PERSONALquarterly 1/2016 - page 10

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PERSONALquarterly 01/16
SCHWERPUNKT
_HRM-TRANSFORMATION
D
as HR-Transformationskonzept ist eng verbunden
mit dem Namen von Dave Ulrich und seinen beiden
Standardwerken (vgl. Ulrich 1997, 2009). Nach einer
längeren Zeit geringer Resonanz in der deutschspra-
chigenWissenschaft und Praxis scheint ein regelrechter Ulrich-
Boom ausgebrochen zu sein. Das Interesse konzentriert sich
auf das Rollenkonzept für HR-Professionals und auf das „Drei-
Säulen-Modell“ zur Reorganisation der Personalabteilung.
Dabei wird oftmals übersehen, dass es sich um ein umfas-
sendes Reformkonzept handelt mit der expliziten Zielsetzung,
Personalarbeit in eine wertorientierte bzw. wertschöpfende
Tätigkeit umzuwandeln oder, falls es bereits Ansätze dazu
gibt, dessen Beitrag zur betrieblichen Wertschöpfung (Value
Added) zu erhöhen. Dabei sollen neben den Ansprüchen der
internen Stakeholder (Führungskräfte, Mitarbeiter) auch die
Ansprüche der externen Stakeholder (Kunden, Investoren etc.)
angemessen berücksichtigt werden. Personalarbeit von außen
nach innen zu gestalten, gilt als ein besonderes Markenzeichen
der HR-Transformation.
Anders als von manchen Fehlinterpretationen suggeriert,
ist HR-Transformation nicht ein fertiges, abschließend formu-
liertes Managementkonzept, sondern veränderbar und ver-
änderungsbedürftig. Dave Ulrich und verschiedene Autoren
haben das ursprüngliche Konzept modifiziert und weiterent-
wickelt. Nach einem Überblick über den aktuellen Stand wer-
den die einzelnen Komponenten und ihre Verbreitung in der
Unternehmenspraxis differenziert betrachtet.
Stellschrauben der HR-Transformation
Wer Personalarbeit in Richtung auf mehr Wertorientierung
bzw. Wertschöpfung transformieren will, kann sich aus der
einschlägigen Fachliteratur einen Forderungskatalog zusam-
menstellen, der angibt, was in bestimmter Weise verändert
werden sollte, um das angestrebte Ziel zu erreichen (vgl.
Abb. 1). Die Transformation der HR-Rollen und der HR-Orga-
nisation, die bisher im Vordergrund der Diskussion stehen,
sind dabei erkennbar nur zwei von mehreren Komponenten
des weiterentwickelten HR-Transformationskonzepts.
In Abbildung 1 sind die wichtigsten Stellschrauben erfasst,
mit denen nach jetzigem Stand der HR-Transformationsdis-
HR-Transformation als neues
zukunftsweisendes Reformkonzept
Von
Prof. Dr. Karl-Friedrich Ackermann
(ISPA consult GmbH)
kussion der Beitrag der Personalarbeit zur betrieblichen
Wertschöpfung substanziell erhöht werden kann; die Liste ist
weder vollständig noch gegenüber neuen Entwicklungen ab-
geschlossen. Die zugrunde liegende Botschaft lässt sich wie
folgt zusammenfassen: Je besser es gelingt, die Empfehlungen
in praktisches Handeln umzusetzen, desto größer sollte der
erzielte Zuwachs an Wertschöpfung sein. Dies ist die simple
Logik des HR-Transformationskonzepts, das frühere Reform­
ideen und -konzepte in sich vereint.
Die einzelnen Stellschrauben in Abbildung 1 werden im Fol-
genden näher betrachtet und anhand empirischer Forschungs-
ergebnisse über Akzeptanz und Verbreitungsgrade in der
Unternehmenspraxis beurteilt.
Wertschöpfungsorientierte Rollen für HR-Professionals
Die Einführung einer ausgearbeiteten Rollentypologie für
HR-Professionals gehört zu den bekanntesten Komponenten
der HR-Transformation überhaupt (vgl. Abb. 2).
Wer die Rolle der HR-Professionals in der Anfangszeit der
Personalarbeit grob vereinfachend auf die operative Personal-
verwaltung beschränkt sieht, dem müssen die neu ausgearbei-
teten Rollentypen als grandiose Aufwertung erscheinen. Sie
signalisieren betriebswirtschaftliche Wichtigkeit und Nähe zur
Geschäftsführung, vor allem, wenn sie werbewirksam zu Teilrol-
len einer umfassenden „Business-Partner-Rolle“ erklärt werden.
Neben viel Zustimmung hat die Rollentypologie auch man-
che Kritik erfahren. Nicht selten werden dabei allerdings In-
terpretationshinweise von Dave Ulrich ignoriert; dazu gehört
z.B. die Forderung, die Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit
der vier Teilrollen bzgl. ihres Beitrags zur Wertschöpfung zu
beachten, die vier Teilrollen arbeitsteilig durch Personalab-
teilung, Fachbereiche und andere personalrelevanten Organi-
sationseinheiten zu erfüllen und schließlich die Empfehlung,
dass HR-Professionals nicht unbedingt alle Teilrollen gleich gut
beherrschen müssten, sondern sich ggfs. auf einzelne Rollen
spezialisieren könnten (vgl. Ulrich 1997, S. 37 f).
Dagegen bleibt die Auswahl der Rollen umstritten: warum
gerade diese und nicht auch andere wie z.B. die des Risikoma-
nagers, Krisenmanagers, Kommunikators, Verhandlungsfüh-
rers (mit der betrieblichen Arbeitnehmervertretung) u.a. Rollen
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