PERSONALquarterly 1/2017 - page 24

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PERSONALquarterly 01/17
SCHWERPUNKT
_FÜHRUNG
Defizit bei der Implementierung von Führung von unten för­
derlichen Instrumenten, wie Führungsleitbildern, Vorschlags­
wesen oder verpflichtender Führungsweiterbildung, gibt.
Führung von unten als Ressource für effektive
Führungsprozesse und zufriedene Mitarbeiter
Die gewonnenen Ergebnisse zeigen, dass der Fokus auf die
Führungsaktivitäten von Mitarbeitern und der gewählte mi­
kropolitische Zugang ein deutlich differenzierteres Bild von
Führungsprozessen in Verwaltungsorganisationen liefert, als
die traditionellen, führerzentrierten Ansätze. Es wird deutlich,
dass auch im Kontext der Verwaltungen zahlreiche Spielräume
und Möglichkeiten vorhanden sind, sodass Mitarbeiter zu Mit-
Führenden werden können. Im Unterschied zu Wirtschaftsor­
ganisationen wird in öffentlichen Verwaltungsorganisationen
der Spielraum für Führung von unten durch zahlreiche Rege­
lungen und hierarchische Dienstwege zwar eingeengt. Den­
noch nutzen Mitarbeiter verschiedene Taktiken der Führung
von unten, angefangen vom Gespräch suchen und rational Ar­
gumentieren bis hin zum Einschalten höherer Instanzen oder
Eskalieren. Dabei greifen die Verwaltungsmitarbeiter nicht nur
auf soziale, indirekte Einflussstrategien zurück, sondern nut­
zen auch jene Taktiken der Führung von unten, die laut Kipnis,
Schmidt und Kollegen (1984, 1988) zur direktiven machtpoli­
tischen Einflussstrategie gehören, auf die harte Durchsetzung
der Interessen gerichtet sind und üblicherweise den Führungs­
kräften zugestanden werden, wie z.B. Beharren, Nachhaken
und Eskalieren. Die Befunde vonWunderer (1992) zur Führung
von unten können allerdings bestätigt werden. Im Gegensatz
zu seinen amerikanischen Kollegen wurde Bestimmtheit als
zwar nachrangige, aber doch wichtige Einflusstaktik von Mit­
arbeitern im deutschen Kontext ermittelt.
Die klare Zuordnung von Arbeitsaufgaben und Verantwor­
tungsbereichen erweist sich als förderliche Rahmenbedingung
für Führung von unten, weil sie dazu führt, dass die Mitarbeiter
in ihrem Fachbereich zu Experten werden, deren Meinung und
Fachkenntnis auch für ihre Vorgesetzten sowie deren Führungs-
und Entscheidungshandeln relevant sind. Diese Spezialisierung
scheint außerdem dazu zu führen, dass Mitarbeiter besser in
der Lage sind, ihre Ermessensspielräume zu verstehen und
gezielt zu nutzen. Im Ergebnis können sich Mitarbeiter nicht
nur fachlich, sondern auch durch die Teilnahme an Entschei­
dungsprozessen hinsichtlich ihrer Führungskompetenzen ent­
wickeln. Zugleich erhöht sich die Flexibilität der Kommunen
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 3:
Verbreitung von Instrumenten zur Förderung des Mitarbeitereinflusses und der
Führung von unten
Führungsinstrumente
Fall A
Fall B
Fall C
Fall D
Fall E
Tägliche persönliche Kommunikation
X
X
X
X
X
Einschaltung der Personalabteilung / Personalrat
X
X
X
X
X
Leitbild mit Führungsbezug
X
-
-
-
-
Betriebliches Vorschlagswesen
X
-
-
-
-
Generelle Möglichkeit zur Weiterbildung mit Führungsbezug X
X
X
X
X
Verpflichtende Weiterbildung mit Führungsbezug
-
-
-
-
-
Vorgesetzten-Mitarbeiter-Gespräch
X
X
-
-
X
Regelmäßige wöchentliche Dienstberatung mit Mitarbeitern X
(X)
(X)
(X)
(X)
Politik der „offenen Tür“
X
X
X
X
X
X = vorhanden
- = nicht vorhanden
(X) = Durchführung der DB, aber nicht im wöchentlichen Turnus
1...,14,15,16,17,18,19,20,21,22,23 25,26,27,28,29,30,31,32,33,34,...68
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