PERSONALquarterly 1/2017 - page 30

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PERSONALquarterly 01/17
SCHWERPUNKT
_FÜHRUNG
Zusammenhänge zu verwandten Konstrukten und relevanten
Outcome-Maßen (F2).
Um die Validität des SPLIT einzu-
schätzen, wurden mittels der Stichprobe 2 bivariate Pear-
son-Korrelationen berechnet (Abbildung 3). Es zeigten sich
signifikante Zusammenhänge aller SPLIT -Skalen mit den
verwandten Konstrukten in die erwarteten Richtungen: Die
neu entwickelten Items korrelierten signifikant positiv mit
dem anderen Fragebogen zur Erfassung geteilter Führung,
signifikant negativ mit Zentralität im Unternehmen und si-
gnifikant positiv mit der Autonomie der Teammitglieder. Die
Tatsache, dass geteilte Führung, erhoben mit dem SPLIT, hohe
Zusammenhänge zu eng verwandten Konstrukten aufweist,
ist ein Hinweis darauf, dass der Fragebogen wirklich geteilte
Führung erfasst (Konstruktvalidität). Ein weiterer Hinweis
hierfür ist auch, dass geteilte Führung, erfasst mit dem SPLIT,
hohe Zusammenhänge mit der Teamleistung aufweist (Krite-
riumsvalidität).
Einsatz des SPLIT in der wirtschaftlichen Praxis
Mit dem Fragebogen zur Führung im Team wurde ein theore-
tisch fundiertes Instrument entwickelt, mithilfe dessen vier
zentrale Aspekte wichtigen Führungsverhaltens, die von der
Führungskraft und von den Teammitgliedern selbst ausgeführt
werden können, messbar werden: Der Fragebogen hält dabei
einer ersten Überprüfung statistischer Gütekriterien stand und
verfügt über zufriedenstellende psychometrische Eigenschaf-
ten. Seine Skalen korrelieren mit wichtigen verwandtenMaßen
sowie mit der Teamleistung. Aufgrund seiner Kürze ist das
Instrument ökonomisch und eignet sich gut für den Einsatz im
beruflichen Alltag.
Jedoch stehen Praktiker dem Konzept der geteilten Führung
teilweise noch kritisch gegenüber. Sie argumentieren, dass
eine Aufteilung der Führungsbefugnisse zu Dezentralisierung
der Autorität und Verantwortungsdiffusion führen könnte und
sich daraus resultierende Konflikte und Spannungen in der
Zusammenarbeit langfristig negativ auf die Teamleistung aus-
wirken. Dieser Kritik steht das Argument entgegen, dass ein
gemeinsames Verständnis der Teamziele und der individuellen
Stärken und Bedürfnisse der Teammitglieder ein zentraler Fak-
tor für eine effektive Teamarbeit ist. Geteilte Führung führt
zu stärkerer Interaktion zwischen den Teammitgliedern, da
gemeinsam Ziele gesetzt und kontinuierlich Feedback gegeben
werden muss. Dieser gesteigerte soziale Austausch schärft das
gemeinsame Teamverständnis und führt dazu, dass alle Mit-
glieder ein einheitliches mentales Modell des Teams aufbauen
und ihr Wissen und ihre Expertise bündeln, was sich insbe-
sondere bei komplexen Aufgaben positiv auf die Teamleistung
auswirkt. Gleichzeitig stellt die geteilte Führung, wie bereits
erwähnt, keinen Gegensatz zu geteilter Führung dar. Vielmehr
kann eine gute Führungskraft geteilte Führung stimulieren
(Grille et al., 2015).
In der Praxis hat es sich daher als sinnvoll erwiesen, bei-
de Führungsformen simultan zu betrachten. An dieser Stelle
setzt das auf dem SPLIT basierende Online-Tool an: In Zu-
sammenarbeit mit der 4A-Side GmbH wurde ein Online-
Tool entwickelt, in dem neben der geteilten Führung auch
die vertikale Führung auf den vier Dimensionen Aufgaben-,
Beziehungs-, Veränderungs- und Mikropolitisches Manage-
ment erfasst werden kann (Abbildung 4). Zusätzlich wurde
das Tool so umgesetzt, dass beide Führungsformen jeweils
aus Selbst- und aus Fremdsicht beurteilt werden. So schätzen
die Teammitglieder einerseits die geteilte Führung innerhalb
ihres Teams ein (Selbstsicht) und andererseits die vertikale
Führung der Führungskraft (Fremdsicht). Die Führungskraft
wiederum schätzt die geteilte Führung des Teams (Fremd-
sicht) sowie die eigene, vertikale Führung ein (Selbstsicht).
Dieses Vorgehen ermöglicht eine umfassende Analyse der
Führungs- und Teamprozesse. Durch den direkten Vergleich
der Ergebnisse der vertikalen und geteilten Führung wird
leicht sichtbar, in welchen Bereichen die Führungskraft die
Verantwortung trägt und in welchen Bereichen Führungsan-
forderungen auch geteilt wahrgenommen werden. Durch den
Abgleich zwischen Selbst- und Fremdsicht werden weiterhin
Abweichungen zwischen der Wahrnehmung der Führungs-
kraft und des Teams deutlich. So können Handlungsbedar-
fe abgeleitet werden und konkret greifbare Ansatzpunkte
identifiziert werden, die Personaler nutzen können: Der kla-
re Verhaltensbezug der Items ermöglicht es Personalern, in
Workshops und Coachings ganz konkrete Verhaltensweisen
anzusprechen, an denen Führungskraft und Teams arbeiten
können.
Ursachen und Handlungsempfehlungen bei gering
ausgeprägter geteilter Führung im Team
Für Personaler stellt sich die Frage, welche Schritte sie einlei-
ten sollen, wenn geteilte Führung nur gering ausgeprägt ist.
Hierbei sollten die unterschiedlichen Ursachen für die geringe
Ausprägung beachtet werden:
1. Teammitglieder haben zu wenig Handlungsspielraum:
Personaler können dies im Coaching mit der Führungskraft
diskutieren und reflektieren, wie die Führungskraft das Team
stärker einbinden kann und will.
2. Teammitglieder scheuen die Verantwortung: Hier stehen
das Team und die Frage nach Gründen hierfür im Fokus. Viel-
fach spielen Ängste vor Überforderung eine Rolle. Diese Ängste
müssen den Teammitgliedern genommen werden, indem bei-
spielsweise aufgezeigt wird, wie Teammitglieder eigene Stär-
ken einbringen können oder wie sie bei ihren neuen Aufgaben
unterstützt werden. Weiterhin kann mittels des SPLIT-Tools
aufgezeigt werden, was bereits erfolgreich umgesetzt wird,
um zu verdeutlichen, dass die meisten Teams in Teilbereichen
bereits erfolgreich geteilt führen.
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