wirtschaft und weiterbildung 11-12/2016 - page 35

wirtschaft + weiterbildung
11/12_2016
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Führungsstil: Pfeffer analysiert Donald Trumps Erfolge
So präsentiere sich Trump immer wieder als erfolgreicher
Geschäftsmann. Und mit Erfolg verbänden die Menschen
in den USA nun einmal ausschließlich positive Eigenschaf-
ten. Wenn sie nun einerseits glaubten, dass Trump reich
und erfolgreich sei, auf der anderen Seite aber sähen, dass
er inkompetent sei, dann erzeuge das eine sogenannte
„kognitive Dissonanz“. Und weil Menschen nicht gut mit
widersprüchlichen Informationen umgehen könnten, deu-
teten sie Trumps negative Eigenschaft einfach solange um,
bis sie positiv geworden sei. Das sei ein bekanntes (und oft
in Experimenten bestätigtes) Phänomen.
Dazu kommt laut Pfeffer noch, dass Menschen das starke
Bedürfnis haben, die Welt als einen fairen Platz zu erle-
ben. Wenn nun jemand erfolgreich und gleichzeitig fies sei,
dann verletze das dieses Weltbild. Aber weil Trumps Repu-
tation vor allem auf seinem angeblichen Reichtum basiere,
werde er nach dem Motto „Reiche sind schlau“ eben auch
als kompetent wahrgenommen, ganz egal, was er tue und
sage. Denn die Menschen wollten nun mal eine logisch kon-
sistente Welt. Diesen Eindruck könne man nur aufheben,
wenn man seinen Geschäftserfolg genauer analysiere, aber
nicht, indem man seine Ausfälle oder seine sich ständig
ändernden Positionen kritisiere.
„Wiederhole eine Lüge oft und sie wird geglaubt“
Mit der ständigen Betonung seines angeblichen Reichtums
nutze Trump noch einen anderen Trick: „Behauptungen
werden oft durch Wiederholung zur Realität.“ Man müsse
nur eine Geschichte oft und überzeugend genug wiederho-
len, dann werde sie als real wahrgenommen – und zwar
egal, ob man die Wahrheit sage oder lüge. Für Pfeffer ist
das eine wichtige Lektion für Führungskräfte.
Weil er seine Meinung oftmals schnell ändere, werde Trump
vorgeworfen, er sei nicht authentisch. „Doch gute Leader
müssen nicht authentisch sein“, betont der Stanford-Pro-
fessor Pfeffer. „Führungskräfte müssen pragmatisch sein.
Sie müssen das tun, was notwendig ist, um ihre Ziele zu
erreichen und ihre Machtposition zu erhalten.“ Auch die
Forderung nach transparenten Beziehungen, bei denen
der andere wisse, was man wirklich über ihn denke, seien
Unsinn. Denn wer am Arbeitsplatz seine wahre Meinung
sage, habe meist das Nachsehen – auch wenn er sogar
explizit zu einem ehrlichen Feedback aufgefordert worden
Praktische Psychologie.
Bereits im Dezember 2015 sagte Stanford-Professor Jeffrey Pfeffer
im US-Magazin „Fortune“ voraus, dass der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump in den
Umfragen länger führen werde als viele dächten. Grund dafür seien bestimmte, gut belegte sozial-
psychologische Mechanismen.
Donald Trump.
Der US-Präsidentschaftskandidat lügt,
leistet sich Entgleisungen und beleidigt seine Gegner –
trotzdem halten seine Anhänger zu ihm.
sei. Die Fähigkeit, seine eigenen Ansichten zu unterdrü-
cken, sei eine wesentliche Eigenschaft, um am Arbeits-
platz zu überleben und voranzukommen, behauptet der
Professor. Undurchschaubar zu sein, werde umso wichti-
ger, je höher man in der Hierarchie aufsteige. Denn „oben“
brauche man die anderen auf seiner Seite. Statt ehrlich
gegenüber sich selbst zu sein, müssten Führungskräfte
daher mehr darauf achten, was andere oder die Situation
von ihnen erwarteten. Pfeffer: „Ob Trump authentisch ist
oder nicht, ist für seinen Erfolg egal.“
„Desinterese an Details wird zur Falle“
Auch seine ausgeprägten narzisstischen Züge schadeten
Trump nicht unbedingt. Schließlich zeige die Forschung,
dass Narzissten aufgrund ihres oft ausgeprägten Selbst-
vertrauens und ihrer Extraversion nicht nur gut zur Füh-
rungskraft geeignet seien, sondern häufiger auch in
Assessments für entsprechende Positionen ausgewählt
würden. Gerade in Umbruchsituationen könnten sie inspi-
rieren und die Dinge voranbringen. Allerdings gebe es an
Narzissten auch negative Seiten, die ihren Erfolg torpedie-
ren könnten. Narzissten seien oft zu empfindlich gegen-
über Kritik und nicht empathisch genug. Sie könnten nicht
zuhören und hätten eine Abneigung gegenüber alltäglichen
Details. Das könne für Trump zur Falle werden.
Bärbel Schwertfeger
Foto: Joseph Sohm / Shutterstock.com
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