PERSONALquarterly 2/2018 - page 38

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PERSONALquarterly 02/18
NEUE FORSCHUNG
_ORGANISATIONSENTWICKLUNG
D
urch Intrapreneurship bzw. „Unternehmertum im
Unternehmen“ (Gündogdu, 2012) will das Manage-
ment unternehmerisches Denken und Aktivitäten in
verschiedene Ebenen des Unternehmens integrie-
ren. Unternehmerisches Denken als intensive Ausprägung
kreativen, marktzentrierten und proaktiven Handelns wird
mehr und mehr zu einer essenziellen Mitarbeitereigenschaft.
Denn durch die Digitalisierung von Routineaktivitäten rücken
Tätigkeiten wie die Produktentwicklung oder die Erschließung
neuer Marktsegmente in den Vordergrund, die eine hohe Wert-
schöpfung besitzen.
Prominente Beispiele von Unternehmen, die das unterneh-
merische Denken und Verhalten ihrer Mitarbeiter fördern, um
neue Geschäftsfelder zu erschließen oder Tochterunterneh-
men zu gründen, sind 3M, AT&T, Dupont, General Electric und
Genentech (vgl. Haller, 2009). In Spin-offs als kleine und unab-
hängige Einheiten können Innovationen zumeist schneller um-
gesetzt werden, da weniger Hierarchieebenen die Organisation
agiler und fokussierter machen. In der Gründungsphase sind
besonders in technologieintensiven Branchen Teams verbreitet.
Dies ist aus theoretischer Sicht darauf zurückzuführen, dass sie
in komplexen Umwelten mit herausfordernden Entwicklungs-
aufgaben ihre innewohnenden Vorteile im Vergleich zu Einzel-
gründern (vgl Abb. 1) am besten nutzen können.
In der Forschungsliteratur werden Teamgründungen zu-
meist als grundsätzlich erfolgversprechender eingeschätzt.
Neben der Teamkomposition ist vor allem die Zusammenarbeit
im Team und die Effizienz der unterschiedlichen Teamprozesse
für den späteren unternehmerischen Erfolg ausschlaggebend.
Es ist ein Mythos, wenn berichtet wird, dass sich Grün-
dungsteams quasi spontan konstituieren würden. Die Fülle
von Teammatchingdienstleistern (bspw.
e sich vor allem innerhalb der letzten
zwei Jahren formiert haben, sind ein Indikator dafür, dass die
Suche nach neuen Teammitgliedern eine Herausforderung für
viele Gründungsteams darstellt. Dabei werden die Teams oft-
mals von Beratern betreut, die Tipps zur Komplettierung des
Teams geben und aktiv potenzielle Teammitglieder vorstellen.
Aus der Sicht des Personalmanagements stellt sich die zent­
rale Frage, welche Anforderungen Gründungsteams, Einzel-
Teammatching für Gründungsteams
Von
Prof. Dr. Christian Schultz
(Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur Berlin)
Quelle: Kollmann 2004, S. 46; Halberstadt/Welpe 2008, S. 62
Abb. 1:
Vor- und Nachteile von Teamgründungen
Vorteile
Nachteile
Kapazitäten
Es stehen mehr Kapazitäten für
die Unternehmenssteuerung
zur Verfügung (größere persön-
liche Netzwerke, mehr Kapital,
Vertretungsmöglichkeit).
Potenzielle Konfliktbereiche
Es existiert ein höheres Konflikt-
potenzial (Mobbing, Group Think,
Risikoverschiebung).
Homogene Teams tendieren zur
Einseitigkeit in ihren Analysen und
Entscheidungen.
Wenn ein Mitglied ausschließlich
seine eigenen Ziele verfolgt oder
dessen Arbeitseinsatz unverhält-
nismäßig zur Gewinnbeteiligung
ist, entsteht viel Konfliktpotenzial,
das wiederum den Unternehmens-
erfolg gefährdet.
Entscheidungen müssen gemein-
sam getroffen werden. Das kann
mangelnde Flexibilität und Schnel-
ligkeit sowie erhöhtes Konfliktpo-
tenzial zur Folge haben.
Gruppenzwänge können einzelne
Mitglieder daran hindern, ihr
Potenzial voll auszuschöpfen.
Kombination und Kompensation
Fähigkeiten und Erfahrungen
der Gründer können kombiniert
werden, wodurch höheres
Innovations- und Umsetzungs-
potenzial entsteht.
Teamgründungen kompensie-
ren die Schwächen Einzelner.
Gründen im Team ist sozi-
alpsychologisch vorteilhaft
(Unterstützung, Sicherheit,
Motivation).
Zusammenarbeit
Unterschiedliche Eigenschaften,
Einstellungen oder Ziele zeigen
sich erst häufig nach einer ge-
meinsamen Arbeitsphase.
Entscheidungsprozesse gestalten
sich tendenziell länger.
Die Möglichkeiten zur Selbstver-
wirklichung und Durchsetzung
individueller Ziele werden bei
zunehmender Anzahl gleichbe-
rechtigter Teammitglieder immer
geringer.
Fluktuation im Gründungsteam
kann zur Auflösung des Teams
führen.
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