PERSONALquarterly 2/2018 - page 50

PERSONALquarterly 02/18
50
STATE OF THE ART
_ENTSENDUNG
S
eit Auslandsentsendungen im Zuge der Globalisie-
rung zu einem festen Bestandteil der Personalarbeit
international agierender Unternehmen geworden
sind, wird deren Ineffektivität beklagt. Frühzeitige
Rückkehr, Unzufriedenheit der Entsandten und deren Fami-
lienmitglieder oder überdurchschnittliche Kündigungsquoten
nach der Rückkehr gelten als Indikatoren einer verfehlten Ent-
sendungspolitik. Zum Teil basiert diese Argumentation auf
nicht belastbaren oder gar nicht vorhandenen Daten und einem
unzureichenden Messkonzept. So ist die frühzeitige Rückkehr
ein schlechter Indikator für Misserfolg, wenn diese darin be-
gründet liegt, dass das Entsendungsziel frühzeitig erreicht
wurde. Diese methodischen Probleme sollten aber nicht über
die inhaltlichen hinwegtäuschen (Harzing/Christensen, 2004).
So führen laut einer aktuellen Befragung von entsendenden
Unternehmen nur 22% der Befragten eine systematische
Personalauswahl durch, nur in 18% der Unternehmen ist die
Reintegration systematisch mit dem Karrieremanagement ver-
knüpft und eine echte Erfolgsmessung jenseits der Erfassung
der Kosten findet nur in Einzelfällen statt (BGRS, 2016). Vor
diesem Hintergrund wollen wir die empirischen Befunde zur
Effektivität von Personalmanagementmaßnahmen im Rahmen
der Entsendungspolitik vorstellen. Dabei gehen wir insbeson-
dere auf die Kandidatenauswahl, vorbereitende Trainingsmaß-
nahmen, die kulturelle Anpassung während der Entsendung
und die Rückintegration ein.
Wie sollten Auslandsentsandte ausgewählt werden?
Wollen Unternehmen Mitarbeiter ins Ausland entsenden,
kommt zumeist aufgrund notwendiger fachlicher Expertise
und anderen Erfahrungen nur eine begrenzte Anzahl an Kan-
didaten überhaupt infrage. Trotzdem kommt der richtigen
Auswahl von Auslandsentsandten eine hohe Bedeutung zu,
da Fehlentscheidungen zu hohen Kosten und unzufriedenen
Entsandten führen können. In einer Meta-Analyse haben Mol,
Born, Willemsen und Van Der Molen (2005) empirische Er-
gebnisse zu den häufigsten Auswahlkriterien zusammenge-
fasst (siehe Abb. 1). Untersucht haben die Autoren vor allem
Zusammenhänge zwischen verschiedenen Eigenschaften
des Entsandten und der Leistung während der Entsendung.
Persönlichkeit, gemessen über die Big-Five-Persönlichkeitsdi-
mensionen, hat einen geringen Einfluss. Am wichtigsten von
den fünf Faktoren sind Extraversion und Gewissenhaftigkeit,
beide zu r = 0,17 mit Leistung während der Entsendung korre-
liert. Bemerkenswert ist, dass Alter und Geschlecht wie auch
vorherige Auslandserfahrungen keinen bedeutsamen Zusam-
menhang mit Leistung zeigen, es also unerheblich für die Leis­
tung ist, ob ein Mitarbeiter bereits vorher schon im Ausland
tätig war. Insgesamt zeigen sich also nur kleinere Zusam-
menhänge verschiedener Eigenschaften oder Erfahrungen mit
Von
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim) und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
(Hochschule Koblenz)
Aus den Augen, aus dem Sinn?
Auslandsentsendung erfolgreich gestalten
Quelle: Mol, Born, Willemsen und Van Der Molen (2005)
Abb. 1:
Einflussfaktoren auf die Leistung von
Auslandsentsandten
k
N
r
c
Extraversion
12
1114
0,17
Emotionale Stabilität
12
1189
0,10
Verträglichkeit
11
1021
0,11
Gewissenhaftigkeit
11
1023
0,17
Offenheit für Erfahrungen
11
1023
0,06
Geschlecht
5
690
-0,05
Alter
3
490
0,05
Entsendungsdauer
6
1170
0,09
Sprachkenntnisse
5
496
0,19
Vorherige Auslandserfahrungen
6
938
0,02
k = Anzahl der Studien
N = gesamte Stichprobengröße
r
c
= um Reliabilität korrigierter Korrelationskoeffizient
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...64
Powered by FlippingBook