PERSONALquarterly 1/2017 - page 21

21
01/17 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Welche Taktiken wenden Mitarbeiter in Verwaltungen an, um auf ihre
Führungskraft einzuwirken? Welche Rahmenbedingungen fördern und welche hemmen diese
Führung von unten?
Methodik:
Die empirische Erhebung basiert auf 5 Fallstudien in verschiedenen Fach-
ämtern sächsischer Kommunen unterschiedlicher Größe mit jeweils 3 Interviews von
Führungskräften, Mitarbeitern und Personalexperten.
Praktische Implikationen:
Führung von unten fördert sowohl die Flexibilität der Organi-
sation als auch die Entwicklung von Mitarbeitern, erfordert jedoch zugleich, Mitarbeiterein-
fluss bewusst zuzulassen und auszubalancieren.
ein deutliches Potenzial hat, das Verhalten der Mitarbeiter zu
beeinflussen, dieser Einfluss allerdings nicht zwingend erfolgt
(Oberfield, 2012, S. 426). Immer häufiger wird in der Literatur
auch der erhöhte Stellenwert der Mitarbeiter innerhalb der Or­
ganisation und der Führungsbeziehung angedeutet (vgl. u.a.
Van Wart, 2013). Zur Führung von unten, der die Theorie der
Mikropolitik zugrunde liegt, gibt es im Bereich der öffentlichen
Verwaltung bislang keine Studien. Hierzu leistet die vorliegende
Studie einen empirischen wie theoretischen Beitrag.
Methode der durchgeführten Studie
Für die durchgeführte Untersuchung wurde der Ansatz der ver­
gleichenden Fallstudie gewählt, in deren Rahmen fünf Kommu­
nen betrachtet wurden. Bei der Auswahl der Fälle wurde darauf
geachtet, dass ein gewisser Grad an Einheitlichkeit vorliegt, um
einen Vergleich zu ermöglichen. Kommunen wurden nur inner­
halb eines Bundeslands (Sachsen) ausgewählt, sodass gleiche
gesetzliche und ökonomische Rahmenbedingungen vorlagen.
In jeder Kommune wurden mehrere Fachbereiche befragt. Da­
bei setzt sich jeder Fall aus Interviews mit mindestens drei
Während die Arbeiten in den 90er-Jahren vor allem auf die
Analyse mikropolitischer Einflusstaktiken der Mitarbeiter ge­
richtet sind (vgl. u.a. Kipnis/Schmidt, 1988; Yukl/Falbe, 1990),
hat Wunderer später eine Verknüpfung mit Überlegungen aus
dem Konzept der kooperativen Führung vorgenommen. Er
verbindet dabei das ermöglichende und begrenzende Verhal­
ten der Führungskräfte mit Führungserwartungen und Ein­
flussaktivitäten der Mitarbeiter (Wunderer, 2009, S. 252). In
diesem Zusammenhang hebt der Autor hervor, dass Führungs­
kräfte den Einfluss ihrer Mitarbeiter durchaus willkommen
heißen, die Mitarbeiter sich aber größtenteils keinen Vorge­
setzten wünschen, der nur noch moderiert, statt Einfluss zu
nehmen. Beide, Führungskräfte und Mitarbeiter, bevorzugen
kooperativ-delegierende Einflussformen. Weiterhin wurde in
Studien zur Führung von unten allgemein ermittelt, dass diese
oft informell und daher ohne Legitimation seitens der forma­
len Struktur oder Unternehmenskultur erfolgt (vgl. Domsch/
Ostermann, 2014). Insgesamt rücken in den späteren Arbeiten
zu Führung von unten verschiedene Rahmenbedingungen der
Führung, wie spezifische Aufgaben, Organisationsstrukturen
und -prozesse, Organisationskulturen, aber auch spezifische
Kompetenzen der Mitarbeiter oder Führungskräfte, als rele­
vante Faktoren der Führung von unten in den Blick.
Führung in kommunalen Verwaltungskontexten: Bisherige
Forschungstendenzen und -ergebnisse
Auch die Forschung zur Führung in Verwaltungsorganisati­
onen hat sich bis auf wenige Ausnahmen auf den Einfluss der
Führungskraft auf den Mitarbeiter konzentriert (vgl. Domsch/
Ostermann, 2014). Laut Oberfield (2012) herrscht hier Konsens
darüber, dass Manager im öffentlichen Sektor unbeschadet von
typischen Begrenzungen einen wichtigen Beitrag zum Erfolg
öffentlicher Verwaltungen leisten (S. 408f.). Bisherige Studien
zum Thema Führung in der öffentlichen Verwaltung befassen
sich hauptsächlich mit der Frage, inwiefern Führung das Verhal­
ten der Mitarbeiter in diesem Kontext beeinflusst und welcher
Führungsstil hier am ehesten geeignet zu sein scheint. Dabei
finden vorrangig transformationale Führungstheorien wie Bass’
Full Range Theory of Leadership Anwendung (vgl. Oberfield,
2012). Dadurch konnte zwar festgestellt werden, dass Führung
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Ausgewählte Merkmale der untersuchten
Fallkommunen
Kommune Größe
Ämter
A
groß
Jugendamt
B
mittel
Bauamt
C
mittel
Bürgeramt
C
klein
Einwohnermeldeamt, Kämmerei, Bauamt
E
klein
Kämmerei
1...,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 22,23,24,25,26,27,28,29,30,31,...68
Powered by FlippingBook