PERSONALquarterly 1/2018 - page 46

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PERSONALquarterly 01/18
NEUE FORSCHUNG
_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT
Diskussion und Praxisimplikationen
Vor dem Hintergrund, dass es zukünftig eine der vordringlichs-
ten Aufgaben des Personalmanagements sein wird, sich syste-
matisch mit der Nachwuchsrekrutierung auseinanderzusetzen,
besitzen diese Befunde Relevanz. Dies gilt insbesondere vor dem
Hintergrund, dass Unternehmen heute nur mehr bedingt selbst
bzw. alleine bestimmen können, mit welchen Arbeitgebereigen-
schaften sie in Verbindung gebracht werden. Die sozialen Medi-
en und insbesondere die Arbeitgeberportale haben alternative
und direkte Informationskanäle eröffnet und diese Wege stehen
sämtlichen Mitarbeitern offen. In diesem Sinne reicht es auch
nicht aus, diesen Herausforderungen lediglich verbal (in Stellen-
anzeigen oder Pressemeldungen) zu begegnen, es sind vielmehr
überzeugende Aktivitäten gefragt. Eine Attraktivitätssteigerung
lässt sich zwar auch auf diese Weise nicht erzwingen, die vor-
liegenden Befunde zeigen aber immerhin die entsprechenden
(zielgruppenspezifischen) Potenziale auf. So zeigt sich, dass aus
der Sicht der hier befragten dual Studierenden insbesondere
drei Faktoren wichtig sind, um als attraktiv zu gelten. Als erstes
ist die „Sicherheit und Perspektive“ für die Arbeitnehmer zu
nennen. Zweitens muss die Arbeit eine „Sinnerfüllung“ bieten.
Des Weiteren nimmt für die hier befragte Stichprobe die „Work-
Life-Orientierung“ einen hohen Stellenwert im Vergleich zur
Attraktivitätsdimension „Innovationspotenzial“ ein.
Basierend auf dieser Studie konnte gezeigt werden, dass die
meisten aufgestellten Hypothesen weitestgehend unter der Be-
rücksichtigung der Irrtumswahrscheinlichkeit angenommen
werden können. Das Geschlecht ist hierbei als zentraler Faktor
anzusehen, der das potenzielle Bewerberfeld trennt. Dies zeigt
sich insbesondere bei den Einzelaussagen zur Work-Life-Orien-
tierung – und dies eher im traditionellen Sinne. Unternehmen,
die verstärkt weibliche Nachwuchskräfte rekrutieren möchten,
sollten sich dieser Unterschiede bewusst sein.
Studierende, die bereits eine Ausbildung absolviert haben,
schätzen insbesondere die Aspekte Sicherheit und Sinnerfüllung.
Dies könnte auch darauf hindeuten, dass diese Aspekte mit zu-
nehmender Arbeitserfahrung generell an Bedeutung gewinnen.
Die gewählte Studienrichtung scheint dagegen im Hinblick
auf den Aspekt des Innovationspotenzials Bedeutung zu be-
sitzen. In diesem Sinne können Unternehmen im technischen
Bereich mit derartigen Argumenten punkten, im kaufmän-
nischen Bereich dagegen kaum.
Untergeordnete Effekte ergaben das Alter der Jugendlichen
und die Mitarbeiterzahl der aktuellen Ausbildungsstätte. Für die
untersuchte Personengruppe zeigt sich allerdings auch, dass ein
Migrationshintergrund oder die soziale Herkunft hier keinen Ein-
fluss auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität ausüben.
Die vorliegende Studie unterliegt hinsichtlich ihrer Aussa-
gekraft naturgemäß Limitationen. Die Studierenden der DH-
BW sind eine selektive Population, denn trotz der steigenden
Bedeutung dualer Studiengänge repräsentieren sie weiterhin
eine Nische im Hochschulbereich. Bei der Übertragung dieser
Studie auf andere Personengruppen ist zu beachten, dass das
Studium an der DHBW viele Besonderheiten beinhaltet. Dual
Studierende werden von Ausbildungsstätten ausgewählt und
häufig handelt es sich hierbei um Abiturienten mit besonders
guten Abiturnoten (Kramer et al., 2011). Zudem ist das duale
Studium geprägt durch einen ständigen Wechsel zwischen The-
orie- und Praxisphasen und die Studierenden erhalten ein fort-
laufendes Gehalt von den Ausbildungsstätten (Deuer/Träger,
2015, S. 189f.). Zudemmuss an dieser Stelle darauf hingewiesen
werden, dass sich die Wahrnehmung der Studienbedingungen
(Deuer, 2013, S.38ff.) sowie das Kompetenzprofil und die Be-
rufsvorstellung der Absolventinnen und Absolventen der DHBW
(ehemals Berufsakademie) von anderen Bildungsinstitutionen
unterscheidet (vgl. Zimmermann, 1995, S. 160). Daneben ist zu
berücksichtigen, dass diese Studie nur Studierende an den eher
ländlich geprägten Standorten Ravensburg und Friedrichshafen
erfasste. Die Studierenden stammen zwar keineswegs alle aus
dieser Region, sie haben sich aber zumindest für einen Studien-
ort jenseits der Metropolregionen entschieden. Es wäre daher
von Interesse, aus Folgestudien zu erfahren, ob sich die hier vor-
gestellten Befunde auch in städtisch geprägten Regionen und/
oder anderen Bundesländern oder bei Studierenden an traditio-
nell geprägten Hochschulen replizieren lassen.
Quelle: Eigene Datenerhebung
Abb. 3:
Ergebnisse der SUR-Schätzung
Sicher-
heit und
Perspektive
Sinn­
erfüllung
Work-
Life-Orien-
tierung
Innovations­
potenzial
β
β
β
β
Geschlecht (Ref.
Studentinnen)
-,04
-,15*
-,55***
,20*
Ausbildung (Ref. keine
Ausbildung)
,27**
,26**
,15
,18
Studienbereich (Ref.
Fakultät Technik)
,16*
,09
-,02
-,48***
Studienjahr
-,00
,10*
,06
-,11 †
Alter
-,05**
-,03 †
-,02
-,02
Mitarbeiterzahl der
Ausbildungsstätte
(Kopfzahl)
-,00
,00 †
,00
,00
Migrationshintergrund
(Ref. kein Migrations-
hintergrund)
,07
-,01
-,11
,12
Schichtindex
-,00
,00
-,02
,00
Konstante
5,39**
4,71**
5,22**
3,50**
R
2
,06
,07
,14
,15
*** = p < 0,001, ** = p < 0,01, * = p < 0,05, † = p < 0,1;
β
= unstandardisierter Regressionskoeffizient; (n = 383)
1...,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45 47,48,49,50,51,52,53,54,55,56,...62
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