PERSONALquarterly 3/2017 - page 33

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gestuft, wie exemplarisch eine Aussage (B) belegt: „Es müssen
ja schon alle den gleichen Prozess durchlaufen, damit das da
auch fair zugeht.“
Informationale Gerechtigkeit der internen Personalauswahl
Der Greenbergschen Tradition (1993) folgend, wird im Rahmen
der Studie eine Zweiteilung der interaktionalen Gerechtigkeit
in informationale und interpersonale Gerechtigkeit vorgenom-
men, die jeweils mit drei Subkategorien erfasst werden. Infor-
mationale Gerechtigkeit hängt demnach davon ab, inwiefern
die Bewerber sich erstens ausreichend über den Prozessablauf
informiert fühlen (Subkategorie „Bereitstellung von Informati-
onen zum Prozess“), zweitens ihnen offen und ehrlich begegnet
wurde (Subkategorie „Offenheit/Ehrlichkeit“) und schließlich
drittens, wie die Qualität der Kommunikation der Auswahl-
entscheidung (Subkategorie „Rückmeldung/Feedback“) erlebt
wurde (Abb. 1).
Lediglich drei Befragte fühlten sich ausreichend mit Infor-
mationen hinsichtlich des Prozessablaufs versorgt (C, E und F).
Die anderen (A, B, D, G und H) sind mit der Informationsbereit-
stellung allenfalls teilweise zufrieden. Bspw. wurden fehlende
bzw. fehlerhafte Eingangsbestätigungen von Bewerbungen mo-
niert oder bemängelt, dass während des Bewerbungsprozesses
unklar war, welche Prozessbeteiligten (Führungskräfte, Per-
sonalabteilung, Vorstand, Personalrat) zu welchem Zeitpunkt
welche bewerberspezifischen Informationen erhalten bzw. wei-
tergegeben haben. Das Fazit hinsichtlich dieser Subkategorie
einer Befragten (D) lautet bspw.: „[Das Kreditinstitut] sollte
den Dienstleistungsgedanken auch nach innen leben.“ Und H
ergänzt: „Das ist einfach nicht fair. Ich habe ein Recht, infor-
miert zu werden, hier geht es ja auch um meine Zukunft, und
da erwarte ich einfach, dass man uns Bewerbern gegenüber
Respekt zeigt und uns auf dem Laufenden hält. Muss ich ja bei
meinen Kunden auch.“
Einheitlich hingegen bestätigen alle Befragten unisono,
dass ihnen während des gesamten Prozesses stets offen und
ehrlich begegnet wurde. Ein Mitarbeiter (H) resümiert seine
Wahrnehmungen diesbezüglich: „Es wurde mit offenen Kar-
ten gespielt“, während ein anderer (C) sich davon überzeugt
zeigt, dass „wirklich eine offene und ehrliche Kommunikation
stattgefunden“ hat.
Hinsichtlich der dritten Subkategorie informationaler Ge-
rechtigkeit („Rückmeldung/Feedback“) legen insbesondere
diejenigen, die eine Absage erhalten haben, großen Wert auf
eine angemessene Begründung und Erläuterung der Auswahl-
entscheidung (A, C, D, F und G): „Ein Bewerber hat auch das
Recht zu erfahren, warum er es nicht geworden ist“ (G). Drei
Bewerber (A, C und F) monieren jedoch, kein angemessenes,
nachvollziehbares Feedback erhalten zu haben und fühlen sich
allenfalls mit Floskeln abgespeist: „Da wurde nur gesagt, das
hat halt nicht gereicht! Man hat sich für einen anderen ent-
schieden und fertig“ (C). „Ja, da hat [die Filialleitung] mich
angerufen und gesagt: „Ja, Sie waren ganz toll, Sie haben das
wirklich ganz toll gemacht, aber ich habe mich nicht gegen Sie
entschieden, sondern für jemand anderes.“ Also keine Begrün-
dung, wieso, weshalb, warum“ (A).
Interpersonale Gerechtigkeit der internen Personalauswahl
Hinsichtlich der Erfassung der wahrgenommenen interperso-
nalen Gerechtigkeit der internen Personalauswahl wurden im
Leitfaden drei Subkategorien gebildet. Interpersonale Gerech-
tigkeit hängt demnach erstens davon ab, wie die Mitarbeiter
die persönliche Behandlung durch die zentralen Prozessbetei-
ligten (Führungskräfte und Mitarbeiter der Personalabteilung)
erlebt haben, ob zweitens für die Bewerber ausreichend die
Möglichkeit bestand, eigene Anliegen und Fragen vorzubrin-
gen (Subkategorie „zweiseitige Kommunikation“) und schließ-
lich, ob die im Interview gestellten Fragen von den Bewerbern
nicht als unzulässiger Eingriff in ihre Privatsphäre erlebt wur-
den (Subkategorie „Angemessenheit der Fragen“) (Abb. 1).
Hinsichtlich der ersten Subkategorie interaktionaler Ge-
rechtigkeit erlebten sämtliche Befragten die persönliche Be-
handlung überwiegend positiv. Von den an den Gesprächen
teilnehmenden Unternehmensvertretern fühlten sich die Be-
werber respektvoll und durchweg freundlich behandelt. Die
Gesprächsatmosphäre wurde von allen als angenehm erlebt.
Auffällig häufig werden zeitliche Aspekte (z.B. Geschwindig-
keit und Verlässlichkeit von Terminvereinbarungen, Pünktlich-
keit der Gesprächsteilnehmer, Dauer der Gespräche etc.) im
Rahmen dieser Subkategorie thematisiert. „Ich finde, das ist
ja auch ein bisschen Wertschätzung und Respekt, sich da Zeit
zu nehmen“ (F).
Hinsichtlich der zweiten Subkategorie („zweiseitige Kom-
munikation“) gaben alle Befragten zu Protokoll, dass sie in
ausreichendem Maße eigene Belange und Fragen vorbringen
konnten: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass das so eine einseitige
Geschichte war. Ich habe auch viele Fragen gestellt“ (B).
Schließlich hatte hinsichtlich der dritten Subkategorie („An-
gemessenheit der Fragen“) auch kein Bewerber den Eindruck,
dass im Rahmen des Auswahlprozesses unangemessene Fra-
gen gestellt wurden, die als unzulässiger Eingriff in ihre Privat-
sphäre hätten erlebt werden können. Es wurden keine Fragen
gestellt, „die unter die Gürtellinie“ (C) gingen oder als taktlos
empfunden wurden. „Das sind legitime und absolut angemes-
sene Fragen, finde ich“ (E).
Fasst man die Ergebnisse zusammen, zeigt sich, dass die
Auswahlentscheidung insbesondere dann gerecht erlebt wird
(distributive Gerechtigkeit), wenn transparente Auswahlinstru-
mente eingesetzt und die Auswahlentscheidung den Bewer-
bern nachvollziehbar erläutert wird. Prozedurale Gerechtigkeit
erfordert insbesondere den Einsatz anforderungsbezogener
Auswahlinstrumente und wird vor allem simulationsorien-
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