PERSONALquarterly 2/2018 - page 24

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PERSONALquarterly 02/18
SCHWERPUNKT
_GESUNDHEIT
D
ie durch psychische Erkrankungen bedingten Fehl-
zeitentage haben von 2005 bis 2016 um 79,3% zu-
genommen (Meyer/Wehner/Cichon, 2017). Genau
wie bei weiteren häufig vorkommenden Krank-
heitstypen wie Muskel- und Skeletterkrankungen oder Herz-
Kreislauf-Erkrankungen spielen auch bei den psychischen
Erkrankungen u.a. Arbeitsverhältnisse eine wichtige Rolle
für das Erkrankungsrisiko (z.B. Kaluza, 2009). Im Sinne eines
verhältnispräventiven Ansatzes rücken daher zunehmend
Führungskräfte und ihr Einfluss auf die Gesundheit ihrer Mit-
arbeitenden in den Fokus. Aktuelle metaanalytische Befunde
bestätigen die wichtige Rolle der Führungskraft: positives
Führungsverhalten (z.B. hohe Beziehungsorientierung, gute
Austauschbeziehungen, inspirierende Führung, Qualität und
Frequenz der Informationsweitergabe) fördert das Wohlbefin-
den der Mitarbeitenden ebenso wie es negative gesundheit-
liche Folgen (z.B. Stress oder Burn-out) reduziert (Montano/
Reeske/Franke/Hüffmeier, 2017). Zudem gibt es Hinweise,
dass gesundheitsgerechte Führung mit einem verringerten
Risiko für Frühverrentung einhergeht (Kuoppala/Lammin-
pää/Liira/Vainio, 2008). Destruktives Führungsverhalten,
d.h. Verhalten der Führungskraft, das als hinderlich oder
feindlich wahrgenommen wird, zeigt hingegen genau gegen-
teilige Effekte, also ein erhöhtes Stresserleben und weniger
Wohlbefinden (Montano et al., 2017; Schyns/Schilling, 2013).
Warum haben Führungskräfte einen so starken Einfluss auf
die Gesundheit der Mitarbeitenden?
Aber wie kommt es, dass Führungskräfte einen so starken Ein-
flussaufdieGesundheitihrerMitarbeitendenhaben?Franke,Du-
cki und Felfe (2015) erklären dies über vier Wirkmechanismen:
(1) direkter Einfluss (Verhalten der Führungskraft sowie die
Beziehung zu Mitarbeitenden beeinflusst direkt deren Wohl-
befinden), (2) indirekter Einfluss (u.a. über die Gestaltung von
Arbeitsbedingungen), (3) eigene Betroffenheit der Führungs-
kräfte (Relevanz der Gesundheit der Führungskräfte selbst)
und (4) Modelllernen (gesundheitsgerechtes Verhalten als Füh-
rungskraft vorleben). Dies verdeutlicht, dass es sowohl ent-
scheidend ist, wie Mitarbeitende gesundheitsgerecht geführt
werden (Staff Care) als auch wie Führungskräfte mit sich selbst
Gesund führen, aber wie? Wie die Förderung
von Self Care und Staff Care gelingt
Von
Dr. Eva-Maria Schulte
(Technische Universität Braunschweig),
Prof. Dr. Jessica Lang
(RWTH Aachen University) und
Prof. Dr. Simone Kauffeld
(Technische Universität Braunschweig)
und ihrer eigenen Gesundheit umgehen (Self Care). Diese bei-
den Komponenten sowie die zugrunde liegenden Wirkmecha-
nismen stellen wir im Folgenden genauer vor.
Staff Care
Studien zum Staff Care nutzen unterschiedliche Führungsan-
sätze, um gesundheitsgerechtes Führungsverhalten zu erfas-
sen. Besonders häufig werden hierbei die transformationale
Führung und Leader-Member-Exchange (LMX) untersucht (vgl.
Montano et al., 2017). Die transformationale Führung stellt da-
bei das inspirierende, wertschätzende und unterstützende Ver-
halten der Führungskraft in den Fokus. LMX betont hingegen
insbesondere die Relevanz einer guten Austauschbeziehung
zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden, welche durch
gegenseitigen Respekt, Vertrauen, Unterstützung und Loyalität
gekennzeichnet ist.
Unabhängig von dem konkreten Führungsansatz zeigt die-
ses positive Führungsverhalten einen direkten Einfluss auf
das Wohlbefinden der Mitarbeitenden: faires Verhalten, ein
freundschaftliches, fürsorgliches Verhältnis, wahrgenommene
Unterstützung und eine offene Kommunikation sind hierbei
ebenso wichtig wie Feedback und Anerkennung (z.B. Franke
et al., 2015). Die besondere Rolle der Wertschätzung durch die
Führungskraft wird u.a. in einer aktuellen Studie von Winkler
und Kollegen (2015) deutlich: Über einen Zeitraum von sechs
Monaten zeigte sich, dass eine positive Änderung im Verhalten
der Führungskraft zu einer positiven Änderung des Wohlerge-
hens der Mitarbeitenden führt. Nimmt das positive Feedback,
die soziale Unterstützung und die aufgabenbezogene Kommu-
nikation zu, berichten Mitarbeitende nicht nur eine höhere
Arbeitszufriedenheit, sondern auch ein besseres Wohlbefin-
den. Genauer betrachtet zeigt sich, dass hierbei vor allem das
positive Feedback für das Wohlergehen der Mitarbeitenden
entscheidend ist.
Zudem können Führungskräfte die Gesundheit ihrer Mit-
arbeitenden indirekt durch die Gestaltung von Arbeitsbe-
dingungen beeinflussen. Studien bestätigen, dass positives
Führungsverhalten einhergeht mit einer größeren Rollenklar-
heit, mehr wahrgenommenem Handlungsspielraum, besseren
Entwicklungsmöglichkeiten sowie angemessenen und klaren
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