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relevanter Zukunftsthemen. Welche Forschungsdisziplinen sind
besonders gefordert zusammenzuarbeiten?
Marion A. Weissenberger-Eibl:
Im Internationalen Deutschland­
forum ging es vor allem um den konkreten Umgang mit künf-
tigen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen
und mögliche Gestaltungsoptionen. Das Forum bot eine Platt-
form, Fachwissen einzubringen, voneinander zu lernen und
gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Im Zentrum
stand die Frage nach Innovationen für mehr Lebensqualität
vor dem Hintergrund komplexer Herausforderungen und digi-
taler Möglichkeiten. Zusammen mit dem Präsidenten des fin-
nischen Innovationsfonds Sitra, Mikko Kosonen, habe ich dort
die Themengruppe zu ganzheitlichen Lösungen geleitet. Wir
waren uns einig, dass wir die großen Aufgaben der Zukunft nur
lösen können, wenn wir das volle Potenzial von Innovationen
freisetzen. Dazu müssen wir unsere Arbeitsweise überden-
ken und völlig disziplinübergreifend arbeiten. Akteure unter-
schiedlicher Disziplinen, Sektoren, Institutionen und Ebenen
müssen effektiver zusammenarbeiten, um komplementäre
technologisch-ökonomische und soziale Lösungsansätze
entwickeln zu können. Wir dürfen nicht mehr nur vertikal
ausgerichtet arbeiten, wir müssen entlang horizontal struk-
turierter, Mehrwert erzeugender Plattformen denken und uns
entsprechend organisieren. Dazu müssen wir uns öffnen und
Netzwerke nutzen. Innovative Technologien wie auch beglei-
tende organisatorische oder soziale Innovationen entstehen
zunehmend in Netzwerken ganz unterschiedlicher Akteure.
Daher ist es notwendig, die Akteure frühzeitig zu vernetzen.
Lösungen finden wir nur dann, wenn wir ganzheitlich arbei-
ten, wenn wir die großen Herausforderungen und die hieraus
resultierenden Aufgaben aus verschiedenen Blickwinkeln und
unter Beteiligung unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure
betrachten. Systemisch zu arbeiten heißt, Herausforderungen
aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um zur opti-
malen Lösung zu gelangen. Deshalb untersuchen wir auch am
Fraunhofer ISI neue Technologien nicht nur hinsichtlich tech-
nischer Gesichtspunkte, sondern ebenso deren soziale, ökono-
mische und ökologische Komponenten.
„Wir müssen unsere Arbeitsweise überdenken und
disziplinübergreifend arbeiten, um das volle Potenzial
von Innovationen freizusetzen.“
Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl
PERSONALquarterly:
Welche Rolle wird Fraunhofer ISI künftig ein-
nehmen? Und in welchen Forschungsaufgaben wird sich diese
Rolle niederschlagen?
Marion A. Weissenberger-Eibl:
Nun, wie gerade beschrieben, for-
dern die großen Probleme der Zukunft ganzheitliche Lösun-
gen. Und genau so arbeitet das Fraunhofer ISI: Wir leisten
unseren Beitrag darin, die Grand Challenges durch die Ent-
wicklung von Innovationen systemorientiert zu bewältigen.
Systemorientiert, das heißt, dass wir die Problemstellungen
in allen Facetten unterschiedlicher Fachdisziplinen unter-
suchen. So wäre es äußerst kurzsichtig, Innovationen nur
hinsichtlich technischer Gesichtspunkte zu erforschen. Man
kann nicht oft genug betonen, dass auch soziale, ökonomische
und ökologische Komponenten eine wichtige Rolle spielen
und von den Wissenschaftlern bedacht werden müssen. Vor
dem Hintergrund gesellschaftlicher Herausforderungen wie
dem Klimawandel, knapper werdender Rohstoffe oder der
Überalterung von Gesellschaften gewinnen gerade auch so-
ziale Innovationen an Bedeutung. Seit seiner Gründung vor
inzwischen über 40 Jahren ist das Fraunhofer ISI das Institut
der Fraunhofer-Gesellschaft, welches eine besonders ausge-
prägte Expertise für sozio-technische und sozio-ökonomische
Problemlagen und Herausforderungen besitzt. Unsere ange-
wandte Forschung zielt nach wie vor auf eine wirtschaftlich
erfolgreiche, sozial gerechte und umweltverträgliche Ent-
wicklung der Gesellschaft ab. Wir bieten politischen und wirt-
schaftlichen Akteuren strategische Beratung rund um das
Thema Innovation und tragen durch die Entwicklung innova-
tiver technischer und nicht-technischer Lösungen zur Bewäl-
tigung übergreifender Herausforderungen bei. Damit leisten
wir unseren Beitrag zum Erhalt der Zukunfts- und Innovati-
onsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland.
Hier sehen wir unsere Rolle heute wie in Zukunft.
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