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ie Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen kann
durch Innovationen erhöht und gesichert werden.
Organisationale Innovationsfähigkeit umfasst die
Voraussetzungen für und den Prozess zur Generie­
rung und Weiterentwicklung von Innovationen bzw. Innova­
tionstätigkeiten. Eine Voraussetzung kann in den kulturellen
Unterschieden der Belegschaft und damit in den Unterschie­
den in Werten, Einstellungen, Erfahrungen und Perspektiven
liegen (Podsiadlowski, 2002). Organisationen mit Zugang zu
einer größeren Wissensbasis und einem größeren kognitiven
Ressourcenpool sind effektivere Innovatoren (Rodan & Galu­
nic, 2004).
Der Zusammenhang zwischen Diversität und organisatio­
naler Innovationsfähigkeit ist in mehreren Studien untersucht
worden, weist jedoch sehr inkonsistente Ergebnisse auf. In ei­
nigen Studien zeigt sich ein positiver direkter Zusammenhang
zwischen Innovation und kultureller, ethnischer oder diszip­
linärer Diversität der Belegschaft bzw. des Topmanagement-
Teams (z.B. Mohammadi et al., 2017). In anderen Studien ist der
Effekt neutral oder negativ (Kildruff et al., 2000).
Ein naiver Zusammenhang zwischen Diversität und Inno­
vation wird in der Literatur häufig angezweifelt. So zeigt sich
in weiteren Studien ein positiver Zusammenhang zwischen
Diversität und Innovation in Organisationen allein durch
moderierende Variablen wie bspw. die Innovationsstrategie
(Richard et al., 2004) oder teamorientierte Personalpraktiken
(Jackson et al., 2003). In konzeptionellen Arbeiten wird die
organisationale Innovationsfähigkeit als Ergebnis der Interak­
tion zwischen Strategie, Struktur, Unternehmenskultur und
Unternehmensklima betrachtet (Jain, 2010). Manche Strate­
gien unterstützen innovative Veränderungen und Wandlungs­
prozesse in Organisationen, andere sind stärker auf Stabilität
und Bewahrung ausgerichtet. Aus dieser konzeptionellen Per­
spektive kann angenommen werden, dass Strategien, im vorlie­
genden Fall Diversity-Perspektiven, die Innovationsfähigkeit
von Organisationen beeinflussen.
Eine systematische, empirische Analyse dahingehend, wie
Organisationen mit Diversität umgehen und welchen Effekt
spezifische Ansätze zum Umgang mit Diversity auf die In­
novationsfähigkeit haben, fehlt erstens in der Literatur und
Diversity Management und wahrgenommene
Innovationsfähigkeit in Organisationen
Von
JProf. Dr. Daniela Gröschke
(Friedrich-Schiller-Universität Jena) und
Dr. Astrid Podsiadlowski
(Grundrechteagentur der
Europäischen Union)
zweitens für den deutschsprachigen Raum. An dieser For­
schungslücke setzt unser Beitrag an: Die vorliegende Studie
untersucht den Effekt verschiedener strategischer Ansätze
zum Umgang mit Diversity auf die Innovationsfähigkeit von
Organisationen in Österreich. Der Beitrag verfolgt die Frage,
welcher Ansatz im Umgang mit Diversität die organisationale
Innovationsfähigkeit erhöht. Ziel ist es, den Effekt unterschied­
licher strategischer Ansätze im Umgang mit Diversität auf die
Innovationsfähigkeit aufzuzeigen.
Strategische Ansätze des Diversity Managements
Strategische Ansätze des Diversity Managements (Diversity
Perspectives) stehen für eine ganz bestimmte Art und Wei­
se des Umgangs mit Vielfalt in Unternehmen und beziehen
sich auf die normativen Überzeugungen und Erwartungen von
Organisationsmitgliedern hinsichtlich der Fragestellungen,
warum und welchen Wert kulturelle Diversität in Organisa­
tionen und auf organisationale Wertschöpfungsprozesse hat.
Aktuelle Forschung unterscheidet fünf Diversity-Perspektiven
(Podsiadlowski et al., 2013):
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Organisationen mit einer Reinforcing-Homogeneity-Perspek­
tive (bzw. Resistance-Ansatz) streben nach Homogenität und
sind gegenüber kultureller Diversität resistent. Diesem An­
satz liegt die Annahme zugrunde, dass Organisationen und
ihre Mitglieder auf natürliche Weise Gleichheit und Ähnlich­
keit der Organisationsmitglieder suchen, denn die Auseinan­
dersetzung mit „dem anderen“, „dem Fremden“ wirkt als
Bedrohung und auch als Kostenfaktor. Diversität wird hier
als wenig wertvoll betrachtet, entsprechend ist ein Diversity
Management auch nicht implementiert.
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In Organisationen mit einer Colour-Blind-Perspektive werden
kulturelle Diversität und kulturelle Unterschiede nivelliert.
Menschen sollten allein anhand ihrer Kompetenzen beurteilt
werden. Unternehmen fokussieren (z.B. bei Einstellungen und
Beförderungen) folglich auf Kompetenzen und Qualifikationen.
Kulturelle Diversität wird so weder anerkannt noch verleugnet.
Allein funktionale bzw. disziplinäre Diversität wird als vorteil­
haft und wertvoll wahrgenommen. Colour-Blind sollte insofern
inklusivem Verhalten in Organisationen entgegenwirken und
soziale Distanzen und Ungleichheiten erleichtern.
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