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PERSONALquarterly 02/18
NEUE FORSCHUNG
_ORGANISATIONSENTWICKLUNG
standen die Erfahrungen mit Gründungsteams und die An-
forderungen von Gründern hinsichtlich des Gründungsteams.
Der Leitfaden wurde mit jedem zusätzlich geführten Interview
weiter verfeinert und neue Themenkomplexe berücksichtigt,
wie etwa typische Barrieren von Gründungsteams.
Um sicherzustellen, dass ein realistischer und umfassender
Einblick in das Themenfeld gelingt, wurde eine theoretisch fun-
dierte Stichprobenziehung bei der Auswahl der Interviewpart-
ner vorgenommen, die durch die beiden Fragen geleitet wurde:
1. Wo ist das meiste Wissen über Teammatching von Grün-
dungsteams vorhanden?
2. Welche Personen besitzen dieses Wissen?
Es ist realistisch davon auszugehen, dass vor allem in den Grün-
dungszentren der Hochschulen Expertenwissen hinsichtlich
des Teammatchings vorhanden ist, da hier mehrere Dutzend
Gründungsprojekte pro Jahr betreut werden. Um die unter-
schiedlichen, individuellen Perspektiven zu erfassen, wurden
sowohl verschiedene Managementebenen als auch Personen-
gruppen befragt. Zu den Interviewpartnern der Leitungsebene
aus den hochschuleigenen Gründungszentren gehörten zwei
Professoren mittelgroßer Hochschulen (bis zu 5.000 Studie-
rende), die ein hochschulweites Gründungszentrum leiten und
ausgewählten Start-ups als Mentoren zur Verfügung stehen;
der Geschäftsführer eines landesweiten Vereins zur Förderung
von Gründungsaktivitäten an landesweiten Hochschulen, der
die landesweiten Förderprogramme koordiniert und neue Be-
ratungs- und Betreuungsprogramme für Gründungen etabliert
sowie politische Entscheidungsträger zur Verbesserung des
landesweiten Gründungsklimas berät; außerdem ein leiten-
der Mitarbeiter einer großen Hochschule (mehr als 20.000
Studierende), der die Beratungsleistung für hochschulweite
Gründungsprojekte kontinuierlich verbessern möchte, das
Kontaktnetzwerk des Gründungszentrums in die Wirtschaft
ausbaut und Gründungsteams betreut. Interviewpartner auf
der operativen Ebene waren eine Mitarbeiterin im Gründungs-
service einer mittelgroßen technischen Hochschule, deren Auf-
gaben die Betreuung und Beratung von Gründungsteams sowie
die Analyse des Coachingbedarfs umfasst, und zwei Gründer,
die als Einzelperson oder in einem Team ein konventionelles
oder ein technologieorientiertes Start-up gegründet haben.
Quantitative Datenerhebung
Auf der Grundlage der durchgeführten Interviews wurden
zwei Fragebögen konzipiert und in unabhängigen Online-Be-
fragungen eingesetzt. Zum einen wurden Gründungspersonen,
sowohl Einzelgründer als auch Teamgründer, und zum anderen
Gründungsberater an Hochschulen befragt. Es wurden durch-
gehend siebenstufige Likert-Skalen verwendet. Durch den
Fragebogen werden die persönlichen Erwartungen der beste-
henden Gruppenmitglieder an ein neues Teammitglied sowie
gewünschte Fähigkeiten und Qualifikationen erfasst. Ebenso
haben bestehende Teams die Möglichkeit, die Bedeutung ver-
schiedener Barrieren für neue Teammitglieder aus ihrer Sicht
zu bewerten.
Ergebnisse
Zunächst werden die Ergebnisse der Interviews, dann die Re-
sultate der Online-Befragung dargestellt. Aus den Interviews
sind folgende Muster erkennbar:
3
Gründungsteams benötigen oftmals ein zusätzliches Team-
mitglied mit komplementären Fähigkeiten, da ein spezieller
Themenbereich, wie Marktanalyse oder Finanzplanung,
nicht durch bestehende Mitglieder bewältigt werden kann.
3
Die Teams sind generell nicht interdisziplinär genug, um
die Kompetenzen abzudecken, die für eine erfolgreiche
Gründung benötigt werden. Gründungsteams neigen dazu,
denselben fachlichen Hintergrund zu haben. Bspw. verfü-
gen Teams aus Wirtschaftswissenschaftlern nicht über tech-
nisches Fachwissen für die Produktentwicklung, Teams aus
Naturwissenschaftlern sind nicht in der Lage, ein Geschäfts-
modell oder eine Organisation zu entwerfen.
3
Informatiker/Programmierer fehlen. Mangelnde Program-
mierkenntnisse sind ein Risiko für den Entwicklungsprozess
von Start-ups im Software-Segment.
3
Individuelle Kompetenzen sind zwar wichtig für den Team
erfolg, jedoch ist die gute Zusammenarbeit der Teammit-
glieder zumeist ebenso erfolgskritisch.
Es konnten 608 Gründungspersonen identifiziert werden, die
zwischen 2011 und 2014 an einer brandenburgischen Hoch-
schule betreut wurden. Die Rücklaufquote der Erhebung beträgt
8,7% (53 Fragebögen von 608 Personen) – für eine Online-
Befragung leicht überdurchschnittlich. Es wurden 43 Grün-
dungsberater an hochschulnahen Gründungszentren im Jahr
2015 ermittelt. Zehn komplette Fragebögen konnten aus dieser
Grundgesamtheit gewonnen werden (Rücklaufquote: 23,3%).
In der Stichprobe der Gründungspersonen haben etwa gleich
viele Personen ein nicht-technologieorientiertes Unternehmen
(n=25) oder ein technologieorientiertes Unternehmen (n=28)
gegründet. Die Befragten sind tendenziell älter als 30 Jahre. Es
sind mehr Männer (n=39) als Frauen (n=14) in der Stichprobe
vorhanden. Von 38 befragten Teamgründern ist die Mehrheit
(27) in einer technologieorientierten Gründung aktiv. Nur ein
technologieorientiertes Gründungsvorhaben wurde von einem
Einzelgründer betrieben. Die befragten Personen sind zum
weit überwiegenden Teil entweder in der Altersgruppe 31-35
Jahre (24) oder über 36 Jahre (27). Jünger als 31 Jahre sind
nur zwölf der befragten Personen. Sowohl die Verteilung nach
Geschlecht als auch nach Alter entspricht den demografischen
Charakteristiken anderer Studien zu Gründungspersonen. So
gründen generell eher Männer als Frauen, und zwar tenden
ziell nachdem sie ihr Studium abgeschlossen haben, was wie-
derum die Altersstruktur der Stichprobe erklärt.