PERSONALquarterly 1/2017 - page 40

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PERSONALquarterly 01/17
NEUE FORSCHUNG
_ARBEITSFÄHIGKEIT
der Führungskultur, deren Gestaltung und Entwicklung eine
zentrale Aufgabe des Personalmanagements darstellt. Diese
Maßnahmen lassen sich in allen Tätigkeitsbereichen mit Perso-
nalmangel umsetzen. Wenn Mitarbeiterführung neben der Ar-
beitsgestaltung (wie oben beschrieben) maßgeblichen Einfluss
auf die altersbedingte Abnahme der Arbeitsfähigkeit hat, lohnt
sich Tatkraft in diesem Punkt in besonderem Maße.
Im Bereich der Qualifizierung ist eine Verbesserung hinge-
gen eventuell mit höheren Kosten verbunden. Bevor eine dies-
bezügliche Empfehlung für die Logistikbranche ausgesprochen
werden kann, sollte näher untersucht werden, welche Formen
der Qualifizierung hilfreich wären, zumal der Förderung bei
der Erlangung von Zusatzqualifikationen bereits ein akzep-
tables Niveau attestiert wurde. Für Kraftfahrer ist zukünftig
sicher eine Qualifizierung im Hinblick auf Gigaliner und elekt­
ronisch gesteuerte Fahrzeuge sinnvoll. Ggf. wäre es für deren
Arbeitgeber wie auch für die der anderen Tätigkeitsfelder mit
Personalmangel sinnvoll, Qualifizierungsinitiativen in Zusam-
menarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und mit gewerk-
schaftlichen Organisationen anzustreben.
Die Studie zeigt außerdem deutlich und in Übereinstimmung
mit früheren Studien (Large et al., 2013; Michaelis, 2008), dass
aus der Sicht der Fahrer eine leistungsgerechte Entlohnung drin-
gend geboten ist. Diese ist möglicherweise aufgrund des harten
Wettbewerbs in der Branche nicht leicht zu realisieren. Eine
Beteiligung der Fahrer an monetären Einsparungen, etwa durch
deren treibstoffsparende Fahrweise, wäre allerdings nur fair. Bei
den anderen genannten Tätigkeitsfeldern mit Personalmangel
wäre zu prüfen, inwiefern auf die individuelle oder Teamleistung
bezogene Anreize (z.B. Dauer bis Fertigstellung der Leistung bei
Bauarbeitern, Kundenzufriedenheit bei Call-Center-Mitarbeitern,
Schadensfälle und Zuverlässigkeit in der Gepäckzuordnung bei
Gepäckabfertigern, Einhalten von Taktzeiten bei Fließbandarbei-
tern) sowie ggf. unternehmensergebnisbezogene finanzielle Be-
teiligungen realisierbar sind. Die Schaffung von nicht monetären
Anreizen, wie bspw. Anerkennung und Wertschätzung in ihren
unterschiedlichen Formen, ist ein Aspekt der Unternehmenskul-
tur. Sie kann imHinblick auf alle genannten Mangelberufe durch
das Personalmanagement beeinflusst werden.
Die Ergebnisse machen auch deutlich, dass mehr Engagement
in Bezug auf Gesundheitsförderung sinnvoll ist. Zwar haben die
Befragten das Verbesserungspotenzial in diesem Bereich als
eher gering bewertet, aber das könnte daran liegen, dass sie dort
aufgrund tätigkeitsbedingter Einschränkungen auf den ersten
Blick kaum Handlungsmöglichkeiten sehen. Auch könnte ihre
Erwartung, dass mit gesundheitsbezogenen Maßnahmen ein er-
heblicher Aufwand für sie selbst verbunden sein könnte, sie zu
vorsichtigen Einschätzungen verleitet haben. In jedem Fall sollte
für konkrete Verbesserungsvorschläge zunächst auf individueller
Basis erhoben werden, welche gesundheitsbezogenen Angebote
von Fahrern trotz restriktiver Rahmenbedingungen wahrgenom-
Abb. 5:
Ansatzpunkte zur Gestaltung der Arbeits­
bedingungen von Berufskraftfahrern
Quelle: Eigene Darstellung
Führungskultur auf regelmäßiges Feedback und
aktives Informieren, Erweiterung des Handlungs-
spielraums und respektvollen Umgang ausrichten.
Führung
Qualifikation und Motivation sicherstellen, u.a.
durch Prämien für eine sparsame Fahrweise und
andere nicht-monetäre Anreize.
Anreize
Gesundheitsfördernde Maßnahmen anbieten und
körperliche Belastungen durch Be-/Entladen,
speziell für ältere Kraftfahrer, reduzieren.
Arbeitsbedingungen für Berufskraftfahrer gestalten,
ihre Arbeitsfähigkeit fördern, heißt
Gesundheits-
management
men werden könnten. Aufgrund der Merkmale der Güterver-
kehrsbranche (z.B. kleine Betriebe, große Fluktuation, geringe
Anwesenheit der Fahrer in ihren Betrieben) sind besonders kre-
ative Instrumente erforderlich, um bspw. Gesundheitsprävention
umzusetzen (Michaelis, 2008). Für alle o.g. Mangelberufe wären
in jedem Fall Maßnahmen wie die Übernahme von Mitgliedsbei-
trägen für Fitnessstudios mit der dort gebotenen professionellen
Anleitung bei Rückentrainings sinnvoll.
Grundsätzlich ist bei der Bewertung der Studienergebnisse zu
beachten, dass an der Befragung nur Kraftfahrer teilgenommen
haben, die die Tätigkeit auch (noch) ausüben und daher prinzi-
piell arbeitsfähig sind. Personen, die den Beruf des Kraftfahrers
aufgrund mangelnder Arbeitsfähigkeit aufgegeben haben, neh-
men möglicherweise andere Maßnahmen als förderlich wahr. Die
hier durchgeführte korrelative Analyse erlaubt keine Aussagen
über die Wirkrichtung. Die bessere Arbeitsfähigkeit derjenigen,
die ein höheres Ausmaß an Arbeitgebermaßnahmen berichten,
kann daher nicht eindeutig auf das Engagement der Arbeitgeber
zurückgeführt werden. Alternativ ist denkbar, dass objektiv glei-
che Arbeitsumstände von Personen mit hoher Arbeitsfähigkeit
günstiger eingeschätzt werden als von Personen mit geringer Ar-
beitsfähigkeit. Auch könnte vermutet werden, dass der Eindruck
der Befragten, ihr Arbeitgeber setze viele sinnvolle Maßnahmen
um, zu einer positiveren Einschätzung der eigenen Arbeitsfä-
higkeit führt. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt der Wirkzu-
sammenhang nicht geklärt ist, zeigen die Ergebnisse aber, dass
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