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PERSONALquarterly 03/17
NEUE FORSCHUNG
_GERECHTIGKEIT
tierten Verfahren (wie bspw. Assessment Centern oder Arbeits-
proben) bescheinigt. Die Auswahlinstrumente sollten zudem
konsistent und einheitlich bei allen Bewerbern gleichermaßen
zum Einsatz kommen und den Bewerbern ausreichend die
Möglichkeit zur Selbstpräsentation ihrer Fähigkeiten und Mo-
tivation bieten. In interaktionaler Hinsicht erwarten die Mitar-
beiter nicht nur umfassende Informationen zum Prozessablauf
und Zwischenstandsmeldungen, sondern auch ein hohes Maß
an Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang. Besondere Aufmerk-
samkeit wird zudem der Angemessenheit der Mitteilung und
Erläuterung des Auswahlergebnisses, insbesondere im Falle
einer Absage, zuteil. Hinsichtlich der persönlichen Behandlung
spielen nicht nur Wertschätzung und Respekt, sondern auch
zeitliche Aspekte (Pünktlichkeit, Gesprächsdauer, Verlässlich-
keit von Terminvereinbarungen, Verfahrensdauer etc.) eine
durchaus kritische Rolle. Und nicht zuletzt sollte den Bewer-
bern die Möglichkeit geboten werden, eigene Belange zu the-
matisieren und sie sollten sich nicht unzulässigen Eingriffen
in ihre Privatsphäre ausgesetzt fühlen. Insgesamt bestätigen
die Untersuchungsergebnisse somit uneingeschränkt Gilli-
lands Modell der Auswahlgerechtigkeit – mit der Ergänzung
um zeitliche Aspekte.
Implikationen für die betriebliche Personalauswahl
Wenn interne Bewerber im Rahmen der Personalbeschaffung
eine Absage erhalten, bleiben sie dennoch Mitarbeiter des
Unternehmens. Deshalb ist es im besonderen Interesse des
Arbeitgebers, dass der Personalbeschaffungsprozess von in-
ternen Bewerbern als gerecht erlebt wird. Aus der hier vor-
gelegten Studie ergeben sich diesbezüglich insbesondere vier
Implikationen: Erstens sollten Personalauswahlinstrumente
eingesetzt werden, die einen hohen Anforderungsbezug zur
zu besetzenden Stelle aufweisen (z.B. Arbeitsprobe, Assess-
ment Center oder anforderungsbezogenes Interview). Bei der
Besetzung von herausgehobenen Führungspositionen ist dies
jedoch nur eingeschränkt möglich, da bspw. Arbeitsproben
oder Assessment Center hier üblicherweise nicht zum Einsatz
kommen. Die zweite Implikation betrifft die proaktive Infor-
mationsweitergabe an die Bewerber. Da diese den Zeitraum
der innerbetrieblichen Bewerbungsphase nicht selten als eine
Phase der Unsicherheit erleben, besteht bei den Bewerbern
ein hohes Informationsbedürfnis, da Informationen hierbei der
Unsicherheitsreduktion dienen. Als dritte Implikation sollte
der Faktor Zeit keinesfalls unterschätzt werden. Mitarbeiter
deuten zeitliche Aspekte (z.B. die Dauer des Verfahrens, die
Verlässlichkeit von Terminvereinbarungen, die Pünktlichkeit
der Auswahlbeteiligten oder die Dauer der Auswahlgespräche)
als Ausdruck von Wertschätzung und Respekt. Und schließ-
lich ist viertens auf die überragende Bedeutung einer ange-
messenen Rückmeldung insbesondere gegenüber abgelehnten
Bewerbern hinzuweisen. Die Rückmeldung sollte hierbei im
Rahmen der internen Personalbeschaffung in Form eines
persönlichen Gesprächs mit einer präzisen, für den Bewerber
nachvollziehbaren Begründung erfolgen. Allerdings fürchten
Recruiter nicht selten die Konsequenzen des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und flüchten sich daher in
unpräzise, floskelhafte Formulierungen.