PERSONALquarterly 1/2016 - page 12

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PERSONALquarterly 01/16
SCHWERPUNKT
_HRM-TRANSFORMATION
wertschöpfend sind bzw. sein sollen, gehört zu den offenen
Fragen, die sich bei einer kritischen Betrachtung stellen.
Fehlinterpretationen und die Unschärfe der verwendeten Rol-
lentypen haben Ulrich schließlich zu einer Neukonzeption ver-
anlasst (vgl. Ulrich et al., 2009, S.103 ff): Die Rolle des „Change
Agents“ und des „Strategic Partners“ sind nicht länger getrennt,
sondern zu einer einzigen Rolle „Strategic Partner“ zusammen-
gewachsen; der „Administrative Expert“ wurde zum „Functional
Expert“ und der „Employee Champion“ wurde in zwei Teilrollen
aufgespalten, nämlich in die des „Employee Advocate“ und in
die des „Human Capital Developer“. Hinzugekommen ist der
„HR-Leader“ als neue Rolle. Erstaunlich wenig hat die Fachwelt
davon Kenntnis genommen. Sie hält in weiten Teilen immer
noch an den ursprünglichen Ulrich-Rollen fest, auch an ihrem
eigentlichen Flagschiff, dem „HR-Business-Partner“, der in der
neuen Fassung eine völlig andere Bedeutung erhalten hat.
Empirische Forschungsergebnisse geben Auskunft über die
wahrgenommene Verteilung der HR-Rollen in der Unterneh-
menspraxis:
(1) Werden Führungskräfte und Mitarbeiter in den Fach-
bereichen nach dem wahrgenommenen Fremdbild des Per-
sonalbereichs befragt, dominiert mit Abstand die Rolle des
„Administrative Expert“. In einer repräsentativen Stichproben-
befragung mit n=1034 Arbeitnehmern verschiedener Unter-
nehmen nannten 61% der Befragten diese Rolle, gefolgt von den
drei übrigen Rollen mit Antworthäufigkeiten zwischen 28%
und 31% (vgl. Beck et al., 2009).
(2) Zu anderen Ergebnissen führen typischerweise Selbst-
bildbefragungen unter HR-Professionals. So vermeldet eine
internationale Befragung von HR-Professionals aus n=500 Un-
ternehmen unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen in
Europa, im Mittleren Osten und Afrika (EMEA) für das Jahr
2010: „More than 65% of respondants view their HR function as a
strategic partner to the organisation.“ (Mercer, 2010, S.15). Eine
genaue Analyse der Studie macht freilich deutlich, dass unter
dem Begriff „Strategic Partner“ zwei unterschiedliche Bezugs-
gruppen zusammengefasst werden: diejenigen, die voll an stra-
tegischen Entscheidungen (38%) beteiligt sind, und andere, die
lediglich an den strategischen Diskussionen Anteil haben (28%).
Insgesamt zeigt sich, dass die von Dave Ulrich angestoßene
und von vielen anderen Autoren aufgegriffene Rollentransfor-
mation der HR-Professionals noch lange nicht abgeschlossen
ist, sondern weiterer Förderung und Unterstützung bedarf. An
anderer Stelle wird auf die Widerstände einzugehen sein, die der
angestrebten Aufwertung der HR-Rollen entgegengerichtet sind.
Stellenwert des HR-Strategiedesigns und
der Strategieumsetzung im HR-Transformationskonzept
HR-Strategiedesign und -umsetzung haben im HR-Transfor-
mationskonzept einen hohen Stellenwert. Eine ausgearbei-
tete HR-Strategie zu haben, die die Erreichung der Unter-
nehmensziele unterstützt, ist für eine wertorientierte bzw.
wertschöpfende Personalarbeit unverzichtbar. Das Design der
HR-Strategie, mehr noch die Umsetzung der HR-Strategie in
Maßnahmen mithilfe der Balanced Scorecard wird ausführ-
lich in Form von praktischen Tipps erläutert (vgl. Ulrich et
al., 2009, S.55ff; Ulrich, 1997, S. 53 ff). Umfangreiche Spezial­
literatur zum strategischen Personalmanagement bietet zu-
sätzliche Hilfe und Unterstützung bei der Weiterentwicklung
an (vgl. z.B. Ackermann, 2000, 2012; Scholz, 2014).
In Anlehnung an die klassische Strategiedefinition wird un-
ter einer HR-Strategie das Ergebnis eines Planungsprozesses
verstanden, in dem die Langfristziele der Personalarbeit („Wo-
hin wollen wir?“), die Aktionen, Programme und Maßnahmen
zur Erreichung dieser Ziele („Auf welchen Wegen?“) sowie die
benötigten Ressourcen („Mit welchen Mitteln?“) festgelegt wer-
den. Sie ist idealtypisch eingebettet in ein strategisches Gesamt-
konzept, bestehend aus Corporate Strategy, Business Strategies,
Funktionalstrategien und subfunktionalen Strategien. In diesem
Gesamtkonzept hat die HR-Strategie als Funktionalstrategie für
den Personalbereich ihren Platz, die mit den über- und neben-
geordneten Strategien abgestimmt sein sollte. Das HR-Strate-
giedesign erfolgt in sorgfältig vorbereiteten Strategieworkshops
auf der Grundlage detaillierter SWOT-Analyse; ihr Ergebnis
wird schriftlich fixiert, dokumentiert und schließlich durch
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 3:
Verbreitung von HR-Strategien in der
Unternehmenspraxis
Studien zur HR-Strategie
Stichproben
Verbreitungs-
grad (v.H.)
HR-Strategie i.e.S.
(Systematisch geplant, schrift-
lich ausgearbeitet)
(1) Kienbaum-Management
Consultants (2011), S.13
n = 232 Unternehmen 43%
(2) Capgemini-Consulting
(2011), S.23
n = 98 Unternehmen 40%
HR-Strategie i.w.S.
(3) Capgemini-Consulting
(2011), S.23
Fallspezifische HR-Strategien
Ad hoc oder zufällige HR-
Strategien
n = 98 Unternehmen
31%
21%
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