52
        
        
          PERSONALquarterly  01/18
        
        
          
            NEUE FORSCHUNG
          
        
        
          _ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT
        
        
          
            Diskussion und Praxisimplikationen
          
        
        
          Vor dem Hintergrund, dass es zukünftig eine der vordringlichs-
        
        
          ten Aufgaben des Personalmanagements sein wird, sich syste-
        
        
          matisch mit der Nachwuchsrekrutierung auseinanderzusetzen,
        
        
          besitzen diese Befunde Relevanz. Dies gilt insbesondere vor dem
        
        
          Hintergrund, dass Unternehmen heute nur mehr bedingt selbst
        
        
          bzw. alleine bestimmen können, mit welchen Arbeitgebereigen-
        
        
          schaften sie in Verbindung gebracht werden. Die sozialen Medi-
        
        
          en und insbesondere die Arbeitgeberportale haben alternative
        
        
          und direkte Informationskanäle eröffnet und diese Wege stehen
        
        
          sämtlichen Mitarbeitern offen. In diesem Sinne reicht es auch
        
        
          nicht aus, diesen Herausforderungen lediglich verbal (in Stellen-
        
        
          anzeigen oder Pressemeldungen) zu begegnen, es sind vielmehr
        
        
          überzeugende Aktivitäten gefragt. Eine Attraktivitätssteigerung
        
        
          lässt sich zwar auch auf diese Weise nicht erzwingen, die vor-
        
        
          liegenden Befunde zeigen aber immerhin die entsprechenden
        
        
          (zielgruppenspezifischen) Potenziale auf. So zeigt sich, dass aus
        
        
          der Sicht der hier befragten dual Studierenden insbesondere
        
        
          drei Faktoren wichtig sind, um als attraktiv zu gelten. Als erstes
        
        
          ist die „Sicherheit und Perspektive“ für die Arbeitnehmer zu
        
        
          nennen. Zweitens muss die Arbeit eine „Sinnerfüllung“ bieten.
        
        
          Des Weiteren nimmt für die hier befragte Stichprobe die „Work-
        
        
          Life-Orientierung“ einen hohen Stellenwert im Vergleich zur
        
        
          Attraktivitätsdimension „Innovationspotenzial“ ein.
        
        
          Basierend auf dieser Studie konnte gezeigt werden, dass die
        
        
          meisten aufgestellten Hypothesen weitestgehend unter der Be-
        
        
          rücksichtigung der Irrtumswahrscheinlichkeit angenommen
        
        
          werden können. Das Geschlecht ist hierbei als zentraler Faktor
        
        
          anzusehen, der das potenzielle Bewerberfeld trennt. Dies zeigt
        
        
          sich insbesondere bei den Einzelaussagen zur Work-Life-Orien-
        
        
          tierung – und dies eher im traditionellen Sinne. Unternehmen,
        
        
          die verstärkt weibliche Nachwuchskräfte rekrutieren möchten,
        
        
          sollten sich dieser Unterschiede bewusst sein.
        
        
          Studierende, die bereits eine Ausbildung absolviert haben,
        
        
          schätzen insbesondere die Aspekte Sicherheit und Sinnerfüllung.
        
        
          Dies könnte auch darauf hindeuten, dass diese Aspekte mit zu-
        
        
          nehmender Arbeitserfahrung generell an Bedeutung gewinnen.
        
        
          Die gewählte Studienrichtung scheint dagegen im Hinblick
        
        
          auf den Aspekt des Innovationspotenzials Bedeutung zu be-
        
        
          sitzen. In diesem Sinne können Unternehmen im technischen
        
        
          Bereich mit derartigen Argumenten punkten, im kaufmän-
        
        
          nischen Bereich dagegen kaum.
        
        
          Untergeordnete Effekte ergaben das Alter der Jugendlichen
        
        
          und die Mitarbeiterzahl der aktuellen Ausbildungsstätte. Für die
        
        
          untersuchte Personengruppe zeigt sich allerdings auch, dass ein
        
        
          Migrationshintergrund oder die soziale Herkunft hier keinen Ein-
        
        
          fluss auf die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität ausüben.
        
        
          Die vorliegende Studie unterliegt hinsichtlich ihrer Aussa-
        
        
          gekraft naturgemäß Limitationen. Die Studierenden der DH-
        
        
          BW sind eine selektive Population, denn trotz der steigenden
        
        
          Bedeutung dualer Studiengänge repräsentieren sie weiterhin
        
        
          eine Nische im Hochschulbereich. Bei der Übertragung dieser
        
        
          Studie auf andere Personengruppen ist zu beachten, dass das
        
        
          Studium an der DHBW viele Besonderheiten beinhaltet. Dual
        
        
          Studierende werden von Ausbildungsstätten ausgewählt und
        
        
          häufig handelt es sich hierbei um Abiturienten mit besonders
        
        
          guten Abiturnoten (Kramer et al., 2011). Zudem ist das duale
        
        
          Studium geprägt durch einen ständigen Wechsel zwischen The-
        
        
          orie- und Praxisphasen und die Studierenden erhalten ein fort-
        
        
          laufendes Gehalt von den Ausbildungsstätten (Deuer/Träger,
        
        
          2015, S. 189f.). Zudemmuss an dieser Stelle darauf hingewiesen
        
        
          werden, dass sich die Wahrnehmung der Studienbedingungen
        
        
          (Deuer, 2013, S.38ff.) sowie das Kompetenzprofil und die Be-
        
        
          rufsvorstellung der Absolventinnen und Absolventen der DHBW
        
        
          (ehemals Berufsakademie) von anderen Bildungsinstitutionen
        
        
          unterscheidet (vgl. Zimmermann, 1995, S. 160). Daneben ist zu
        
        
          berücksichtigen, dass diese Studie nur Studierende an den eher
        
        
          ländlich geprägten Standorten Ravensburg und Friedrichshafen
        
        
          erfasste. Die Studierenden stammen zwar keineswegs alle aus
        
        
          dieser Region, sie haben sich aber zumindest für einen Studien-
        
        
          ort jenseits der Metropolregionen entschieden. Es wäre daher
        
        
          von Interesse, aus Folgestudien zu erfahren, ob sich die hier vor-
        
        
          gestellten Befunde auch in städtisch geprägten Regionen und/
        
        
          oder anderen Bundesländern oder bei Studierenden an traditio-
        
        
          nell geprägten Hochschulen replizieren lassen.
        
        
          Quelle: Eigene Datenerhebung
        
        
          
            Abb. 3:
          
        
        
          
            Ergebnisse der SUR-Schätzung
          
        
        
          Sicher-
        
        
          heit und
        
        
          Perspektive
        
        
          Sinn
        
        
          erfüllung
        
        
          Work-
        
        
          Life-Orien-
        
        
          tierung
        
        
          Innovations
        
        
          potenzial
        
        
          
            β
          
        
        
          
            β
          
        
        
          
            β
          
        
        
          
            β
          
        
        
          Geschlecht (Ref.
        
        
          Studentinnen)
        
        
          -,04
        
        
          -,15*
        
        
          -,55***
        
        
          ,20*
        
        
          Ausbildung (Ref. keine
        
        
          Ausbildung)
        
        
          ,27**
        
        
          ,26**
        
        
          ,15
        
        
          ,18
        
        
          Studienbereich (Ref.
        
        
          Fakultät Technik)
        
        
          ,16*
        
        
          ,09
        
        
          -,02
        
        
          -,48***
        
        
          Studienjahr
        
        
          -,00
        
        
          ,10*
        
        
          ,06
        
        
          -,11 †
        
        
          Alter
        
        
          -,05**
        
        
          -,03 †
        
        
          -,02
        
        
          -,02
        
        
          Mitarbeiterzahl der
        
        
          Ausbildungsstätte
        
        
          (Kopfzahl)
        
        
          -,00
        
        
          ,00 †
        
        
          ,00
        
        
          ,00
        
        
          Migrationshintergrund
        
        
          (Ref. kein Migrations-
        
        
          hintergrund)
        
        
          ,07
        
        
          -,01
        
        
          -,11
        
        
          ,12
        
        
          Schichtindex
        
        
          -,00
        
        
          ,00
        
        
          -,02
        
        
          ,00
        
        
          Konstante
        
        
          5,39**
        
        
          4,71**
        
        
          5,22**
        
        
          3,50**
        
        
          R
        
        
          2
        
        
          ,06
        
        
          ,07
        
        
          ,14
        
        
          ,15
        
        
          *** = p < 0,001, ** = p < 0,01, * = p < 0,05, † = p < 0,1;
        
        
          β
        
        
          = unstandardisierter Regressionskoeffizient; (n = 383)