PERSONALquarterly 1/2016 - page 52

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 01/16
A
lternde Belegschaften machen vielen Unternehmen
zu schaffen. Allerdings sollte nicht nur das chronolo-
gische Alter von Mitarbeitern betrachtet werden, son-
dern auch das subjektiv empfundene. So kann sich
bspw. ein 50-Jähriger deutlich jünger fühlen, wenn er fit ist und
eine herausfordernde Tätigkeit ausübt. Ein anderer Mitarbeiter
gleichen Alters könnte sich unter ungünstigen Bedingungen deut-
lich älter fühlen. Kunze und Kollegen haben diese möglichen
Diskrepanzen zwischen dem tatsächlichen und subjektiven Alter
in einer Studie mit 107 Unternehmen untersucht. Dabei legten
sie besonderes Augenmerk auf organisationale Einflussfaktoren:
Wenn Unternehmen einen Arbeitskontext schaffen, in demMitar-
beiter ihre Arbeit als sinnhaft und wertvoll empfinden, sollte sich
dies günstig auswirken. Außerdem untersuchten sie die Perso-
nalentwicklung (PE) im jeweiligen Unternehmen. Die Ergebnisse
Alter ist Gefühlssache –
Unternehmen profitieren
Florian Kunze
(Universität Konstanz),
Anneloes M. Raes
(IESE
Business School) und
Heike Bruch
(Universität St. Gallen): „It
matters how old you feel: Antecedents and performance con-
sequences of average relative subjective age in organizations“.
Journal of Applied Psychology, 100 (2015), 1511-1526.
zeigen, dass die Zielerreichung auf Unternehmensebene in den
Unternehmen deutlich höher ausfiel, in denen sich die Mitarbeiter
insgesamt jünger fühlten. Dieser positive Effekt zeigte sich aber
nur in Unternehmen, die sich in einem sehr dynamischen Umfeld
bewegten. Außerdem fühlten sich die Mitarbeiter im Durchschnitt
eher jünger, wenn sie ihre Arbeit als bedeutsam und sinnvoll emp-
fanden. Dies erklären die Autoren damit, dass diese Mitarbeiter
besser in den organisationalen Prozess integriert waren. Aller-
dings traf dies nur dann zu, wenn ein Unternehmen auch eine
PE betrieb, die allen Mitarbeitern Zugang zu Weiterbildung und
Beförderung erlaubte, unabhängig von ihremAlter. Für die Praxis
ergeben sich mehrere Empfehlungen: Unternehmen sollten in
Maßnahmen investieren, durch die Mitarbeiter sich jünger füh-
len, insbesondere wenn sie in einem dynamischen Umfeld agie-
ren. Tätigkeiten sollten so gestaltet werden, dass sie als sinnhaft
und bedeutsam empfunden werden, z.B. durch Erweiterung von
Tätigkeitsspielräumen (Job Enlargement) oder indem heraus-
fordernde Tätigkeiten geschaffen werden (Job Enrichment). Die
Ergebnisse weisen auch auf die Bedeutung der Personalent-
wicklung hin. Unternehmen sollten prüfen, ob sie bei der PE
bestimmte Altersgruppen diskriminieren, und dafür sorgen,
dass Mitarbeiter aller Altersstufen gleichermaßen Zugang zu
Weiterbildungs- und Beförderungsmöglichkeiten erhalten.
Besprochen von
Dr. Nale Lehmann-Willenbrock, VU Amsterdam
Department of Social & Organizational Psychology
B
ei der Zusammenarbeit in Teams entsteht durch emotio-
nale Ansteckung Gruppenstimmung. Diese kann positiv
oder negativ sein, je nachdem, ob Emotionen wie Freude
oder Ärger geteilt werden. Herrscht in einem Team gute
Stimmung, ist es häufig auch um den Zusammenhalt im Team gut
bestellt. Dies sollte sich auch positiv auf die Teamleistung aus-
wirken. Wenn aber eher negative Stimmung vorherrscht? Ob sich
diese negativ auf die Teamleistung auswirkt, hängt vermutlich von
weiteren Rahmenbedingungen ab. Knight und Eisenkraft berück-
sichtigen dabei insb. die Quelle der negativen Stimmung (inner-
oder außerhalb des Teams) und die Bestehensdauer eines Teams
(einmalige oder längerfristige Zusammenarbeit). In einer Meta-
Analyse über 39 empirische Studien (insg. 2.799 Teams) kommen
die Autoren zu dem Schluss, dass positive Stimmung im Team ge-
nerell mit einer verbesserten Teamleistung einhergeht – unabhän-
gig von spezifischen Rahmenbedingungen. Für negative Stimmung
sind die Zusammenhänge dagegen wie erwartet etwas komplexer.
Tatsächlich wirkt sich negative Stimmung sogar positiv auf die
Teamleistung aus, wenn sie von Außenstehenden ausgeht, die nicht
zum Team gehören, oder wenn es sich umGruppen handelt, die nur
kurz zusammenarbeiten. Wenn die negative Stimmung hingegen
aus dem Team selbst kommt oder in Teams auftritt, die über eine
längere Zeit zusammenarbeiten, leidet die Teamleistung. Für die
Führungspraxis heißt das: Teamleiter sollten grundsätzlich auf die
Stimmung im Team achten und für gute Stimmung sorgen (z.B.
durch Teamentwicklungsmaßnahmen, gemeinsame Events etc.).
So wächst der Zusammenhalt und die Teamleistung steigt. Negative
Stimmung sollte möglichst vermieden werden. Selbst wenn diese
von Außenstehenden ausgeht und nicht unmittelbar negativ auf die
Teamleistung wirkt, sind negative Konsequenzen zu befürchten.
Besprochen von
Dr. Nale Lehmann-Willenbrock, VU Amsterdam
Department of Social & Organizational Psychology
Stimmung im Team und
Folgen für die Teamleistung
Andrew P. Knight
(Washington University in St. Louis) und
Noah
Eisenkraft
(University of North Carolina, Chapel Hill): „Positive is
usually good, negative is not always bad: The effects of group af-
fect on social integration and task performance“. Journal of Applied
Psychology, 100 (2015), 1214-1227.
1...,42,43,44,45,46,47,48,49,50,51 53,54,55,56,57,58,59,60
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