PERSONALquarterly 1/2018 - page 16

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PERSONALquarterly 01/18
SCHWERPUNKT
_DIVERSITY
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Britische Konzerne schreiben seltener mehr als zwei Seiten
über Diversity, aber häufiger eine Seite oder mehr in ihren
Geschäftsberichten; in ihren CSR-Berichten schreiben sie
nur halb so häufig längere Beiträge (zwei oder mehr Seiten)
über ihre Diversity-Arbeit.
3
Andererseits nennt ein Drittel der britischen Firmen mindes­
tens sechs Diversity-Dimensionen (22% für Gesamteuropa)
und die Terminologie „Diversity & Inclusion“ ist in ihren
Geschäftsberichten am häufigsten (und doppelt so verbreitet
wie in Gesamteuropa).
3
Das größte Ländercluster Frankreich bringt es zugleich auf
den höchsten Inhaltsumfang pro Geschäftsbericht (2,2 Sei-
ten im Vergleich zu 1,4 Seiten Europaschnitt). Knapp die
Hälfte der Berichte enthalten mehr als zwei Seiten Diversity-
Inhalte.
3
Französische Nachhaltigkeitsberichte erhalten deutlich häu-
figer konkrete Diversity-Erfolge als dies im europäischen
Durchschnitt der Fall ist
Diese und weitere Ergebnisse der Ländervergleiche scheinen –
auch im Kontext der früheren Studien – ein grobes Bild entste-
hen zu lassen, in dem nationale Unterschiede bzw. Tendenzen
ausgemacht werden können. Allerdings bleiben zwei wesent-
liche Fragen offen:
1. Überwiegen nicht womöglich die Ähnlichkeiten zwischen
den Großunternehmen über die Landesgrenzen hinweg, sodass
gerade die Unternehmenskommunikation zum Thema Diversi-
ty (mittlerweile?) einem Standard folgt?
Hierfür spricht die nahezu vollständige Präsenz in den Ge-
schäftsberichten, die Breite des kommunizierten Verständ-
nisses (mehr als die Hälfte der Firmen nennt fünf oder mehr
Diversity-Dimensionen), die weitgehende Transparenz (13
bzw. 14 Firmen erwähnen keine Kennzahlen bzw. keine kon-
kreten Inhalte) sowie die differenzierte Umsetzung (198 er-
wähnte Aktivitäten). Das Gesamtbild in den CSR-Berichten
stellt sich ähnlich dar.
2
Auch der fokussierte Themenkanon
und das zugehörige Instrumentenportfolio weisen europaweit
hohe Konsistenzen auf: Die Themen Gender, Internationali-
tät oder Ethnie, Behinderung und Alter bleiben auch nach
Jahren die priorisiert kommunizierten Handlungsfelder der
Großkonzerne. In diesen werden Entwicklungs- und För-
derprogramme, themenspezifische Formate und Events am
weitaus stärksten kommuniziert; in Nachhaltigkeitsberichten
werden inzwischen Trainings als eigenständiges Instrument
erkennbar.
2. Lassen sich lokale Besonderheiten in der (nationalen) Um-
setzung von Diversity & Inclusion erkennen, wenn man statt
der Ländercluster eines internationalen Samples nationale
Unternehmen europaweit untersucht und nach Möglichkeit
vergleichbare Analysemethoden einsetzt?
Diesen Ansatz verfolgte ein Forschungsprojekt, das der Autor
dieses Beitrags konzipiert und als Praxispartner zusammen
mit der Cologne Business School (CBS) umgesetzt hat.
Analyse des lokalen Einflusses auf die Umsetzung von
Diversity & Inclusion in europäischen Regionen
Im Zentrum der Studien stand die Frage des Einflusses lokaler
Kontextfaktoren auf die Umsetzung von Diversity & Inclusi-
on in europäischen Ländern. Für jeweils ein regionales Clus­
ter untersuchten die Forscherinnen und Forscher zunächst
lokale Besonderheiten und bildeten Hypothesen über die
möglichen Auswirkungen auf das Diversity Management in
Unternehmen. Die Analyse der Aktivitäten von vor Ort tä-
tigen Unternehmen erfolgte anhand der Checkliste für die
Diversity-Implementierung der Europäischen Kommission. Da
alle Teilprojekte gewisse Eckpunkte der Untersuchungsme-
thode beachteten, sind die Ergebnisse in gewissen Grenzen
vergleichbar.
3
Für Skandinavien fand Wilperath (2016) ein „nordisches
Modell“, das einige länderübergreifende Gemeinsamkeiten
mit übereinstimmenden (z.B. wohlfahrtsstaatlichen) Werten
erklärt. Unterschiede ließen sich z.B. durch verschiedene
Migrationsrealitäten erklären.
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Dükert (2016) zeigte für Frankreich, Belgien und Luxem-
burg ein gemeinsames anti-diskriminatorisches Verständ-
nis, während Themenschwerpunkte (z.B. auf Behinderung
in Frankreich oder auf junge Menschen in Belgien und
Frankreich) mit lokalen Besonderheiten erklärt werden
konnten.
3
Für Irland, die Niederlande und das Vereinigte Königreich
identifizierte Blauen (2016) personalpolitische Grundsätze
und Training als länderübergreifende Gemeinsamkeit, die
durch den einheitlichen Rahmen der EU-Mitgliedschaft ge-
deutet wird. Lohngleichheitsinitiativen in den Niederlanden
werden mit dem dort ausgeprägten Pay Gap erklärt.
3
Saran (2016) fand deutliche Ähnlichkeiten zwischen den
Diversity-Ansätzen türkischer und griechischer Unterneh-
men, z.B. mit Blick auf einem Fokus auf Chancengleichheit
oder Antidiskriminierung aber auch bezüglich der feh-
lenden Berücksichtigung der LGBT-Dimension.
3
In einer Analyse von Unternehmen in den sogenannten bal-
tischen Staaten und Polen zeigte Börsch (2016) ähnliche
Ansätze in den Themen Gender und Alter, die mit vergleich-
baren externen Faktoren erklärt wurden.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts bestätigen, dass loka-
le Besonderheiten die Umsetzung von Diversity & Inclusion
unmittelbar beeinflussen. Dies gilt jedoch vor allem für As-
pekte, die im engeren Sinne spezifisch sind. Weiterhin wird
deutlich, dass auch regionale Gemeinsamkeiten zu länder­
übergreifend ähnlichen Diversity-Ansätzen und Gemeinsam-
2 Dieser Berichtstyp ist – auch bei Berücksichtigung integrierter Berichte – zahlenmäßig zurückgegangen.
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