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02/18 PERSONALquarterly
stress oder die übersteigerte Verausgabungsneigung ausgeprägt
sind, desto stärker ist auch die psychische Beanspruchung. Am
stärksten ist die psychische Beanspruchung bei Personen aus-
geprägt, die viel Arbeitsstress erleben und zugleich über eine
starke übersteigerte Verausgabungsneigung verfügen. Dies ent-
spricht den Grundannahmen der Theorie der Gratifikationskri-
se, die sich somit für die Gruppe helfender Berufe bestätigen.
Religiosität zeigt nur in einer ihrer fünf Dimensionen (öf-
fentliche Praxis) einen negativen Zusammenhang mit der psy-
chischen Beanspruchung in helfenden Berufen. Je häufiger
Gottesdienste besucht werden oder Engagement in der Gemeinde
der Gratifikationskrise über eins liegt (vgl. Siegrist et al., 2004,
S. 1487). Zugleich liegt der durchschnittliche Wert der psychi-
schen Beanspruchung in einemmoderaten Bereich, der für eine
gute psychische Gesundheit der Teilnehmer/-innen spricht.
Zur Überprüfung der aufgestellten Hypothesen wurde eine
hierarchische lineare Regressionsanalyse mit psychischer Be-
anspruchung als abhängiger Variable in drei Schritten durchge-
führt. Im ersten Schritt (Modell 1) wurden die Kontrollvariablen,
im zweiten Schritt (Modell 2) die unabhängigen Variablen sowie
die Moderatorvariablen und im dritten Schritt (Modell 3) die
Interaktionsterme in die Analyse aufgenommen (vgl. Abb. 3).
Von den Kontrollvariablen zeigt das Innehaben einer Füh-
rungsposition einen schwachen, signifikant negativen Einfluss
(
β
= -0,07) auf die psychische Beanspruchung: Führungskräfte
verspüren demnach eine geringere psychische Beanspruchung
als Personen ohne Führungsverantwortung. Die Variablen
Gratifikationskrise und übersteigerte Verausgabungsneigung
zeigen den erwarteten, signifikant verstärkenden Effekt auf
die psychische Beanspruchung (
β
= 0,25 bzw.
β
= 0,41). Die
Hypothesen H1 und H2 können demnach bestätigt werden.
Auch eine der Religiositätsdimensionen, öffentliche Praxis,
steht in einem signifikanten, negativen Zusammenhang mit der
psychischen Beanspruchung (
β
= -0,11): Je stärker die öffentliche
Praxis ausgeprägt ist, desto geringer ist die psychische Bean-
spruchung. Der Anteil der erklärten Varianz ist mit 33% relativ
hoch. Die unabhängigen Variablen und die Moderatorvariablen
(die Gratifikationskrise, die übersteigerte Verausgabungsnei-
gung und die Religiositätsdimensionen) erklären somit einen
recht großen Anteil der psychischen Beanspruchung. Kaum
mehr Erklärungsgehalt hat das dritte Modell mit 34% erklärter
Varianz. Während keine der Religiositätsdimensionen einen mo-
derierenden Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Gratifi-
kationskrise und psychischer Beanspruchung hat (Hypothese
H4 muss somit abgelehnt werden), moderiert die übersteigerte
Verausgabungsneigung wie erwartet den Zusammenhang zwi-
schen Gratifikationskrise und psychischer Beanspruchung (
β
= 0,11). Hypothese H3 kann somit bestätigt werden: Je stärker
die übersteigerte Verausgabungsneigung ausgeprägt ist, desto
intensiver ist der verstärkende Zusammenhang zwischen Grati-
fikationskrise und psychischer Beanspruchung.
Diskussion und Schlussfolgerungen
Ziel der vorliegenden Studie war es, aufzudecken inwieweit
Religiosität als Puffer zwischen Arbeitsstress und psychischer
Beanspruchung in helfenden Berufen wirkt. Darüber hinaus
wurde geprüft, ob die postulierten Zusammenhänge der The-
orie der Gratifikationskrise für eine Stichprobe von Personen
aus helfenden Berufen zutreffen. Die Ergebnisse zeigen, dass
sowohl Arbeitsstress (in Form der Gratifikationskrise) als auch
die übersteigerte Verausgabungsneigung positiv mit der psychi-
schen Beanspruchung zusammenhängen. Je höher der Arbeits-
Quelle: Eigene Darstellung
Modell 1 Modell 2 Modell 3
Kontrollvariablen
Geschlecht
n.s.
n.s.
n.s.
Alter
n.s.
n.s.
n.s.
Führungsposition
Unabhängige Variablen
Gratifikationskrise (GK)
(H1)
+
+
Verausgabungsneigung (H2)
+
+
Intellekt
n.s.
n.s.
Ideologie
n.s.
n.s.
öffentliche Praxis
private Praxis
n.s.
n.s.
Erfahrung
n.s.
n.s.
Moderatoren
GK*Verausgabungsneigung (H3)
+
GK*Intellekt
(H4a)
n.s.
GK*Ideologie
(H4b)
n.s.
GK*öffentliche Praxis
(H4c)
n.s.
GK*private Praxis
(H4d)
n.s.
GK*Erfahrung
(H4e)
n.s.
Abb. 3:
Hierarchisch lineare Regressionsanalyse
Anmerkungen: Abhängige Variable: Psychische Beanspruchung
„ –“ = negativer Zusammenhang
„+“ = positiver Zusammenhang
„n.s.“ = nicht signifikant
1...,37,38,39,40,41,42,43,44,45,46 48,49,50,51,52,53,54,55,56,57,...64
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