PERSONALquarterly 1/2016 - page 44

PERSONALquarterly 01/16
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NEUE FORSCHUNG
_GENDER
Eigenschaften wählen. Von einer Stellenanzeige mit rein mas­
kulin konnotierten Eigenschaften können wir Unternehmen
nur abraten. Hier laufen Unternehmen Gefahr, qualifizierte
weibliche Absolventen noch vor dem Rekrutierungsprozess
zu verlieren.
In Bezug auf die Statements zu Gender Diversity fördernden
Maßnahmen zeigt sich, dass es für Unternehmen auf jeden
Fall sinnvoll ist, solche Statements in die Unternehmensbe­
schreibungen aufzunehmen, um für Frauen als Arbeitgeber
attraktiv zu sein – immer vorausgesetzt, dass diese Statements
der Wahrheit entsprechen.
Die Ergebnisse der zweiten Studie verdeutlichen, dass Gen­
der Diversity fördernde Maßnahmen eine positive Wirkung auf
die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität bei Frauen und
auch bei Männern haben und negative Reaktionen nicht zu
befürchten sind. Lediglich die Kommunikation einer Frauen­
quote führte bei männlichen Hochschulabsolventen zu einem
Absinken der Arbeitgeberattraktivität. Demnach kann es Un­
ternehmen uneingeschränkt empfohlen werden, auf die eige­
nen Aktivitäten im Bereich des Diversity Managements und
der Frauenförderung hinzuweisen und diese mit Statements
zuWork-Life-Balance-Maßnahmen zu untermauern. Allerdings
müssen diese Maßnahmen zum Unternehmen passen und dort
auch tatsächlich gelebt werden. Lippenbekenntnisse, die nicht
der Realität entsprechen, bergen das Risiko von Frustration
und nicht erfüllten Erwartungen neuer Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.
Inwieweit diese Maßnahmen die wahrgenommene Arbeitge­
berattraktivität erhöhen und somit Frauen zu einer Bewerbung
bewegen, wurde in einem Experiment mit 785 Hochschulabsol­
venten ermittelt (Göddertz, 2014). Den Hochschulabsolventen
wurde eine fiktive Unternehmensbeschreibung vorgelegt, die
sich lediglich durch ein Statement zu den oben aufgeführten
Gender Diversity fördernden Maßnahmen unterschied (Grup­
pe 1: Kontrollgruppe ohne Erwähnung von geschlechterspezi­
fischer Chancengleichheit, Gruppe 2: Kommunikation eines
Diversity-Programms, Gruppe 3: Kommunikation von Frau­
enförderung, Gruppe 4: Kommunikation einer Frauenquote
und Gruppe 5: Kommunikation von Work-Life-Balance-Maß­
nahmen).
Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Maßnahmen zeigen
die Ergebnisse, dass Frauen Unternehmen als attraktiver be­
werten, wenn diese ein Statement zu Gender Diversity för­
dernden Maßnahmen in ihrer Unternehmensbeschreibung
enthalten. Am attraktivsten bewerten sie solche Unterneh­
men, die Work-Life-Balance-Maßnahmen anbieten, gefolgt von
Frauenförderprogrammen und Diversity Management. Män­
ner bewerten Unternehmen dann als weniger attraktiv, wenn
eine Frauenquote kommuniziert wird. Alle anderen Statements
kommen auch bei Männern sehr gut an und verbessern sogar
die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität, wie Abbildung
3 verdeutlicht.
Diese Ergebnisse konnten auch im Rahmen einer ähnlichen
Befragung mit Berufstätigen bestätigt werden. Der Hauptunter­
schied der Befragungsergebnisse zwischen Berufstätigen und
Absolventen liegt darin, dass männliche Berufstätige auch die
Version mit Frauenquote als attraktiver als die Version ohne
jedes Statement zu Gender Diversity fördernden Maßnahmen
(Kontrollgruppe) bewerteten.
Praktische Implikationen
Vor dem Hintergrund der politischen Diskussion um die Erhö­
hung der Frauenquote und Diversität in Führungspositionen
haben unsere Ergebnisse eine besondere praktische Relevanz.
Es hat sich gezeigt, dass stereotypische Persönlichkeitseigen­
schaften und die Informationen zuGender Diversity fördernden
Maßnahmen in Stellenausschreibungen die Bewerberreaktion
signifikant beeinflussen. Unternehmen können durch eine ge­
zielte Ausgestaltung ihrer Stellenausschreibungen die Bewer­
bungsabsicht positiv beeinflussen und generell erhöhen.
Aus den Ergebnissen der stereotypischen Eigenschaften las­
sen sich explizite Handlungsempfehlungen für Unternehmen
ableiten. Sollten Unternehmen generell nach einer Erhöhung
der Quantität des weiblichen Bewerberpools streben, können
sie mit femininen Eigenschaften die meisten Bewerberinnen
attrahieren. Unternehmen, die bereits über einen großen Be­
werberpool verfügen und eher nach einer Verbesserung der
Qualität des Bewerberpools streben, sollten dagegen neutrale
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