PERSONALquarterly 1/2016 - page 15

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werden die „Mitarbeiterzufriedenheit“ (76%) und Führungs-
kräfte-Feedbacks zur Effektivität von angebotenen HR-Pro-
grammen und erbrachten Dienstleistungen (69%) u.v.a. (vgl.
Mercer, 2010, S. 19). Weitgehend vermisst werden Maßgrö-
ßen, die die Auswirkungen der HR-Transformation auf den
Aufbau von Erfolgspotenzialen erfassen.
Kritik am Wertschöpfungskonzept
Anlass für Kritik am Wertschöpfungskonzept von Ulrich et
al. gibt u.a. der zugrunde gelegte Kausalzusammenhang zwi-
schen HR-Transformation als Ursache einerseits und Wert-
schöpfung als Wirkung andererseits, der einer genaueren
Analyse unterzogen werden sollte und zu einer vertieften
empirischen Prüfung herausfordert. Kritisch zu betrachten
ist schließlich das ungelöste Zurechnungsproblem, verbunden
mit der Frage nach dem anteiligen Beitrag der HR-Transforma-
tion an der betrieblichen Wertschöpfung, die auch von ande-
ren Faktoren als lediglich von HR-Transformation beeinflusst
werden wird. Gefordert wird ein weiterentwickeltes Wert-
schöpfungskonzept für HR-Transformation.
Das Wirkungsstufenmodell der DPRG/GPRA (2008) lässt sich
auf den Bereich der HR-Transformation übertragen und für eine
differenzierte Wirkungsanalyse nutzbar machen (vgl. Abb. 6).
Veränderungen des „Outputs“ und des „Outcomes“ im Wir-
kungsstufenmodell können ausschließlich oder weitgehend auf
Wirkungen der HR-Transformation zurückgeführt werden. Da-
gegen bleibt die Messung des „Outflows“ als Indikator für den
Erfolgsbeitrag der HR-Transformation wegen der Vielzahl der als
Ursachen in Betracht kommenden Einflussfaktoren schwierig.
Bemerkenswert ist des Weiteren in diesem Zusammenhang
der Ansatz der DGFP (2004). Unter der Bezeichnung „Wert­
orientiertes Personalmanagement“ wird analytisch eine Kau-
salkette aufgebaut, ausgehend von der Personalstrategie des
Unternehmens. Die Kausalkette besteht aus unternehmensspe-
zifischen Erfolgsfaktoren (z.B. „Qualität und Verfügbarkeit des
Personals“), die von Erfolgsprozessen beeinflusst werden (z.B.
„Personalrekrutierung und -auswahl“), deren Zielerreichung
durch sog. Werttreiber (z.B. Auswahlqualität) gesichert werden
soll. Der Wertschöpfungsbeitrag wird dann durch gewichtete
Indikatoren mit vorab bestimmten Sollwerten im Vergleich mit
nachträglich ermittelten Istwerten errechnet.
Trotz dieser und anderer Ansätze der Wertschöpfungser-
mittlung wie z.B. dem heftig umstrittenen Human Potential
Index (HPI) und verwandter Konzepte kann nur von einem
„begründeten Zusammenhang“ zwischen HR-Transformation
und betrieblicher Wertschöpfung gesprochen werden, nicht
aber von einem allgemein akzeptierten Nachweis.
Zukunftschancen der HR-Transformation
HR-Transformation befriedigt und weckt hoch gespannte Erwar-
tungen vieler HR-Professionals, die sich in den beschriebenen
Rollen wiedererkennen oder diese Rollen als erstrebenswert
empfinden. Sie verstehen HR-Transformation als Aufwertung
ihrer Arbeit und zudem als Profilierungschance, sich nicht
mehr länger als nützliches Glied der werterzeugenden Unter-
stützungsleister im Unternehmen rechtfertigen zu müssen.
Allerdings ist die Annahme unrealistisch, dass die weitere
Verbreitung der HR-Transformation alleine von dem Wunsch
und dem Streben der HR-Professionals nach Aufwertung und
Anerkennung im Unternehmen abhängen würde. Die Einfüh-
rung von HR-Transformationsprozessen erfordert vielmehr die
Zusammenarbeit mehrerer Personengruppen; genannt wer-
den in diesem Zusammenhang neben den HR-Professionals die
Verantwortlichen der Fachbereiche, externe Kunden und Inves­
toren sowie Berater (vgl. Ulrich et al., 2009, S. 128 ff). Unter
dem Eindruck des Demografiewandels und des zunehmenden
War for Talents, um nur einige Herausforderungen im globalen
Wettbewerb zu nennen, sind die Chancen für die weitere Ex-
pansion der HR-Transformation als gut zu bezeichnen, soweit
sie dazu beiträgt, die aktuellen und künftigen Herausforde-
rungen zu bewältigen.
Die überaus positive Resonanz der HR-Transformation in Tei-
len der Fachdiskussion lässt nicht darüber hinwegsehen, dass
es ernsthafte Barrieren und Widerstände sowohl innerhalb als
auch außerhalb des Kreises der HR-Professionals gibt. So mer-
ken Ulrich et al. an, dass es bereits unter den HR-Professionals
durchaus nicht nur begeisterte Zustimmer zur HR-Transforma-
tion gibt; demnach sind ca. 20% frühe Befürworter und Unter-
stützer, ebenso viele sind erklärte Gegner. Und die Mehrheit
von ca. 60% ist abwartend und muss erst von der Notwendigkeit
der HR-Transformation überzeugt werden (vgl. Ulrich et al.,
2009, S. 128) – vielleicht auch von der Machbarkeit und von der
Vorteilhaftigkeit des Konzepts. Mögliche Gründe der Zurück-
haltung gegen HR-Transformation sind vermutlich die damit
verbundenen erhöhten Arbeitsanforderungen und Arbeitsbe-
lastungen, die ohne Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen
manchen HR-Professional überfordern könnten. Nicht zu un-
terschätzen sind auch bestehende Interessenkonflikte, die das
weitere Vordringen der HR-Transformation behindern oder
sogar verhindern können. Dies wird z.B. deutlich in dem Be-
fund: „HR-Bereiche geraten immer mehr in die Gefahr, im Kern
ausgedünnt zu werden“ (Claßen/Kern, 2010, S. 55). Statt zu-
nehmender HR-Transformation könnte es zu einem Stillstand,
ggf. zu einem Rückschlag kommen, wenn Kommunikations-
abteilungen, Einkaufsabteilungen, IT-Abteilungen und nicht
zuletzt das Controlling immer weiter in das Aufgabengebiet der
Personalabteilugen vordringen und die Entscheidungsbefug-
nisse einschränken. Rückverlagerungen von Personalaufgaben
in die Fachbereiche wirken in die gleiche Richtung. Am Bei-
spiel „Mitarbeiterbefragung“, einst eine unbestrittene Domäne
der Personalabteilung als Change Agent, wird dies besonders
deutlich: Zunehmend ist es Aufgabe der internen Kommunika-
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