PERSONALquarterly 1/2016 - page 51

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eit mehr als einem halben Jahrhundert versuchen Wis-
senschaftler zu verstehen, was Mitarbeiter wirklich an-
treibt. In zahlreichen Studien hat sich gezeigt, dass es
nicht Geld seinmuss, umAngestellte zu höherer Leistung
zu motivieren. Auch Anerkennung und Wertschätzung wirken
sich positiv auf die Produktivität aus. Welche ist die effektivste
Methode? Sollte man alle Beschäftigten loben oder nur die Besten
auszeichnen? Um diese Frage zu untersuchen, wurde ein Feld-
experiment durchgeführt. Die Aufgabe der über 300 Studenten
bestand darin, für einen Fixlohn drei Stunden lang Umfrageer-
gebnisse in eine Datenbank einzutragen. Jeweils acht Studenten
teilten sich einen Raum, jeder arbeitete für sich. Nach zwei Stun-
den erhielten die Teilnehmer überraschend Dankeskarten. Die
Wissenschaftler variierten die Anzahl der Empfänger der Karten:
In einer der Gruppen erhielten alle acht Studenten die schriftliche
Anerkennung, in der zweiten nur die drei besten Mitarbeiter und
in der dritten Gruppe nur der produktivste Mitarbeiter. In der
Kontrollgruppe erhielt keiner eine Karte. Wie entwickelte sich
Wertschätzung lohnt sich
Christiane Bradler
(ZEW Mannheim)
, Robert Dur
&
Susanne
Neckermann
(Erasmus University Rotterdam)
, Arjan Non
(Maastricht University): „Employee recognition and Perfor-
mance: A Field Experiment“. Management Science, forthcoming
die Produktivität der Mitarbeiter in der dritten Arbeitsstunde? Die
Resultate sind bemerkenswert: Im Vergleich zur Kontrollgruppe
führte die immaterielle Anerkennung in jedem Fall zu einer deut-
lichen Leistungssteigerung. Erhielten alle acht Studenten eine
Karte, waren sie anschließend um 5,2% produktiver. Die höchste
Leistungssteigerung (7,3%) gab es in der Gruppe, in der die drei
Besten ausgezeichnet wurden. Erhielt nur der „Top-Performer“
eine Anerkennung, stieg die Produktivität der gesamten Gruppe
immerhin um 5,6%. Interessanterweise waren es stets die „nicht
ausgezeichneten“ Mitarbeiter, die sich besonders anstrengten. Sie
erhöhten ihre Leistung im Schnitt um mehr als 10%, während es
die „ausgezeichneten“ Studenten nur auf zusätzliche 3,3% brach-
ten. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Leistungssteigerung
der schwächeren Kollegen einerseits aus dem Bedürfnis nach
„Konformität“ mit der gefühlten Arbeitsnorm der Gruppe entsteht.
Andererseits lässt sich die erhöhte Produktivität der Gruppen,
in denen alle Teilnehmer ausgezeichnet wurden, damit erklären,
dass diese sich verpflichtet fühlen, den Dank zurückzugeben. Un-
erwartete Wertschätzung der geleisteten Arbeit kann demnach
ein wirksames Instrument für Arbeitgeber sein, vor allem die
leistungsschwächeren Mitarbeiter zu motivieren und die Produk-
tivität des Unternehmens insgesamt zu steigern. Letztlich heißt
es aber auch hier: Auf die richtige Dosis kommt es an.
Besprochen von
Katharina Laske,
Seminar für ABWL und
Personalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
I
n der Gender-Diversity-Forschung hat sich mittlerweile
die Überzeugung durchgesetzt, dass Gender Diversity in
Teams sowohl positive (bessere Informationsverarbeitung)
als auch negative Auswirkungen (soziale Kategorisierung
auf Basis des Geschlechts erhöht Konfliktpotenzial) auf Team
Outcomes haben kann. Ob positive oder negative Effekte über-
wiegen, hängt dabei von Kontextfaktoren ab, die Einfluss auf
diese (positiv bzw. negativ wirkenden) Mechanismen nehmen.
An diesen Gedanken anknüpfend bringen Schneid und Kollegen
in ihrer Meta-Analyse den Einfluss des kulturellen Kontexts
ins Spiel: Die Autoren argumentieren, dass Teams in kollekti-
Gender Diversity: Kultureller
Kontext entscheidend
Matthias Schneid
,
Rodrigo Isidor
,
Chengguang Li
, und
Rüdiger Kabst
(Universität Paderborn): „The influence of cultural
context on the relationship between gender diversity and team
performance: a meta-analysis”. The International Journal of Human
Resource Management, 2015, Vol. 26, No. 6, pp. 733–756.
vistischen Gesellschaften sowie in Gesellschaften mit einer ho-
hen Geschlechter-Gleichheit eher in der Lage sein sollten, die
negativen, durch soziale Kategorisierung (Stereotypisierung,
Diskriminierung etc.) bedingten Effekte von Gender Diversity
durch eine verbesserte Informationsverarbeitung auszugleichen
(größere Vielfalt an Erfahrungen, Fertigkeiten und Wissen führt
zu fruchtbarerem Austausch von Meinungen und Ansichten).
Empirisch bestätigen sich die Befunde früherer Meta-Analysen:
Im besten Falle besteht kein Zusammenhang zwischen Gender
Diversity und Team Outcomes – dies trifft auf Gesellschaften mit
hoher Geschlechter-Gleichheit zu. In Gesellschaften mit niedriger
Geschlechter-Gleichheit (z.B. Indien) hingegen ist der Zusammen-
hang zwischen Gender Diversity und Team Outcomes negativ;
hier scheinen die negativen Effekte von Diversity zu überwiegen.
Ebenso in kollektivistischen Gesellschaften (z.B. Südkorea): Eine
kollektivistische Orientierung schweißt offenbar weniger durch
die Zugehörigkeit zum Team als vielmehr durch die Zugehörigkeit
zu einemGeschlecht innerhalb des Teams zusammen – verbunden
mit entsprechenden Spannungen und Konflikten.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
1...,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 52,53,54,55,56,57,58,59,60
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