweise
        
        
          der sozialen Mensch-Roboter-Interaktion zugute. Vor allem da
        
        
          Führung ein sozialer Prozess ist, könnten Menschen eher be-
        
        
          reit sein, für einen Roboter zu arbeiten, der menschenähnlich
        
        
          erscheint. Diese Annahme gilt es aber noch zu testen.
        
        
          Bei Menschen hängt die Wirksamkeit von Führung insbe-
        
        
          sondere vomVertrauen der Beschäftigten in die Führungskraft
        
        
          ab (Dirks/Ferrin, 2002; Peus et al., 2013), und davon, ob Füh-
        
        
          rungskräfte in der Lage sind, Beschäftigte zu inspirieren und
        
        
          ihre individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen (Bass, 1999).
        
        
          Die Führungsliteratur zeigte die positiven Auswirkungen von
        
        
          transformationaler Führung, wenn sie von Menschen gezeigt
        
        
          wird (Bass et al., 2003). Man könnte nun argumentieren, dass
        
        
          von einem Roboter aber nicht erwartet wird, dass er transfor-
        
        
          mationales Führungsverhalten zeigt, weil er – zumindest nach
        
        
          dem derzeitigen Stand der Technik – weniger in der Lage ist
        
        
          als Menschen, Emotionen zu zeigen und eine inspirierende
        
        
          Vision zu entwickeln. Diese Erwartung könnte dazu führen,
        
        
          dass Roboter eher als Führungskräfte akzeptiert werden, wenn
        
        
          sie einen transaktionalen Führungsstil zeigen, der besser zum
        
        
          nichtemotionalen Bild einer Maschine passt. Andererseits
        
        
          kann ein Roboter so programmiert werden, dass er charisma-
        
        
          tisch spricht, was, wie das menschliche Charisma, das Arbeits-
        
        
          verhalten der menschlichen Beschäftigten positiv beeinflussen