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PERSONALquarterly 01/18
SCHWERPUNKT
_DIVERSITY
F
ür viele international agierende Unternehmen wächst
der Handlungsdruck hinsichtlich des produktiven
Umgangs mit kultureller Diversität. Diese Dynamik
lässt sich im Wesentlichen anhand von drei Einfluss-
faktoren auf die Belegschaftsvielfalt nachzeichnen: Zunächst
erscheint offensichtlich, dass Migrationseffekte den Grad der
lokalen kulturellen Diversität von Belegschaften an interna-
tionalen Standorten in unterschiedlicher Weise beeinflussen
(Card, 2001). Die Statistiken zeigen für Deutschland eine be-
deutsame Zuwanderung, die sich in Ansätzen auch auf dem
Arbeitsmarkt bemerkbar macht (Statistisches Bundesamt
2016). Neben der ökonomischen Perspektive wird anhand die-
ses Einflussfaktors auch der gesellschaftlich motivierte Ansatz
sichtbar: Gesetzliche Grundlagen zur Antidiskriminierung wie
z.B. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG 2006) und
politisch geförderte Inklusionsbestrebungen, bspw. imKontext
europäischer Kulturentwicklungs- und Chancengleichheits-
programme (z.B. als Charta der Vielfalt, EU-Antidiskriminie-
rungsrichtlinien 2000/43/EG sowie 2000/78/EG) verankern
letztlich auch in wettbewerblichen Umfeldern einen ethisch-
moralischen Imperativ für den Umgang mit kultureller Vielfalt.
Des Weiteren wirken Einflüsse aus der internationalen Ver-
flechtung von Unternehmen. Für deutsche Unternehmen sind
diese Verflechtungen mit dem Ausland für eine Exportnation
typisch: Einerseits sind lediglich etwa 1% (ca. 20.000) aller
Unternehmen aus dem nichtfinanziellen Sektor auslands-
kontrolliert, wobei der Hauptsitz vor allem in unmittelbaren
Nachbarländern liegt. Diesbezüglich kann die kulturelle Ver-
flechtung deutscher Unternehmen quantitativ und qualitativ
als gering bezeichnet werden. Andererseits gibt es zahlreiche
Unternehmen (ca. 28.000), die ihrerseits über diverse Aus-
landsgesellschaften und -beteiligungen geschäftstätig sind und
damit über 5 Millionen Beschäftigte erreichen; etwa 50% davon
sogar außerhalb Europas (Deutsche Bundesbank, 2016). Dabei
lassen sich vor allem global verteilte Unternehmensstrukturen
finden, die je nach Unternehmensportfolio produktions- oder
absatzstarke Standorte in Europa, Asien, Südamerika und in
jüngerer Zeit zunehmend auch Afrika repräsentieren. Diesbe-
züglich kann die kulturelle Verflechtung deutscher Unterneh-
men durchaus als hoch bezeichnet werden.
Kulturelle Diversität ist ökonomisch relevant –
Führungskräfte sehen es differenzierter!
Von
Dr. Bernd-Friedrich Voigt
(FOM Hochschule für Ökonomie & Management)
Zentrale Argumentationslinie zur unternehmerischen
Relevanz kultureller Diversität
Kulturelle Diversität resultiert zum einen aus physischen (z.B.
Geschlecht, Hautfarbe, Alter etc.) und zum anderen aus kul-
turellen (z.B. Werte, Normen, Einstellungen) Charakteristiken
von Personen (vgl. Fine, 1996). Die Performanz-orientierte Kul-
turforschung weist nach, dass kulturelle Diversität zwar zu Pro-
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Bedingungsfelder der Diversity-
Rechtfertigung im Unternehmen
Notwendigkeit der einheit-
lichen Werteargumentation
über alle Anspruchsgruppen
hinweg (z.B. Leitlinien)
Differenzierung der
Nutzenargumentation nach
Anspruchsgruppen
(z.B. Standort)
Diversity-Kommunikation/Argumentationen/
Rechtfertigungen
Diversity Management/Personalpolitik/
Differenzielles Personalmanagement
Kulturelle Öffnung
Multikulturelle
Organisation
Ethisch-moralischer
Imperativ
Ökonomischer
Imperativ
Lokale Heterogenität
Globale Verflechtung