PERSONALquarterly 4/2018 - page 18

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PERSONALquarterly 04/18
SCHWERPUNKT
_DIVERSITÄT & INKLUSION
ren als homogene Teams (ohne Mitarbeitende mit Behinde-
rung) oder heterogene Teams ohne starkes Diversitätsklima.
Ferner konnten signifikante Zusammenhänge zwischen den
Inklusionspraktiken und dem Gesundheitsstand, der Zufrie-
denheit sowie dem Commitment der Beschäftigten mit und
ohne Behinderung aufgezeigt werden.
Zusammenfassung: Zentrale Erfolgsfaktoren für die Schaffung
und Nutzung eines positiven Diversitätsklimas in der Praxis
Im Rahmen unserer Forschung mit der Audi AG konnten
zahlreiche Implikationen für die Unternehmenspraxis abge-
leitet werden. Zunächst scheint es bedeutsam, dass die oben
beschriebenen Inklusionspraktiken im Rahmen eines stan-
dardisierten Prozesses entwickelt wurden und zum Tragen
kommen, der für alle Beteiligten klare Rahmenbedingungen
und Prozessschritte vorgibt, die Flexibilität vor Ort aber erhält.
Dies ist bedeutsam, da Baumgärtner und Kollegen (2015) zei-
gen konnten, dass für die Arbeitszufriedenheit von Menschen
mit Behinderung die wahrgenommene organisationale Flexi-
bilität besonders wichtig ist. Zudem scheint die Verbindung
von Wertschätzung und Wertschöpfung äußerst relevant, da
Inklusion somit nicht nur als Maßnahme der Corporate Social
Responsibility gesehen wird, sondern ein „Business Case for
Diversity Management“ erkennbar wird. Dies erhöht die Ak-
zeptanz bei allen Prozessbeteiligten nachhaltig.
Des Weiteren stellte es sich als sehr erfolgreich heraus,
dass das oben beschriebene Projekt von Produktion und Per-
sonalmanagement gemeinsam initiiert und betrieben wurde.
Hierdurch konnten von Anfang an die unterschiedlichen Sicht-
weisen und Herausforderungen berücksichtigt werden. Ferner
handelt es sich um ein echtes „Bottom-up-Projekt“, bei welchem
die ursprüngliche Idee in der Linie generiert wurde. Hierdurch
war sichergestellt, dass das Projekt die Bedürfnisse „vor Ort“
passgenau adressiert. Gleichzeitig mussten jedoch die unter-
schiedlichen Stakeholder (u. a. Betriebsrat, Schwerbehinder-
tenvertretung, Betriebsärzte, Werksleitung, Topmanagement
etc.) von Anfang an für das Projekt gewonnen werden. Durch
die breite Einbindung sowie die starke Unterstützung durch
alle Beteiligten kann das Projekt nach wie vor sehr erfolgreich
betrieben werden und wurde u. a. mit dem Inklusionspreis der
deutschen Wirtschaft 2016 ausgezeichnet.
Eine besondere Bedeutung kommt den betroffenen Füh-
rungskräften zu, die das Spannungsfeld von Wertschätzung
(„der Mensch steht im Vordergrund“) und Wertschöpfung („die
Produktionsziele sollen erreicht werden“) jeden Tag vor Ort er-
folgreich gestalten müssen. Daher müssen Führungskräfte für
solche Inklusionsprojekte spezifisch geschult werden. Auch im
weiteren Projektverlauf ist ihre Einbindung und ihr Feedback
zum Prozess von höchster Relevanz und sollte unbedingt be-
rücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Kollegen der betrof-
fenen Mitarbeitenden. Durch Arbeitsplatzanpassungen können
Mitarbeitende mit Behinderung entlastet werden, mitunter führt
dies aber zu gewissen Belastungen für ihre gesunden Kollegen
(z. B. durch fehlende Rotationsmöglichkeiten in der Gruppen-
arbeit). Um deren Unterstützung sicherzustellen und damit ein
breit geteiltes Diversitätsklima zu schaffen, ist es unerlässlich,
die Kollegen in den Inklusionsprozess einzubinden und sie für
die gesundheitlichen Herausforderungen zu sensibilisieren. Im
oben skizzierten Fallbeispiel gelang dies in exzellenter Wei-
se, wie die Ergebnisse der großzahligen Mitarbeitendenbefra-
gungen sowie der persönlichen Eindrücke vor Ort zeigen.
Zuletzt kann die Verbindung von Unternehmenspraxis und
wissenschaftlicher Begleitung als Erfolgsfaktor angeführt
werden. So konnten durch die Wissenschaft internationale
Best-Practice-Lösungen beigesteuert sowie der Projektfort-
schritt qualitativ und quantitativ evaluiert werden. Die Praxis
wiederum steuerte ein einmaliges empirisches Sample sowie
großes fachliches Know-how vor Ort bei, wodurch der oftmals
nur theoretisch propagierte Zusammenhang von HR-Praktiken,
Diversitätsklima und Leistung vor Ort erlebt und über die Zeit
erforscht werden konnte. Hierbei wurde offensichtlich, dass
durch innovative HR-Maßnahmen und aktive Einbindung von
Führungskräften, Teammitgliedern und Topmanagement tat-
sächlich ein positives Diversitätsklima erzeugt werden kann,
welches wiederum positive Effekte auf die Team- und Firmen-
performanz hat.
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