PERSONALquarterly 1/2018 - page 42

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PERSONALquarterly 01/18
NEUE FORSCHUNG
_ARBEITGEBERATTRAKTIVITÄT
U
nternehmen müssen sich in den kommenden Jahren
dem Effekt der schleichenden demografischen Ver-
änderungen stellen. Dies verändert die Machtverhält-
nisse am Arbeitsmarkt nachhaltig und erfolgreiche
Personalrekrutierungen hängen nicht zuletzt davon ab, ob die
Unternehmen als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden.
Folglich stellt sich die Frage, mit welchen positiven Assoziationen
sich Unternehmen positionieren können (vgl. Baum et al., 2012).
Nach Schetter (2014, S. 21) ist „die Arbeitgeberattraktivität
als dasjenige (subjektive) wahrgenommene Nutzenbündel zu
verstehen, welches bestehende Arbeitnehmer hält und an das
Unternehmen bindet und zugleich potenzielle Arbeitnehmer
dazu bewegt, sich bei dem Unternehmen zu bewerben“. Die
regelmäßigen Arbeitgeberrankings, die sich bevorzugt auf Be-
fragungen von Studierenden stützen, beantworten die Frage,
was einen attraktiven Arbeitgeber auszeichnet, nicht hinrei-
chend. Hieraus lassen sich eher Wunscharbeitgeber oder die
Bekanntheit der Arbeitgeber ablesen.
Im Rahmen einer Studie haben wir versucht zu ergründen,
was dual Studierende unter einem attraktiven Arbeitgeber ver-
stehen. Dual Studierende verfügen bereits über betriebliche
Erfahrungen und können den Arbeitsalltag beurteilen. Das
Beschäftigungsverhältnis ist jedoch befristet bis zum Studi-
enende. An diesem Beispiel wird auch deutlich, wie sich Re-
krutierung und Mitarbeiterbindung überlappen können. Vor
diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was den dual Studie-
renden bei einer (späteren) Erwerbstätigkeit wichtig ist und
was Unternehmen bieten müssen, um attraktiv zu sein.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben zunehmend
die Wahl zwischen potenziellen Arbeitgebern. Die Unterneh-
men finden sich häufiger in einer Wettbewerbssituation wie-
der, aber sie haben auch die Chance, sich entsprechend zu
positionieren. Eine Möglichkeit besteht im Aufbau einer at-
traktiven Arbeitgebermarke (Parment, 2013, S. 79) bzw. eines
Employer Brandings (Ruthus, 2013, S. 30). Unternehmen müs-
sen sich mit den jüngeren Generationen beschäftigen: Welche
Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse haben diese Nach-
wuchskräfte? Die Unternehmen kommen nicht daran vorbei,
die Arbeitsbedingungen und die Angebote an deren Erwar-
tungen auszurichten, um attraktiv zu bleiben.
Arbeitgeberattraktivität aus der Perspektive
von dual Studierenden
Von
Prof. Dr. Ernst Deuer
und
Dr. Steffen Wild
(DHBW Ravensburg)
Aufgrund dieses Szenarios versuchen unzählige Studien, die
generationsspezifischen Werte und Einstellungen zu erforschen
(Parment, 2013, S. 16). Bspw. zeigen Studien zur Charakteri-
sierung der aktuellen Jugendgeneration, dass u.a. Themen wie
Globalisierung, Sicherheit, Spaß an der Arbeit, herausfordernde
Aufgaben, stetige Entwicklung, Arbeitsmarktchancen, Qualität
der Produkte, Identifikation mit Mitarbeitern, Weiterbildungs-
möglichkeiten und Sinnsuche eine Bedeutung und Prägung be-
sitzen (Ruthus, 2013, S. 19). Empirische Untersuchungen aus
Jugend- und Hochschulforschung zeigen, dass die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf einen besonderen Stellenwert genießt
(Ramm et al., 2014, S. 389) und sich die Erwerbsarbeit nach Vor-
stellung der Probanden an den Lebensrhythmus anzupassen hat
(Leven et al., 2015, S. 84). Neuere Studien (bspw. Bain & Company,
2016) unter Studierenden zeigen hierbei auch, dass Work-Life-Bal­
ance zunehmend von weiblichen und männlichen Studierenden
gleichermaßen eingefordert wird.
Die aktuelle Shell-Jugendstudie resümiert, dass Sicherheit an
erster Stelle steht, Nutzen und Erfüllung wichtig sind, Planbar-
keit und Vereinbarkeit von Arbeit und Leben gewünscht sind
und Karriere eher zweitrangig ist (Shell Deutschland Holding,
2015, S. 16). Es darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben,
dass durchaus Unterschiede bei den Merkmalen Geschlecht,
regionale und soziale Herkunft sowie Migrationshintergrund
bestehen (Leven et al., 2015, S. 81).
An diesem Punkt setzt die vorliegende Studie an. Im Fokus
stehen verschiedene Arbeitgebereigenschaften und es wird
deren Bedeutung aus Sicht der dual Studierenden erhoben.
Hieraus kann abgeleitet werden, wie sich ein Unternehmen po-
sitionieren kann und anwas sich ein Personalselektionsprozess
erfolgreich anlehnen kann. Basierend auf dem explorativen
Charakter dieser Studie formulieren wir die nachstehenden
Hypothesen. Hierbei integrieren wir einerseits sozialstruktu-
relle Merkmale neben bildungsbiografischen Charakteristika
und Indikatoren der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.
H1:
Männliche Studierende haben ein anderes Verständnis von
Arbeitgeberattraktivität als weibliche Studierende.
H2:
Personen, die eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen
können, haben eine andere Auffassung von Arbeitgeberat-
traktivität als Personen ohne vorangegangene Ausbildung.
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