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02/18 PERSONALquarterly
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s ist bekannt, dass subjektiv wahrgenommene Über
qualifizierung diverse arbeitsbezogene Einstellungen
und Verhaltensweisen negativ beeinflusst. Doch Tri
ana et al. weisen auf ein darüber hinausgehendes
Problem hin: Übersteigen Bildungsniveau, Fähigkeiten, Erfah
rungen etc. die Anforderungen des Jobs, geht dies häufig mit
dem Gefühl einher, ungerecht behandelt zu werden: Der Be
troffene glaubt, dass ihm Ressourcen vorenthalten werden, die
ihm (z.B. qua Qualifikationen) eigentlich zustehen. In der Folge
steigt die Sensibilität und die Toleranzgrenze für unfaire Be
handlung sinkt. Dies untersuchten Triana et al. am Beispiel von
subjektiv wahrgenommener Diskriminierung auf Basis des Al
ters durch Vorgesetzte. Das Ergebnis einer Umfragestudie mit
235 US-amerikanischen Befragten war, dass Arbeitnehmer, die
sich als überqualifiziert für ihren Job wahrnehmen, stärker auf
ungleiche Behandlung auf Basis ihres Alters reagieren – mit
stressbedingten Beschwerden und Rückzugsverhalten (z.B. zu
spät zur Arbeit erscheinen, Pausen verlängern). Diese Befunde
bestätigten sich, wenn Überqualifizierung und Diskriminie
rung durch eine Person aus dem unmittelbaren Umfeld des
Befragten – überwiegend Kollegen – eingeschätzt wurde. Die
Diskriminierung von Mitarbeitern auf Basis des Alters könnte
mit dem demografischen Wandel und dadurch steigender
Altersdiversität an Brisanz gewinnen. Noch weitreichender
sind jedoch die Implikationen hinsichtlich wahrgenommener
Überqualifizierung, denn diese könnte grundsätzlich die To
leranzgrenze für ungleiche Behandlung nach unten verschie
ben. Dies ist problematisch, da wir grundsätzlich dazu neigen,
eigene Leistungen und Qualifikationen zu überschätzen. Dem
kann allerdings mit Leistungsfeedback von mehreren Quel
len und mit zusätzlichen, herausfordernderen Aufgaben oder
größerer Autonomie (z.B. bei der Arbeitsplanung) begegnet
werden. Am einfachsten lässt sich jedoch mit entsprechender
Wertschätzung von Qualifikationen gegensteuern, sofern dies
der Leistung des Mitarbeiters angemessen ist.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
Überqualifizierung schadet
doppelt
María del Carmen Triana
(U. of Wisconsin-Madison),
Tiffany
Trzebiatowski
(U. of Massachusetts-Amherst) &
Seo-Young
Byun
(U. of Wisconsin-Madison): Lowering the threshold for
feeling mistreated: Perceived overqualification moderates the
effects of perceived age discrimination on job withdrawal and
somatic symptoms. Human Resource Management, 2017, Vol.
56, No. 6, 979-994.
S
exuelle Aktivität hat einen nachweislich positiven Ef
fekt auf die Stimmung und das allgemeine körperliche
und psychische Wohlbefinden. Diese Erkenntnis rückt
zunehmend in den Fokus der Managementforschung.
o untersuchten Leavitt und Kollegen nun potenzielle Spill
over-Effekte von sexueller Aktivität im Privaten auf das Erle
ben und Verhalten am Arbeitsplatz. Speziell gingen sie davon
aus, dass regelmäßiger Sex den positiven Affekt stärkt und
dadurch sowohl die Arbeitszufriedenheit als auch das Engage
ment bei der Arbeit erhöht wird.
Als methodischen Zugang wählten die Autoren ein Studi
endesign basierend auf regelmäßigen Tagebuchabfragen. Die
159 Studienteilnehmer füllten über einen Zeitraum von zwei
Wochen jeweils morgens vor der Arbeit, nachmittags bei der
Arbeit und abends vor dem Zubettgehen einen Online-Frage
bogen aus. Voraussetzungen zur Teilnahme waren, dass die
Teilnehmer mindestens 30 Stunden die Woche arbeiteten, ver
heiratet waren und mit ihrem Partner zusammenlebten. Um
mögliche weitere Einflussfaktoren zu identifizieren, erhoben
die Autoren verschiedene Kontrollvariablen wie z.B. die aktu
elle Ehezufriedenheit und Stressoren bei der Arbeit.
Die Ergebnisse zeigen, dass Teilnehmer am folgenden Mor
gen einen höheren positiven Affekt berichteten, wenn sie am
Vorabend bzw. in der Nacht zuvor Sex hatten. Dieser Effekt
war unabhängig von der Höhe der ehelichen Zufriedenheit.
Vermittelt über den positiven Affekt wirkte sich Sex ferner po
sitiv auf die tägliche Arbeitszufriedenheit und auf das tägliche
Engagement bei der Arbeit aus. Konflikte zwischen Arbeit und
Privatleben (z.B. „Als ich heute von der Arbeit nach Hause
kam, war ich zu erschöpft, um an Familienaktivitäten teilzu
nehmen“) reduzierten die Wahrscheinlichkeit, am Abend Sex
zu haben. Insgesamt unterschieden sich die Ergebnisse nicht
zwischen Männern und Frauen.
Die Studie erweitert die Befundlage rund um das Thema
„Work-Life-Enrichment“ und zeigt, dass Sex – ein relativ häu
figes und banales Verhalten – sich eindeutig positiv auf das
tägliche Arbeitsleben auswirkt.
Besprochen von
Dr. Annika L. Meinecke
, Lehrstuhl für Arbeits-,
Organisations- und Sozialpsychologie, Universität Hamburg
Spillover-Effekte sexueller
Aktivität
K. Leavitt
(Oregon State University),
C. M. Barnes
(University
of Washington),
T. Watkins
(University of Washington) &
D.
T. Wagner
(University of Oregon): From the bedroom to the
office: Workplace spillover effects of sexual activity at Home.
Journal of Management, 2017, pp. 1-20.