PERSONALquarterly 1/2016 - page 48

PERSONALquarterly 01/16
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STATE OF THE ART
_ARBEITSSINN
Arbeitssinn in etablierten personalwirtschaftlichen Modellen
Abbildung 1 zeigt, dass Sinn in etablierten personalwirtschaft-
lichen Konstrukten und Theorien eine Rolle spielt. Intrinsische
Motivation ist eine der personalwirtschaftlichen Basistheorien
und empirisch gut untersucht. Originär steht bei der intrin-
sischen Motivation die Freude an der Durchführung einer
Tätigkeit im Vordergrund. Inhaltlich deckt intrinsische Moti-
vation somit eher Spaß an der Arbeit denn Sinnstiftung ab.
In der Praxis wird intrinsische Motivation häufig breiter ver-
standen als Antrieb, „der aus dem Menschen selbst heraus
kommt“. Dieses breitere Verständnis spiegelt sich auch in der
empirischen Forschung, sofern intrinsische Motivation über
das „Free-Choice-Paradigma“ operationalisiert wird. Dabei wird
einem Probanden zunächst eine Aufgabe zugewiesen und nach
einer Pause kann der Proband wählen, ob er zur Tätigkeit zu-
rückkehren will oder nicht. Die Ursache dieser Wahl wird nicht
immer näher untersucht, kann somit in der Freude oder auch
im Sinnerleben begründet liegen. Eine entsprechende theore-
tische Basis liefert die Selbstbestimmungstheorie (Deci/Ryan,
1985), in der auf einem Kontinuum zwischen selbst- und fremd-
bestimmtem Verhalten weitere Unterscheidungen nach dem
Internalisierungsgrad äußerer Motive getroffen werden.
Die Außenwirkung der Organisationwird bei der Betrachtung
von Corporate Social Responsibility in den Fokus gestellt, der
Zusammenhang zwischen CSR-Aktivitäten und personalwirt-
schaftlichen Erfolgsgrößen nimmt dabei eher geringen Raum
in der empirischen Forschungslandschaft ein. Die theoretische
Basis liefert die Theorie der sozialen Identität, nach der das
Selbstbild der Beschäftigten auch vom Verhalten und Anse-
hen des Arbeitgebers abhängt. In einem qualitativen Review
fassen Hermann Aguinis und Ante Glavas den empirischen
Forschungsstand zu CSR zusammen. Bezogen auf personal-
wirtschaftliche Erfolgsgrößen lassen sich positive Effekte auf
z.B. Mitarbeiterbindung, Arbeitgeberattraktivität und Engage-
ment feststellen. Allerdings beruhen diese Befunde jeweils auf
wenigen Einzelstudien (Aguinis/Glavas, 2012, S. 947).
Subjektiv empfundener Sinn als vermittelnde Variable
Das Job Characteristics Model geht auf J. Richard Hackman
und Greg R. Oldham zurück und verfolgt mithilfe darauf auf-
bauender diagnostischer Fragebögen das Ziel, Motivation und
Produktivität von Beschäftigten zu erklären und durch Verän-
derungen des Arbeitsumfelds zu erhöhen (Hackman/Oldham,
1975). Die Autoren unterscheiden fünf zentrale Arbeitsplatz­
eigenschaften: (1) Die Vielfalt erforderlicher Qualifikationen
(Skill Variety), (2) die Ganzheitlichkeit der Aufgabenbeschrei-
bung (Task Identity), (3) Autonomie in der Aufgabenerfül-
lung, (4) Feedback und (5) die sinnbezogene Variable Task
Significance, d.h. das Ausmaß, in dem die Aufgabenerfüllung
Einfluss auf das Wohlergehen anderer aufweist (Hackman/
Oldham, 1975, S. 161). Dieser Einfluss kann sich sowohl auf die
unternehmensexterne Gesellschaft als auch auf die Arbeit der
Kollegen innerhalb der Organisation beziehen. In diesem Sinne
wird somit analog zur bereits oben skizzierten Vorgehensweise
im „DGB-Index Gute Arbeit“ diese Variable schon dann positiv
beeinflusst, wenn die eigene Tätigkeit die Kollegen bei der Ver-
folgung der Unternehmensziele unterstützt, ohne dass diese
Ziele zwingend selbst als sinnstiftend erlebt werden müssen.
Innerhalb dieses Modells wird der Einfluss der Arbeitsplatz-
charakteristika auf personalwirtschaftliche Erfolgsgrößen
nicht als direkt angenommen. Vielmehr werden die Effekte
durch subjektive, psychologisch erklärbare Einstellungen
übertragen (sog. Mediatoren). Hier besteht der engste Zusam-
menhang mit dem Themenfeld Sinn der Arbeit, da hier die
empfundene Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit (Experienced Mea­
ningfulness) als wesentlicher Mediator angenommen wird.
Diese grundlegenden theoretischen Annahmen werden in
einer Metastudie von Stephen E. Humphrey, Jennifer D. Nahr-
gang und Frederick P. Morgeson (2007) getestet, wobei die
Autoren das ursprüngliche Modell von Hackman und Oldham
um weitere Variablen erweitern. Die wesentlichen Ergebnisse
bezüglich der Sinnhaftigkeit von Arbeit sind in Abbildung 2
zusammengefasst. Misst man die direkte Beziehung zwischen
Task Significance und personalwirtschaftlichen Ergebnisgrö-
ßen, ergibt sich ein schwacher bis mittlerer Zusammenhang
Quelle: Vereinfachte Darstellung auf Basis von Humphrey et al (2007)
Abb. 2:
Arbeitssinn im Job Characteristics Model
Arbeitsplatz­
eigenschaften
3
Autonomie
3
Vielfalt
3
Task Significance
3
Ganzheitlichkeit
(Task Identity)
3
Feedback
3
Komplexität
3
Spezialisierungs­
grad
Wahr-
genommene
Bedeutsamkeit
(Meaning-
fulness)
Arbeitsplatz-
merkmale
Arbeitsumgebung
Soziale Interaktion
Arbeitszufriedenheit
Produktivität
Kündigungsneigung
Erfolgsgrößen
Wahrgenom-
mene
Verantwortung
Kenntnis
der Gesamt­
ergebnisse
Wirkung über zentrale
psychologische Einstel-
lungen
1...,38,39,40,41,42,43,44,45,46,47 49,50,51,52,53,54,55,56,57,58,...60
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