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01/18 PERSONALquarterly
dass es nicht einfach war, eine angemessene Zahl international
vergleichender Diversity-Studien für ihre Publikation zu finden.
Diese Einschätzung des wissenschaftlichen Bereichs deckt
etwa vorhandene Praxisforschung naturgemäß nicht ab – zu
unterschiedlich sind die Fragestellungen und Vorgehens-
weisen in den weitgehend getrennten Feldern. Die folgende
Übersicht stellt daher einige der europäischen Diversity-Ma-
nagement-Studien vor, die seit Ende der 1990er-Jahre durch-
geführt wurden und teilweise international vergleichende
Ansätze verfolgten.
Erste europäische Vergleichsstudie zu Diversity Management
Als der Autor dieses Beitrags vor nunmehr zwanzig Jahren mit
der Bearbeitung von „Diversity“ begann, war das Themenfeld in
Europa weitgehend unentwickelt. Insofern war Praxisforschung
ein naheliegender Ansatz. Und da die erste Auseinandersetzung
mit dem Thema auf europäischer Ebene stattfand – schließlich
übertrugen US-Konzerne ihre Konzepte zuerst auf diese Ebe-
ne –, drängten sich paneuropäische Bestandsaufnahmen und
Betrachtungen geradezu auf. Die ersten Forschungsprojekte be-
trachteten die grundlegende Positionierung (Definitionen/Breite
des Themas, erhoffte Mehrwerte) und die Umsetzung (Zuschnitt
und Schwerpunkte von Programmen) von Diversity Manage-
ment in jenen Unternehmen, die damals in Erscheinung traten
(meist auf Fachkonferenzen oder in den Medien). Die erste eu-
ropaweite Studie (EDS1) umfasste zwanzig Großunternehmen,
von denen jeweils zehn ihren Stammsitz in den USA bzw. in
Europa hatten. Obwohl damit ein vergleichsweise kleines Sam-
ple vorhanden war, boten sich dennoch (qualitative) Vergleiche
der gleich großen Teilcluster beiderseits des Atlantiks an. Drei
nennenswerte Unterschiede werden in der zusammenfassenden
Veröffentlichung der Studie (Stuber, 2001) genannt:
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US-Konzerne verfolgen imDurchschnitt einen halb so umfas-
senden Diversity-Ansatz wie europäische Firmen (gemessen
an der Anzahl der abgedeckten Dimensionen).
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Explizite Beschreibungen des Diversity-Ansatzes in Form
von Vision, Mission oder Grundsätzen sind bei den US-Kon-
zernen häufiger als bei europäischen Firmen.
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Die US-Firmen kommunizieren mehr über ihr Diversity Ma-
nagement.
Schon damals war die Frage, ob die gefundenen Unterschiede
nachvollziehbare Gründe haben oder einfach nur zufällig zu-
stande gekommen sind. Das umfassende Diversity-Verständnis
europäischer Firmen ließ einen Zusammenhang mit den breit
angelegten EU-Antidiskriminierungsrichtlinien vermuten, die
anders als die US-amerikanische Gesetzgebung sechs Kern-
dimensionen weitgehend ähnlich normieren. Kommunika-
tive Unterschiede wiesen auf verschiedene Gepflogenheiten
im jeweiligen Geschäftsumfeld hin. Da belastbare Ergebnisse
mit diesem ersten Forschungsansatz nicht zu erzielen waren,
entwickelten die Forscherinnen und Forscher auf Basis eines
deutschen Pilotprojekts eine paneuropäische Inhaltsanalyse.
Inhaltsanalyse der Unternehmenskommunikation
zu Diversity Management
Während dem Diversity Management ein interner Fokus inhä-
rent zu sein scheint, erschien es bereits zu einem frühen Zeit-
punkt naheliegend, dass Unternehmen den Ansatz auch extern
einsetzen und nutzen könnten. Dafür kamen im Wesentlichen
zwei Handlungsfelder infrage: Die Markt- und Kundenkom-
munikation (Marketing, Werbung, Vertrieb) sowie die allge-
meine Unternehmenskommunikation und hierbei besonders
die Personal-Image-Werbung, die Öffentlichkeitsarbeit sowie
die Investorenkommunikation. Da Letztere eine verpflichtende
Aktivität für börsennotierte Unternehmen darstellt, erschien
die (Inhalts-)Analyse von in diesem Zusammenhang erstellten
Jahresberichten als vielversprechender Ansatz, denn die Da-
tenerhebung sollte angesichts öffentlich zugänglicher Doku-
mente ungleich einfacher sein als z.B. Befragungen.
Die erste Studie bestand in einer quantitativen und quali-
tativen Inhaltsanalyse. Darin untersuchte Ungleich Besser
Diversity Consulting (2008) die Darstellung von Diversity in
den Geschäftsberichten und Nachhaltigkeitsberichten der Un-
ternehmen, die im Dax 30 gelistet waren. Dazu wurden die
Geschäftsberichte aus den Jahren 2003, 2005 und 2007 sowie
die Nachhaltigkeitsberichte aus dem Jahr 2007 ausgewertet.
Die Analyse betrachtete Art und Umfang der Berichterstattung
über das Diversity Management des jeweiligen Unternehmens
sowie spezifische Aspekte wie die Anzahl der erwähnten Kern-
dimensionen. Die Vorgehensweise wurde zum Vorbild weiterer
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Welche Unterschiede oder Ähnlichkeiten bestehen in der Implementie-
rung von Diversity & Inclusion (D&I) in verschiedenen europäischen Ländern und wie sind
diese ggf. zu erklären?
Methodik:
Eine Serie von Praxisstudien – teilweise Befragungen, teilweise Inhaltsanaly-
sen – untersuchte von 2001 bis heute mit verschiedenen Ansätzen und Schwerpunkten die
Unternehmenspraxis bzw. -kommunikation von in Europa tätigen Konzernen.
Praktische Implikationen:
Die Ergebnisse zeigen, dass sich manche lokalen Besonder-
heiten in länderspezifischen Diversity-Ansätzen widerspiegeln. Ein Großteil der Umsetzung
von Diversity & Inclusion basiert auf regionalen Rahmenbedingungen (z.B. der EU) oder
folgt einer internationalen Chancengleichheitslogik.