PERSONALquarterly 4/2018 - page 24

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PERSONALquarterly 04/18
SCHWERPUNKT
_DIVERSITÄT & INKLUSION
transformationale Führung einen Einfluss auf die psychische
Gesundheit (emotionale Erschöpfung) und die Arbeitsleistung
der Angestellten hat (vgl. Abb. 1). Um transformationale Füh-
rung zu messen, bewerteten die Mitarbeitenden, wie häufig
ihre direkten Führungskräfte transformationale Verhaltens-
weisen zeigten (z. B. „Meine Führungskraft formuliert eine
motivierende Zukunftsvision“ als Indikator für inspirierende
Motivation). Darüber hinaus untersuchten wir noch spezifi-
scher den Zusammenhang zwischen transformationaler Füh-
rung und dem Selbstbewusstsein der Angestellten. Hierbei
überprüften wir die Hypothese, dass die Erhöhung des organi-
sationsbasierten Selbstbewusstseins der zentrale mediierende
Mechanismus ist, über den transformationale Führung seinen
positiven Effekt auf die Gesundheit und Arbeitsleistung der
Angestellten ausübt. Organisationsbasiertes Selbstbewusst-
sein ist eine spezifische Form von Selbstbewusstsein, die im
Arbeitskontext entsteht. Menschen mit einem hohen organi-
sationsbasierten Selbstbewusstsein sind der Überzeugung,
ein wertvolles und geschätztes Mitglied des Unternehmens zu
sein (Pierce/Gardner, 2004).
Zunächst konnten wir erhärten, was die Interviews bereits
nahelegten: einen insgesamt sehr positiven Einfluss trans-
formationaler Führung auf Menschen mit Behinderung im
Arbeitskontext. Konkret bestätigte sich der positive Zusam-
menhang zwischen transformationaler Führung und einem
erhöhten organisationsbasierten Selbstbewusstsein der Ange-
stellten. Dadurch, dass transformationale Führungskräfte als
Mentoren oder Coachs großen Wert auf die Förderung und
Weiterentwicklung der Angestellten legen und sie zu eigener
Verantwortung ermutigen, tragen sie also dazu bei, dass sich
Angestellte als wichtige Mitglieder des Unternehmens fühlen.
Im zweiten Schritt konnten wir zeigen, dass dieses gestei-
gerte Selbstbewusstsein die Mitarbeitenden nachfolgend vor
emotionaler Erschöpfung schützt – einer zentralen Kompo-
nente von Burn-out, bei der sich Individuen aufgrund ihrer
Arbeit emotional sowie körperlich ausgelaugt, überfordert und
erschöpft fühlen. Auf diese Weise wirkt sich organisationsba-
siertes Selbstbewusstsein letztlich auch indirekt auf die Ar-
beitsleistung von Mitarbeitenden mit Behinderung aus – denn
wenn Angestellte emotional erschöpft und ausgebrannt sind,
sind sie nicht in der Lage, eine hohe Arbeitsleistung abzurufen.
Fazit und praktische Handlungsempfehlungen
Im Rahmen einer qualitativen und quantitativen Untersu-
chung in einem israelischen Callcenter konnte gezeigt werden,
dass Mitarbeitende mit Behinderung von einem transforma-
tionalen Führungsansatz profitieren, welcher ihr Selbstbe-
wusstsein positiv beeinflusst und damit auch zu geringerer
Erschöpfung und höherer Arbeitsleistung beiträgt. Auf Basis
dieser Ergebnisse können eine Reihe von Praxisempfehlungen
abgeleitet werden.
Zunächst scheint es vielversprechend, Führungskräfte in
transformationaler Führung zu schulen. Neben den positiven
Effekten für alle Mitarbeitenden sind insbesondere auch po-
sitive Resultate in Bezug auf die Inklusion von Menschen mit
Behinderung zu erwarten. Wie Lacerenza und Kollegen (2017)
in einer aktuellen Metastudie zeigen konnten, sind Führungs-
kräftetrainings dabei eine effektive Methode, um ein bestimm-
tes Führungsverhalten wie transformationale Führung im
Unternehmen zu fördern.
Des Weiteren zeigt unsere Studie, dass die berufliche Inklusi-
on in allen Branchen gelingen kann, selbst in zeit- und kosten-
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Einfluss transformationaler Führung auf psychische Gesundheit und Arbeitsleistung
Transformationale
Führung
Organisationsbasiertes
Selbstbewusstsein
Emotionale Erschöpfung
Arbeitsleistung
+
= Es liegt ein positiver und statistisch bedeutsamer Zusammenhang zwischen
den Variablen vor („Je mehr, desto mehr“-Verhältnis)
= Es liegt ein negativer und statistisch bedeutsamer Zusammenhang zwischen
den Variablen vor („Je mehr, desto weniger“-Verhältnis)
ns = Nicht signifikant (Es liegt kein statistisch bedeutsamer Zusammenhang vor)
+
ns
1...,14,15,16,17,18,19,20,21,22,23 25,26,27,28,29,30,31,32,33,34,...60
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