01/16 PERSONALquarterly
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verbundenen Vorurteile gegenüber Frauen, die einer Unter
stützung bedürfen, die Wahrnehmung eben dieser Programme.
Die Wirkung von genderspezifischen Eigenschaften
Nach der Theorie der sozialen Rollen (Eagly, 1987) nehmen
Frauen und Männer innerhalb einer Gesellschaft bestimmte
Rollen ein. Während Frauen überwiegend die Rolle der Haus
frau bzw. Berufsrollen mit eher niedrigem Status (z.B. Kin
dergärtnerin, Krankenschwester) ausüben, nehmen Männer
überwiegend die Rolle des Ernahrers bzw. Berufsrollen mit
eher höherem Status (z.B. Manager, Arzt) ein (Eckes, 2008).
Da Menschen dazu tendieren, aus den wahrgenommenen
Rollen unmittelbar auf die Eigenschaften der Rolleninhaber
zu schließen, werden Frauen und Männern genau diejenigen
Merkmale zugeschrieben, die für ihre jeweiligen sozialen
Rollen notwendig sind. Bei Frauen sind das typischerweise
eher soziale Eigenschaften, wie Freundlichkeit, Hilfsbereit
schaft oder Empathie. Bei Männern sind es insbesondere
handelnde Eigenschaften, wie Durchsetzungsfähigkeit und
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Aktuelle Entwicklungen und die Einführung der Frauenquote zwingen
Unternehmen dazu, qualifizierte Frauen anzuwerben. Wir untersuchen, wie Stellenausschrei-
bungen zu gestalten sind, um gute Bewerberinnen zu attrahieren.
Methodik:
Zwei experimentelle Vignetten-Studien.
Praktische Implikationen:
Unternehmen sollten maskuline Eigenschaften in Stellenaus-
schreibungen vermeiden, um die Qualität und Quantität des weiblichen Bewerberpools zu
erhöhen. Bis auf die Frauenquote haben Aussagen zu Gender Diversity fördernden Maßnah-
men einen positiven Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität.
Handlungskompetenz (Eagly, 1987). Durch die Zuschreibung
von Persönlichkeitseigenschaften zementieren sich solche Ge
schlechtsstereotypen innerhalb einer Gesellschaft. Diese Ste
reotypen wiederum haben einen normativen Charakter, d.h.,
durch sie entsteht eine gesellschaftliche Erwartungshaltung,
wie sich Frauen und Männer in einer Gesellschaft zu verhal
ten haben und welche Rolle sie ausüben sollten. Nach Eagly
und Karau (2002) erklären diese Geschlechtsstereotypen die
geringe Anzahl an Frauen in Top-Führungspositionen. Da die
se Führungspositionen mit männlichen Attributen assoziiert
werden (z.B. Durchsetzungsfähigkeit, Verhandlungsgeschick),
herrscht bei Frauen in diesen Positionen eine Inkongruenz
zwischen der Rolle als Führungskraft und der sozialen Rolle,
welche eine Frau nach der Vorstellung der Gesellschaft ein
nehmen sollte. Menschen streben jedoch nach einer Kongru
enz zwischen der eigenen wahrgenommenen Rolle und der
von der Gesellschaft erwarteten/erwünschten Rolle, weshalb
sich Frauen zum einen seltener die Rolle als Führungskraft
zutrauen und zum anderen als Führungskraft von anderen als
weniger geeignet eingestuft werden.
Diese Erkenntnisse lassen vermuten, dass die Nennung von
genderspezifischen (stereotypischen) Eigenschaften in einer
Stellenausschreibung ähnliche Rollenkongruenzeffekte her
vorrufen kann. Es wird daher angenommen, dass Frauen und
Männer eine Stellenausschreibung bevorzugen, welche genau
solche Eigenschaften enthält, die ihrem jeweiligen Rollenver
ständnis entsprechen und somit eine stärkere Identifikation
mit der ausgeschriebenen Stelle zulassen. Frauen sollten sich
demnach bei Stellenausschreibungen, in denen feminine Ei
genschaften gefordert werden, eher als geeignet einstufen
und auch eine höhere Bewerbungsintention aufweisen als bei
Stellenausschreibungen, in denen maskuline Eigenschaften
gefordert werden.
Um herauszufinden, welche Eigenschaften eher feminin
oder maskulin sind, wurden in einer Vorstudie insgesamt 34
Eigenschaften aus dem Bem Sex-Role Inventory (BSRI, Bem,
1974) und 100 aktuellen Stellenanzeigen identifiziert, die von
84 studentischen Teilnehmern in „eher weiblich“ oder „eher
männlich“ eingeordnet wurden. Die Eigenschaften „Kreativi
tät“, „Teamfähigkeit“, „Kommunikationsfähigkeit“ und „ver
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0
neutral
maskulin
feminin
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Subjektive Eignung für die ausgeschriebene
Stelle nach Geschlecht
weiblich
männlich