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PERSONALquarterly 02/18
SCHWERPUNKT
_GESUNDHEIT
halt) sollten daher ernst genommen werden. Das sachorien
tierte Ansprechen von „Problemen“ oder „Arbeitsaufgaben“
(nicht: „Ängsten“) kann auch ein Weg sein, mit Mitarbeitern
ins Gespräch zu kommen. Besteht der Eindruck, dass es sich
um relevante Leistungsprobleme handelt, die möglicherwei
se mit psychischen Beschwerden zu tun haben, kann den Be
troffenen auch ein Besuch beim Betriebsarzt vorgeschlagen
werden. Wichtig ist hierbei, dass dem Mitarbeiter dies als
Fürsorgeaktion eröffnet wird, um die Missverständnisge
fahr (Mitarbeiterangst: „Droht mir der Rausschmiss?“) zu
minimieren.
5. Führungskräfte können vermeiden, eine unnötige Wett
kampfatmosphäre unter Mitarbeitern zu erzeugen. Verzicht
auf öffentliche Vergleiche und Mitarbeiterrankings können
zu einer ausgeglichenen Teamatmosphäre beitragen. Kri
tische Rückmeldungen sollten im Vier-Augen-Gespräch ge
geben werden.
6. Die Gruppendynamik in der Abteilung und in den verschie
denen Teams sollte im Auge behalten werden (z.B. durch
wöchentliche Teamkonferenzen), um unerwünschte Sub
gruppen-, Koalitions- und Oppositionsbildungen rechtzeitig
zu erkennen und gegensteuern zu können. Hinsichtlich Ver
änderungen im Team hat sich bewährt: so viel wie nötig, so
wenig wie möglich.
Abb. 3:
Inhalte der Arbeits-Coping-Gruppe am Beispiel von vier Sitzungen à 90 min
1. „Stress entsteht im Kopf“: Sich sorgen – aber richtig!
Ziel ist es, die Urteilsfähigkeit zu trainieren, berechtigte wichtige Sorgen von ggf. übertriebenen Sorgen zu unter
scheiden und bzgl. wiederkehrender Alltagssorgen neutrale oder positive Denkalternativen im Sinne einer „neuen
Sprache“ einzuüben.
2. Umgang mit körperlichen Stressreaktionen
Ziel ist es, angstfördernde Annahmen und katastrophisierende Bewertungen hinsichtlich körperlicher Reaktionen zu
vermindern und mittels konkreter Beobachtungen und sachlicher Beschreibungen zu relativieren
3. Selbstbehauptung mit Kollegen und Vorgesetzten
Ziel ist es, ein Verständnis für normale soziale Prozesse und Konflikte an Arbeitsplätzen zu vermitteln. Es soll ggf.
Vermeidungsverhalten bzgl. der aktiven Auseinandersetzung mit sozialen Interaktionssituationen am Arbeitsplatz
vermindert werden. Stattdessen werden hilfreiche aktive Verhaltensweisen für alltägliche Kommunikation an Arbeits
plätzen eingeübt.
4. Arbeitsorganisation
Ziel ist es, bei den Teilnehmern Problemlösekompetenzen für die Umstände, in denen Veränderungen durch eigenes
aktives Handeln möglich sind, zu fördern. Es soll auch die Fähigkeit gestärkt werden, unveränderliche Umstände mit
einer gewissen emotionalen Ausgeglichenheit hinzunehmen, solange es ethisch und moralisch vertretbar ist.
Quelle: Eigene Darstellung
Die bisherigen Forschungen zu Arbeitsängsten und Arbeits
fähigkeitsbeeinträchtigungen zeigen, dass es sich lohnt, et
waige Probleme frühzeitig aktiv anzugehen. Nützlich ist es,
wenn Führung, Gesundheitsbeauftragte im Betrieb (z.B. be
triebsärztlicher und -psychologischer Dienst, Personaler, Ein
gliederungsbeauftragter) ein grundsätzliches Verständnis
für psychische Erkrankungen und Arbeitsängste haben und
damit entsprechende Beobachtungen einordnen und sachlich-
lösungsorientiert angehen können.
Aus den Unterschieden in der Verteilung der Fähigkeits
beeinträchtigungen bei Menschen mit unterschiedlichen Ar
beitsängsten wird deutlich, dass im Einzelfall die Passung der
Arbeit zu den Fähigkeiten des einzelnen Mitarbeiters eine
wichtige Rolle spielt. Die Herstellung eines guten Person-Job-
Fit ist ein wichtiges Thema für die psychische Gefährdungs
beurteilung. Individualisiert fähigkeitsgerechte Arbeitsplätze
können dazu beitragen, Ängsten, angstbedingtem Vermeiden
und Krankschreibungen entgegenzuwirken.