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01/17 PERSONALquarterly
Gerade wenn Mitarbeiter mit Entscheidungen nicht einver
standen sind, findet sich in einzelnen Kommunen die Taktik
des Nachhakens:
„[...] sie [die Mitarbeiter] haken dann viel nach und dann
muss sie [die Führungskraft] auch sagen, wieso, warum, wes
halb und ich denke, wenn die Gründe dann einleuchtend sind,
dann wird das auch gemacht.“ (Mitarbeiter_in, Fall B)
Abbildung 2 fasst abschließend die Nennhäufigkeit der wich
tigsten von den Befragten identifizierten Taktiken zusammen.
Eher selten wurden dagegen Taktiken wie Appellieren an
höhere Autoritäten oder Prinzipien, Blockieren, Informations
kontrolle, Self-Promotion, inspirierende Apelle oder Legitima
tion genutzt.
Führung von unten fördernde und hemmende
Rahmenbedingungen
Eine erste wichtige Rahmenbedingung, die den Führungsein
fluss von unten ermöglicht und unterstützt, ist der spezifische
organisationale Rahmen der öffentlichen Verwaltungen in
Form von Regeln und Richtlinien, die Mitarbeiter wie Füh
rungskräfte binden.
„[…] zumindest muss sich die Führung genauso an diese
Vorschriften halten […] Mit diesen Vorschriften kann ich dann
natürlich immer hingehen und sagen ‚So geht das aber nicht’“.
(Mitarbeiter_in, Fall E).
Im Beispielzitat wird die Taktik des Appellierens an höhere
Institutionen oder Prinzipien durch das Vorhandensein ent
sprechender Gesetze erst ermöglicht. Zu den für die Perso
nalführung relevanten und bindenden Rahmenbedingungen
gehört auch das obligatorische Vorhandensein eines Personal
rates als Interessenvertreter von Mitarbeitern.
„Und der Personalrat ist ja auch das Bindungsstück zwischen
dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Und wenn irgendje
mand ein Problem hat, sollte der Mitarbeiter sich Rat und Hilfe
beim Personalrat suchen.“ (Personalreferent_in, Fall C)
Eine Arbeitsteilung mit klar definierten Aufgabengebieten
für die Mitarbeiter kann ebenfalls die Führung von unten för
dern, weil die Mitarbeiter dann oft über ein spezialisiertes
Fachwissen verfügen und die Führungskräfte auf sie angewie
sen sind:
„[...] die Mitarbeiter haben immer einen bestimmten einge
grenzten Bereich, mit dem sie sich beschäftigen und in dem
sie auch ganz tief drin stecken. […] Und natürlich ist dann die
Meinung von dem Mitarbeiter von hoher Bedeutung, weil er
sich ja imDetail damit auskennt.“ (Personalreferent_ in, Fall C)
Eine gute Führer-Geführten-Beziehung scheint dagegen för
derlich für Einflussmöglichkeiten der Geführten im Führungs
prozess:
„Also wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Wir reden viel
über Problemstellungen. Also wenn ich ein Problem habe,
kann ich jederzeit zu ihm kommen.“ (Mitarbeiter_in, Fall E)
„[…] man hat halt das Gefühl, er ist ein Kollege, der einem
gleichgestellt ist und dadurch ist das alles ein angenehmes
Arbeiten.“ (Mitarbeiter_in, Fall B)
Umgekehrt scheinen eine eingeengte Auslegung und Um
setzung von hierarchischen Organisationsregelungen sowie
starre Dienst- und Entscheidungswege die Mitarbeiter zu hin
dern, sich einzubringen, was die Einflussmöglichkeiten von
Mitarbeitern in Führungsprozessen begrenzt. Das gilt insbe
sondere, wenn die direkte Führungskraft weniger offen für die
Einbeziehung der Mitarbeiter ist und die Mitarbeiter bei einer
Idee höhere Führungskräfte, die über dem direkten Vorgesetz
ten stehen, nicht ansprechen können. So sagte ein Mitarbeiter
im Fall C zur Reorganisation:
„[…dass] Mitarbeiter zwar gefragt wurden, aber nicht in
diesen Entscheidungsprozess insgesamt einbezogen worden
sind. Sie haben zwar die Vorschläge gebracht […], aber es ist
im Endeffekt dann doch anders gekommen, weil halt die Füh
rungsebene noch weiter oben gesagt hat ‚ne, so machen wir es
nicht.‘“(Mitarbeiter_in, Fall C)
Auch die Größe, der Zuschnitt des jeweiligen Verantwor
tungsbereichs und das Ausmaß der Standardisierung der Ar
beitsprozesse der Mitarbeiter wirken begrenzend. So weist z.B.
eine Führungskraft darauf hin, dass
„[…] die Zuständigkeiten ganz klar strukturiert sind bzw.
der kleine Mitarbeiter relativ wenig zu entscheiden hat“ (Füh
rungskraft, Fall B).
Die genauen Handlungs- bzw. Ermessensspielräume schei
nen dabei vom jeweiligen Fachgebiet des Amts abhängig zu
sein. Vor allem in Ämtern, in denen die Arbeitsprozesse stark
geregelt sind, wird es für die Mitarbeiter schwerer, sich in
übergreifende Führungsprozesse einzubringen.
Schließlich zeigt sich, dass es in den untersuchten Kom
munen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, zahlreiche
Führungsinstrumente gibt, die den Mitarbeitern Einflussmög
lichkeiten geben und die Führung von unten fördern können
(vgl. Abbildung 3).
Die Wirksamkeit der Instrumente zur Einflussnahme hängt
jedoch vom Grad der Institutionalisierung sowie von ihrer Aus
legung und Nutzung durch Führungskräfte wie Mitarbeiter ab.
Neben den strukturellen Rahmenbedingungen sind es also die
Führungskräfte selbst, die bestimmen, in welchem Umfang
sie eine Führung von unten fördern, z.B. durch Nutzung des
Prinzips der „offenen Tür“ oder durch tatsächliche Umsetzung
regelmäßiger Mitarbeitergespräche.
Dabei wird die begrenzte Einbeziehung auch seitens der Mit
arbeiter kritisch reflektiert:
„[...] die großen Dienstberatungen […] sind bloß noch viertel
jährlich, früher gab es sie monatlich, aber dadurch geht […] viel
Information verloren und durch fehlende Information natürlich
auch fehlendes […] Mitspracherecht“. (Mitarbeiter_in, Fall D)
Zugleich verweist Abbildung 3 darauf, dass es ein deutliches