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          PERSONALquarterly  02/18
        
        
          
            SCHWERPUNKT
          
        
        
          _GESUNDHEIT
        
        
          merouti in ihrem Job-Demands-Resources-Modell (2007) als
        
        
          entscheidende Faktoren beschreiben, die negativen Effekte
        
        
          von arbeitsbezogenem Stress zu reduzieren, sondern zielt
        
        
          insbesondere darauf ab, die Bedürfnisse der Beschäftigten zu
        
        
          berücksichtigen (Bass, 1985). Transformationale Führungs-
        
        
          kräfte vermitteln Beschäftigten das Gefühl, Anzeichen von
        
        
          Überforderung zu erkennen und Unterstützung bereitzustel-
        
        
          len (Bass, 1985). Entsprechend erwarten wir, dass Beschäf-
        
        
          tigte den Eindruck haben, transformationale Führungskräfte
        
        
          berücksichtigten eher die Grenze zwischen Arbeit und Pri-
        
        
          vatleben und hätten geringere Forderungen an die Erreich-
        
        
          barkeit außerhalb der Arbeit.
        
        
          Unter transaktionalen CR-Führungskräften dagegen scheint
        
        
          es naheliegender, dass aufgrund des starken Fokus auf eine
        
        
          Quid-pro-quo-Austauschbeziehung Bedürfnisse nach Ab-
        
        
          grenzung von der Arbeit weniger Berücksichtigung finden.
        
        
          Wir erwarten daher, dass Beschäftigte bei transaktionaler
        
        
          CR-Führung eine höhere Erwartung berichten, sie müssten
        
        
          auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar sein. Zieht sich die
        
        
          Führungskraft wie im Fall von transaktionaler MBE-Führung
        
        
          zurück und gibt Beschäftigten das Gefühl, die Zielerreichung
        
        
          zwar zu überwachen, jedoch nur im Notfall einzugreifen, sollte
        
        
          dies wiederum zu weniger Erwartung beitragen, erreichbar
        
        
          sein zu müssen.
        
        
          
            Führungsverhalten und die Bereitschaft, erreichbar zu sein
          
        
        
          Inhärenter Bestandteil transformationaler Führung ist die Idee
        
        
          von „performance beyond expectations“, d.h. Beschäftigte dazu
        
        
          anzuregen, Leistung zu zeigen, die über das geforderte Maß
        
        
          hinausgeht (Bass, 1985). Die Vermittlung eines inspirierenden
        
        
          Ziels führt zu einer Motivationssteigerung, erhöhter Anstren-
        
        
          gungs- und Einsatzbereitschaft. Daher ist zu erwarten, dass
        
        
          transformationale Führung dazu beiträgt, dass Beschäftigte
        
        
          eher bereit sind, auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar
        
        
          zu sein. Gerade transformationalen Führungskräften sollte es
        
        
          gelingen, nicht nur die Angst vor technischen Neuerungen zu
        
        
          nehmen, sondern Beschäftigte zu motivieren, die Chancen und
        
        
          Vorteile digitaler IKT zu nutzen (Yurov/Potter, 2006). Durch
        
        
          Wertschätzung und Unterstützung rücken transformationale
        
        
          Führungskräfte arbeitsbezogene Anforderungen in eine neue
        
        
          Perspektive und stellen diese als Herausforderungen dar (Bak-
        
        
          ker/Demerouti, 2007).
        
        
          So kann auch die Bereitschaft, außerhalb der Arbeitszeit
        
        
          erreichbar zu sein, als Motivation der Beschäftigten gesehen
        
        
          werden, die Vorteile der technischen Möglichkeiten zu nutzen.
        
        
          Gleichzeitig beinhaltet transformationale Führung, sich auf
        
        
          die Führungskraft verlassen zu können, dass die Erreichbar-
        
        
          keit von ihr nicht im eigenen Interesse ausgenutzt wird, und
        
        
          darauf zu vertrauen, dass – sofern eine Kontaktaufnahme und
        
        
          Arbeitsaufforderung außerhalb der Arbeitszeit erfolgt – diese
        
        
          auch sinnvoll ist und dem gemeinsamen Ziel dient.
        
        
          Transaktionale CR-Führung wird zwar als effektiv be-
        
        
          schrieben, jedoch führt dieses Führungsverhalten nicht dazu,
        
        
          dass Beschäftigte zusätzliches Engagement zeigen (Dinh et
        
        
          al. 2014). Denn transaktionale Führung ist darauf ausgerich-
        
        
          tet, das zu entlohnen, was vereinbart wurde. Im Gegensatz
        
        
          zu transformationaler Führung, die übergeordnete Ziele an-
        
        
          spricht, stehen hier weiterhin eher kurzfristige, egoistische
        
        
          Interessen für die Beschäftigten im Vordergrund. Dies führt
        
        
          dazu, dass die Einsatzbereitschaft, über das geforderte Maß hi-
        
        
          naus Anstrengung aufzubringen, nicht gesteigert wird. Daher
        
        
          erwarten wir für beide Facetten transaktionaler Führung (CR,
        
        
          MBE) eine niedrigere Bereitschaft, auch außerhalb der Arbeit
        
        
          erreichbar zu sein.
        
        
          
            Das Experiment zu Führungsverhalten und Erreichbarkeit
          
        
        
          In dem vorliegenden Experiment wurden per Schneeball in
        
        
          sozialen Medien 131 Beschäftigte (71% weiblich) mit einem
        
        
          Durchschnittsalter von 33 Jahren (SD = 11.11) untersucht.
        
        
          Diese arbeiteten in verschiedenen Branchen und hatten eine
        
        
          Berufserfahrung zwischen ein und zehn Jahren. Die Versuchs-
        
        
          personen wurden in einer Online-Befragung randomisiert ei-
        
        
          ner von drei Bedingungen zugeteilt, in der sie die Ansprache
        
        
          einer Führungskraft sahen. Die (in allen Videos selbe) Füh-
        
        
          rungskraft hielt eine kurze (Jahres-)Ansprache von ca. 90
        
        
          Sekunden, in der sie nach einer Begrüßung und kurzemRück-
        
        
          5
        
        
          4
        
        
          3
        
        
          2
        
        
          1
        
        
          Quelle: Eigene Darstellung
        
        
          
            Abb. 2:
          
        
        
          
            Erwartung und Bereitschaft bezüglich der
          
        
        
          
            Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit
          
        
        
          Erwartung, erreichbar
        
        
          sein zu müssen
        
        
          2,93
        
        
          3,52
        
        
          Transformationale Führung
        
        
          1 = nie bis 5 = sehr oft
        
        
          Transaktionale Führung
        
        
          2,95
        
        
          Bereitschaft, erreichbar
        
        
          zu sein
        
        
          2,47
        
        
          2,17
        
        
          1,96
        
        
          Transaktionale MBE Führung