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PERSONALquarterly 03/18
SCHWERPUNKT
_AGILE UNTERNEHMENSFÜHRUNG
nen). Wie Luhmann schon 1968 herausstellte, ist Vertrauen ein
zentraler Mechanismus zur Komplexitätsreduktion.
Die fünf Charakteristika Vernetzung, Offenheit, Partizipa-
tion, Agilität plus Vertrauen bilden das sogenannte „VOPA+“-
Modell. Dieses bringt zum Ausdruck, dass Führungskräfte
Vertrauen in die Motivation und das Können ihrer Mitarbei-
ter haben, Vernetzung schaffen, offen sein und ihre Mitarbei-
ter „mal machen“ bzw. an der Führung partizipieren lassen
sollten, damit Unternehmen agil sind, was oft eine Vorausset-
zung für den Erfolg in einer VUCA-Umwelt ist.
Die Notwendigkeit von „beidhändiger“ Führung
Zwar muss sich Führung aufgrund der dargestellten Charak-
teristika des Digitalzeitalters in Richtung Agilität und VOPA+
ändern, allerdings ist es genauso wichtig, „den Bogen nicht zu
überspannen“. Es sollten nicht alle bewährten Führungsansät-
ze und -tools über Bord geworfen werden, denn es gibt nach
wie vor Unternehmensbereiche und Aufgaben, die sehr gut mit
traditionellen Ansätzen zu führen sind. Allerdings kommen
(immer mehr) Bereiche hinzu, die eine andere, stärker auf die
VOPA+-Charakteristika ausgerichtete Führung erfordern. Eine
erfolgreiche Führungskraft benötigt im Digitalzeitalter beides:
einerseits bewährte, primär auf Effizienz und Exzellenz ausge-
richtete Managementansätze („linke Hand“) und andererseits
Ansätze, die stärker auf Geschwindigkeit und Innovation aus-
gerichtet sind („rechte Hand“). In der Wissenschaft wird in
diesem Zusammenhang auch von „Ambidexterity“ bzw. Beid-
händigkeit gesprochen (Gibson/Birkinshaw, 2004).
Dass der Bogen nicht überspannt werden sollte, lässt sich
am „Pendel der Führung“ (vgl. Abb. 3) visualisieren (Petry,
2016). Schon seit vielen Jahren besteht ein Trend weg von ex-
trem ausgeprägten Hierarchien und einer starken Trennung von
Management und Mitarbeitern hin zu flacheren Hierarchien
und einer stärkeren Partizipation bzw. zumindest Information
der Mitarbeiter. Dies ist keine neue Entwicklung, lediglich die
Entwicklungsgeschwindigkeit hat zugenommen. Allerdings pro-
pagieren derzeit manche „Evangelisten“ eine völlige Auflösung
von Hierarchie und den vollständigen Verzicht auf Führung.
Dies erscheint jedoch wenig überzeugend. Genauso wenig wie
Anarchie in größerem Umfang im politischen Bereich klappt,
so wenig funktioniert ein völliger Verzicht auf Führung in (der
Mehrheit der) Unternehmen. Es braucht Führung. Führungsver-
antwortung lässt sich nicht vollständig sozialisieren. Und Agili-
tät verdrängt Stabilität nicht allumfänglich. Dementsprechend
weisen Ansätze wie Scrum oder Holacracy (Robertson, 2015)
ganz bewusst auch stabilisierende, standardisierte Elemente auf.
Auch sind nicht alle Themen dafür geeignet, sie offen und
transparent zu kommunizieren. Genauso wenig ist Partizipati-
Abb. 4:
Beidhändigkeit bei Bosch
Quelle: vgl. Bosch, 2013
Effiziente Business Execution
Kundenanforderungen: planbar, strukturiert
Beherrschung
des
Schiebereglers
Interaktive & schnelle Business Adaption
Kundenanforderungen: emergent, mehrdeutig
Führung
Führung
Arbeitsmodell
Arbeitsmodell
Organisation
Organisation
vor allem
• transaktional
• extrinsisch motiviert
vor allem
• transformational
• intrinsisch motiviert
• hohe Arbeitsteilung
• Spezialisierung
• vertikale Verantwortung
• selbstgesteuert
• selbstorganisiert
• vernetzt
• verantwortlich
• Divisionen, hierarchisch
• funktional
• Zielvorgabe, Überwachung der
Regeleinhaltung
• temporäre, kleine Geschäfts
einheiten
• fraktal
• Geschäft im Geschäft
Effektive Führung
als ...