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PERSONALquarterly 01/18
SCHWERPUNKT
_DIVERSITY
V
erhandlungen sind Austauschprozesse zwischen
zumindest zwei Personen oder Parteien, die im-
mer dann stattfinden, wenn es eine konfliktäre
Interessenlage zu lösen gilt. Sie treten in nahezu
allen intra- sowie interorganisationalen Bereichen auf, zwi-
schen Mitarbeitern und Vorgesetzten, mit Kunden oder aber
mit Lieferanten und Kooperationspartnern. Dadurch bestim-
men Verhandlungen den Arbeitsalltag und die gemeinsame
Projektvollendung. Charakteristisch für eine Verhandlung ist
zudem, dass sich die Parteien häufig mehrfach treffen (müs-
sen), um zu einer Einigung zu gelangen (Harinck/De Dreu,
2008). Dies trifft vorwiegend für solche Verhandlungen zu,
die sich durch eine hohe Komplexität auszeichnen (Crump,
2015). Jedes Aufeinandertreffen der Parteien und jede Phase
vor bzw. zwischen den Verhandlungsrunden stellt dabei eine
eigene, in sich abgeschlossene Einheit dar. Eingeleitet wird ein
komplexer Verhandlungsprozess häufig durch Vorgespräche
(Schiff, 2008). Diese werden zum gegenseitigen Kennenlernen
genutzt, aber vor allem auch zum Austausch über generelle
Rahmenbedingungen, personelle oder technische Kapazitäten,
Zeitpläne oder finanzielle Bedingungen, während eine finale
Einigung meist erst am Ende eines Verhandlungsprozesses,
der sogenannten Hauptverhandlung, erzielt wird. Somit dienen
Vorgespräche im Hinblick auf einen Verhandlungsprozess in
erster Linie der Identifizierung wichtiger Verhandlungsthemen
und stellen dadurch oftmals einen wichtigen Einflussfaktor auf
die nachgelagerten Verhandlungsrunden dar. Während insge-
samt der Bedeutung eines systematischen und damit einher-
gehend professionellen Managements von Verhandlungen in
der Praxis nicht immer ausreichend Rechnung getragen wird,
fällt auf, dass der Einflussfaktor „Vorgespräche“ bislang kaum
berücksichtigt wird. Dies kann jedoch einen negativen Einfluss
auf den gesamten Verhandlungsprozess nehmen, denn Vorge-
spräche können die erstenWeichen für die Verhandlung stellen
und den Verlauf sowie das Ergebnis signifikant beeinflussen.
Ersten Erkenntnissen zufolge sind dabei gewisse Verhaltens-
weisen in der Kommunikation erfolgreicher als andere: Werden
solche Kommunikationselemente verwendet, die den Verhand-
lungspartner für eine gemeinsame Vereinbarung begeistern,
wirkt sich dies positiv auf den weiteren Verhandlungsprozess
Die Bedeutung von Verhandlungsvor
gesprächen im interkulturellen Vergleich
Von
Prof. Dr. Uta Herbst
und
Marie-Christin Weber
(Universität Potsdam)
aus, es kommt häufiger zu einer Einigung darüber, die Ver-
handlung fortzuführen, und der Verhandlungspartner zeigt
eine größere Bereitschaft, auf die Interessen der anderen Seite
einzugehen und damit durch Konzessionen die Konfliktsituati-
on zu lösen (Weber/Schmidt/Herbst/Voeth, 2017). Die Verwen-
dung dominanter Kommunikationselemente, die dazu dienen,
eigene Vorstellungen bereits vor der eigentlichen Verhandlung
zu diktieren, führt währenddessen zu weniger Einigungen. In
einer zunehmend globalen Welt und in immer internationa-
ler werdenden Wirtschaftsbeziehungen stellt sich jedoch die
Frage, inwiefern diese Erkenntnis kulturübergreifend gültig
ist. Aufgrund kultureller Diskrepanz erscheint der Vergleich
einer westlichen und einer asiatischen Kultur im Hinblick auf
praktische Implikationen besonders spannend. Vor diesem
Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag interkultu-
relle Unterschiede in der Durchführung von Verhandlungvor-
gesprächen. Hierzu wurde ein Experiment mit deutschen und
chinesischen Probanden als Beispiel einer westlichen bzw. ei-
ner asiatischen Kultur durchgeführt.
Vorgespräche in der Verhandlungsführung
Die Interaktion zwischen den Parteien ist nicht allein auf die
Hauptverhandlung beschränkt, häufig kommunizieren Par-
teien schon vor der Verhandlung miteinander oder sogar in
regelmäßigen Abständen. Vorgespräche beschreiben dabei je-
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Der Verhandlungsprozess
Runde 1
Zwischen-
gespräche
Vor-
gespräche
Runde 2 ...