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PERSONALquarterly 03/17
NEUE FORSCHUNG
_FÜHRUNG
richtet ist – und zwar mit ausgeprägt positiven Konsequenzen
für das Arbeitsverhalten und die Leistung der Mitarbeiter (Rich
et al., 2010). Bestehende Studien weisen sowohl die transfor-
mationale als auch die transaktionale Führung als wichtige
Instrumente aus, die das Arbeitsengagement der Mitarbeiter
substanziell steigern können (Breevaart et al., 2014).
Die Wirkung transformationaler Führung ist dabei beson-
ders ausgeprägt, da dieser Führungsstil die emotionale, kog
nitive und physische Energie der Mitarbeiter gleichermaßen
anspricht (Walter & Bruch, 2010). So können transformatio-
nal führende Führungskräfte durch ihr ausgeprägtes Vorbild-
handeln und die emotional geladene Kommunikation einer
optimistischen, idealisierten Zukunftsvision starke positive
Emotionen (z.B. Enthusiasmus) bei ihren Mitarbeitern her-
vorrufen und deren kognitive und physische Anstrengungen
(z.B. Kreativität, Arbeitseinsatz) zur Realisierung dieser Vision
stimulieren (Dvir/Eden/Avolio/Shamir, 2002). Auf diese Weise
kann es gelingen, die Mitarbeiter für ihre Aufgaben zu begeis
tern und eine intrinsische Motivation zu wecken, welche die
Mitarbeiter stimuliert, die an sie gestellten Anforderungen zu
übertreffen (Bass, 2008).
Die Wirkung transaktionaler Führung hingegen basiert in
erster Linie auf extrinsischen Anreizen – wobei die motivie-
rende Kraft dieser Faktoren nicht unterschätzt werden sollte
(Judge & Piccolo, 2004). Wenn Führungskräfte klare Ziele for-
mulieren und die Erreichung dieser Ziele konsequent unter-
stützen und belohnen, so erhöht sich der objektive Nutzen der
Arbeitsanstrengung für die Mitarbeiter. Sie sind dann eher
bereit, sich emotional und kognitiv für die Arbeit zu engagieren
und sind motiviert, mit nachhaltigem Einsatz auf die Realisie-
rung ihrer Zielvorgaben hinzuarbeiten (Breevaart et al., 2014).
Auf Basis dieser Argumente gehen wir davon aus, dass
sowohl transformationale Führung als auch transaktionale
Führung positiv mit dem Arbeitsengagement der Mitarbeiter
zusammenhängen.
Das Alter der Mitarbeiter als Rahmenbedingung
Die sozio-emotionale Selektivitätstheorie beschreibt, wie sich
menschliche Motivationen im Verlauf des Lebens verändern
(Carstensen, 1992). Jüngere Personen besitzen in der Regel
eine relativ weite Zukunftsperspektive und sind dadurch eher
bereit, Zeit und Mühe in Aufgaben zu investieren, die erst auf
lange Sicht relevante Früchte abwerfen. Bei älteren Personen
hingegen ist die Zukunftsperspektive oftmals eingeschränk-
ter, sodass soziale und emotional relevante Aktivitäten mit
unmittelbarem Nutzen einen höheren Stellenwert einnehmen
(Carstensen, 1992). In der empirischen Forschung fanden die
Grundannahmen dieses theoretischen Ansatzes breite Bestäti-
gung (Okun & Schultz, 2003).
Auf Basis dieser theoretischen Annahmen gehen wir da-
von aus, dass sich die positive Wirkung transformationaler
Führung auf das Arbeitsengagement mit zunehmendem Alter
der Mitarbeiter abschwächt. In der Wissenschaftsterminolo-
gie bedeutet dies, dass das Alter den Zusammenhang zwi-
schen transformationaler Führung und Arbeitsengagement
moderiert. Wie oben ausgeführt beruht dieser Führungsstil
u.a. auf der Kommunikation einer attraktiven, idealistischen
Zukunftsvision und möchte die Mitarbeiter motivieren, sich
für die Realisierung dieser Vision einzusetzen. Dies sollte
sich mit der grundlegenden motivationalen Orientierung jün-
gerer Mitarbeiter decken, die eher bereit sind, Anstrengungen
und Einschränkungen in der Gegenwart auf sich zu nehmen,
um zukünftige, übergeordnete Ziele zu realisieren (Okun &
Schultz, 2003). Der eingeschränktere Zeithorizont älterer Mit-
arbeiter hingegen sollte die Relevanz einer zukunftsgerichte-
ten Vision verringern. Damit sollte es für transformational
führende Führungskräfte schwieriger werden, diese Mitarbei-
ter für ihre Pläne zu begeistern und sie zu motivieren, neue
Ideen und Ansätze (mit oft ungewissen Erfolgsaussichten) zur
Realisierung einer Vision zu wagen. Des Weiteren verliert mit
zunehmendem Alter und Erfahrung vermittelte Information
an Neuheit und somit an Wert (Carstensen, 1992). Erfahrene
Mitarbeiter mögen somit bereits viele Visionen vermittelt be-
kommen haben, die gegebenenfalls nicht die gewünschten
Effekte gehabt haben.
Im Gegensatz dazu erwarten wir keine ausgeprägten Alters-
unterschiede in Bezug auf die Wirkung transaktionaler Füh-
rung auf das Arbeitsengagement. Belohnung für das Erreichen
von Zielen ist bei allen Arbeitnehmern, unabhängig von ihrem
Alter, mit einem höheren Nutzen verbunden, sofern die Beloh-
nungen ihren Bedürfnissen entsprechen (Maslach/Schaufeli/
Leiter, 2001). Die im Rahmen der transaktionalen Führung
definierten Ziele haben einen kurzfristigen Zeithorizont und
sind dadurch für jüngere und ältere Mitarbeiter gleichermaßen
erreichbar und inspirierend.
Die Arbeitserfahrung der Mitarbeiter als Rahmenbedingung
In Anlehnung an die gängige Literatur definieren wir Arbeits-
erfahrung (Job Tenure) als die Verweildauer auf der aktuellen
Position. Arbeitserfahrung ist abzugrenzen von der Betriebs-
zugehörigkeit, da Personen, die mehrmals innerhalb eines Un-
ternehmens die Position gewechselt haben, zwar eine lange
Betriebszugehörigkeit und somit Betriebserfahrung haben,
aber eine vergleichsweise geringere Arbeitserfahrung auf der
aktuellen Position.
Die Theorie gegenläufiger Prozesse besagt, dass sichmensch-
liche Gemütszustände im Zeitverlauf verändern. Durch eine
Stimulation erfolgt zunächst ein starker Motivationsanstieg,
der sich dann mit der Zeit aber wieder abschwächt, da der
menschliche Körper bestrebt ist, seine Emotionen zu regulie-
ren (Landy, 1978). Sowohl die transformationale als auch die
transaktionale Führung lösen eine solche initiale Stimulation