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PERSONALquarterly 03/18
NEUE FORSCHUNG
_REKRUTIERUNG
sich eine finale Stichprobe von 609. Diese Anzeigen wurden in
die Datenanalysesoftware MAXQDA eingearbeitet.
Zusammensetzung der Stichprobe
Danach wurden alle 609 Anzeigen von beiden Autoren unab-
hängig voneinander durchgearbeitet und geprüft, inwieweit
die Schlüsselbegriffe „Umwelt“, „sozial“ und „nachhaltig“ im
Kontext der Anzeige tatsächlich einen Bezug zum Konzept der
Nachhaltigkeit auswiesen. Es wurde festgestellt, dass eine Rei-
he von Anzeigen einen anderen Kontext der Begriffsverwen-
dung zeigte. Neben den drei Schlüsselbegriffen wurde anhand
eines Schlagwortkatalogs mittels der lexikalischen Suche in
MAXQDA eine vertiefte Recherche zu diesen Schlüsselbegrif-
fen durchgeführt. Der Schlagwortkatalog wurde durch eine
nichtrepräsentative Auswertung von CSR-Reports und -Web-
seiten deutscher Dax-Unternehmen generiert.
Daher ist Annahme 1, dass die Schlüsselbegriffe (nachhaltig,
sozial, ökologisch/Umwelt) sich als einzelnes Wort oder Teil
eines Worts in Stellenanzeigen wiederfinden lassen und damit
als Indikator für die Umsetzung des 3-Säulen-Modells heran-
gezogen werden können, nicht zutreffend. Gleichzeitig wurden
neue Aspekte identifiziert und in Subkategorien gegliedert.
Im Anschluss wurden, in einer Rückkopplungsschleife, die
Ergebnisse überprüft und verglichen, sowie Inkongruenzen
identifiziert, diskutiert und in Kodierregeln übergeleitet (May-
ring, 2010, S. 59 ff.). Die entwickelten Subkategorien wurden
in Überkategorien zusammengefasst und quantifiziert. Alle
Nennungen wurden jeweils nur einmal im Subcode gezählt,
Doppelzählungen im Obercode sind möglich (Beispiel: die Nen-
nung im Subcode „Chancengleichheit“ und eine weitere Nen-
nung im Subcode „Weiterbildung“ führte zu zwei Kodierungen
im Obercode „sozial“).
Ergebnisse der Untersuchung
In der Stichprobe wurden bei 240 der 609 (39,4%) der Stellen-
anzeigen bestätigt, dass sich die Anzeigen auf das 3-Säulen-Mo-
dell der Nachhaltigkeit bezogen. Das 95%-Konfidenzintervall
umfasst dabei den Bereich zwischen 35% und 43%.
Bei 369 (60,6%) Stellenanzeigen wurden die Begriffe (nach-
haltig, sozial, ökologisch/Umwelt) in einem anderen Zusammen-
hang verwendet. Beispiele für nicht gezählte Aspekte sind: die
Nutzung des Worts oder Wortteils „nachhaltig“ als synonym für
„langfristig“ oder „anhaltend“ wirksam. Diese wurden durch die
Kodierregeln von der Zählung ausgeschlossen. Annahme 2 kann
nur teilweise bestätigt werden, da eine Mehrheit der Stellen-
anzeigen keine Nachhaltigkeitsaspekte im Sinne des 3-Säulen-
Modells erkennen lässt.
Soziale Aspekte dominieren
Mit 32,3% bezieht sich der größte Anteil aller Anzeigen auf den
Schlüsselbegriff „sozial“. Untersucht man genauer, auf welche
angenommen werden, dass Stellenbeschreibungen auf die
Nachhaltigkeit eines Unternehmens verweisen.
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Annahme 3: Branchen unterscheiden sich in Bezug auf die
Bedeutung und Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzepts, da
insbesondere produzierenden Unternehmen eine höhere Be-
deutung an nachhaltigen Bestrebungen zugeschrieben wird
(Berrone/Gomzes-Meijia, 2009). Daher sollten branchenspe-
zifische Unterschiede bei der Verwendung des Nachhaltig-
keitskonzepts nachzuweisen sein.
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Annahme 4: Einzelnen Jobrollen im Personalmanagement
und/oder technischen Funktionen wird eine stärkere Affi-
nität bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzepts zuge-
sprochen, da diese unternehmensübergreifend Einfluss auf
alle anderen Funktionen ausüben können (Dubois/Dubois,
2012). Daher sollten funktionsspezifische Unterschiede bei
den nachhaltigen Stellenbeschreibungen zu erkennen sein.
Die Aspekte des nachhaltigen Managements sind vielfältig und
reichen von der Förderung nachhaltiger Produktentwicklung
bis hin zur Wertschätzung oder Förderung ehrenamtlicher
Tätigkeiten (Clement at al., 2014, S. 24). Daher sollte auch un-
tersucht werden, welche Themen und Aspekte in Richtung
Nachhaltigkeit Unternehmen bei der Rekrutierung von Mitar-
beitern kommunizieren.
Vorgehensweise und Methodik
Die empirische Untersuchung wurde auf Basis einer quantita-
tiven Inhaltsanalyse von Stellenzeigen durchgeführt (vgl. dazu
Krippendorf, 2013; Mayring, 2010)
Abgeleitet aus der Fragestellung und begründet durch den
theoretischen Ansatz der Nachhaltigkeit nach dem 3-Säulen-
Modell (Elkington, 1998, S. 91 ) wurden die drei Kategorien (1)
allgemeine bzw. ökonomische Nachhaltigkeit, (2) soziale Nach-
haltigkeit sowie (3) ökologische Nachhaltigkeit definiert. Eine
vorangegangene Untersuchung imNovember 2014 hatte gezeigt,
dass nur knapp ein Viertel der Stellenanzeigen nachhaltige As-
pekte im Sinne des 3-Säulen-Modells auswiesen. Es sollte nun
untersucht werden, inwieweit diese Schlüsselbegriffe (nach-
haltig, sozial, ökologisch/Umwelt) tatsächlich ein Indiz für die
Umsetzung des Nachhaltigkeitskonzepts im Personalrecruiting
darstellen. Innerhalb von drei Werktagen im November 2015
wurden etwas mehr als 57.000 Stellenangebote eines führenden
Jobportals in Deutschland nach den Begriffen „Umwelt“, „sozi-
al“ und „nachhaltig“ ausgewählt. Diese Vorauswahl sollte eine
ausreichend große Anzahl von Stellenanzeigen mit Nachhal-
tigkeitsaspekten für die weitergehende Inhaltsanalyse sicher-
stellen. Auf diese Weise wurden 9.600 Anzeigen identifiziert,
die mindestens einen der drei Begriffe aufwiesen. Im Rahmen
einer angestrebten Stichprobe von 600 Stellenanzeigen wurde
durch eine systematische Auswahl (k=K/n, 9600/600=16) die
Stichprobe gezogen. Durch laufende Veränderungen der Stellen-
anzeigen in dem Portal im Zeitraum der Datenerhebung ergab