PERSONALquarterly 3/2018 - page 25

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03/18 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Welche Anforderungen und Herausforderungen sehen Führungskräfte in
agilen Organisationen?
Methodik:
Die Daten beruhen auf einer qualitativen Interviewstudie in 15 Unternehmen in
Deutschland.
Praktische Implikationen:
Die Ergebnisse weisen auf bestehenden Unterstützungsbedarf
der Führungskräfte in der agilen Transformation hin und zeigen mögliche Ansatzpunkte auf.
ordinates through power sharing, motivation support, and
development support with intent to promote their experience of
self-reliance, motivation, and capability to work autonomously
within the boundaries of overall organizational goals and stra-
tegies“. Als konkrete Verhaltensweisen von Führungskräften
identifizieren sie in den zwei Bereichen „Unterstützung der Au-
tonomie“ und „Unterstützung der Entwicklung“ der Geführten:
3
Delegation von Aufgaben und Verantwortung,
3
Koordination und Teilen von Informationen,
3
Ermutigung zu Eigeninitiative,
3
Ermutigung zu Zielfokus,
3
Unterstützung bei der Effizienz der Arbeit,
3
Inspiration der Mitarbeitenden
3
Modellbildung (Lernen durch Erfolge),
3
Anleitung und Beratung als Führungsstil.
In agilen Organisationen ergeben sich zusammenfassend
stärkere Möglichkeiten oder auch Erfordernisse von verteilter
Führung. Zudem können unter geteilter bzw. verteilter Führung
Verhaltensweisen, die demAnsatz der ermächtigenden Führung
zugerechnet werden, womöglich hilfreich sein, eine der wesent-
lichen Führungsherausforderungen in agilen Organisationen zu
bewältigen: die Förderung von Selbstorganisation. Auch in der
Praxis besteht großer Bedarf an Empfehlungen und Handrei-
chungen wie „Agiler führen“ (Hofert, 2016) gelingen kann. Wir
gehen hier auf Basis unserer bisherigen Ausführungen davon
aus, dass Führung in agilen Organisationen ganz wesentlich Ele-
mente der verteilten und der ermächtigenden Führung umfasst.
Führung in agilen Organisationen erfordert einen ange-
messenen Umgang mit Unsicherheit und Komplexität; hierbei
können eine proaktive Fehlerkultur und kritische Reflexions-
fähigkeit wichtige Unterstützung für Führungskräfte bieten.
Welche Anforderungen und Herausforderungen dies für Füh-
rungskräfte in (zunehmend) agilen Organisationen aus Sicht der
Führungskräfte impliziert – und welchen Unterstützungsbedarf
sie sehen, zeigen wir in den folgenden Abschnitten auf Basis
einer qualitativen Interviewstudie mit Führungskräften auf.
Studiendesign und Ergebnisse
Datenbasis der im Folgenden präsentierten Ergebnisse ist eine
explorative Interviewstudie, deren Zielsetzung darin bestand,
Führung und ermächtigende Führung. Zwei dieser Ansätze
sollen hier kurz skizziert werden, da ihnen im Kontext von agi-
len Organisationen mit selbstorganisierten Teams und (tempo-
rären) Führungsrollen eine besondere Relevanz zuzukommen
scheint: verteilte Führung und ermächtigende Führung.
Im Zusammenhang mit geteilter bzw. verteilter
3
Führung
(shared leadership) lassen sich in der Literatur mehrere Merk-
malsbereiche identifizieren (D’Innocenzo et al., 2016):
3
Die Quelle der Führung kann sowohl teamexterner oder
teaminterner als auch formaler oder informeller Natur sein,
3
das Ausmaß, in dem Teammitglieder an Führung beteiligt
sind, kann unterschiedlich sein,
3
geteilte bzw. verteilte Führung enthält einen zeitlichen, dy-
namischen Aspekt bzw. ist nicht statisch und
3
sie impliziert multiple Rollen und Funktionen bzw. Füh-
rungsverantwortlichkeiten.
D’Innocenzo et al. (2016) schlagen eine integrierte Definition
vor, wonach verteilte Führung zu verstehen sei als „an emergent
and dynamic team phenomenon whereby leadership roles and
influence are distributed among team members“ (D’Innocenzo
et al., 2016, S. 1968). Geteilte Führung impliziert also in aller
Regel Führung auf Zeit; rollen- und weniger personenbezogene
Führung und Führung als gemeinschaftlichen sozialen Prozess
von Akteuren. Die Gruppen- bzw. Organisationsziele sollen
somit auf Basis geteilter Verantwortung erreicht werden.
Ermächtigende Führung (empowering leadership) bezieht
sich hingegen auf das konkrete Verhalten von Führenden ge-
genüber Geführten (wie z. B. Teammitgliedern). Dieses kann
nach Arnold et al. (2000) beschrieben werden durch
3
vorbildliches, Beispiel gebendes Verhalten,
3
den Einbezug des Teams in Entscheidungen,
3
Unterstützung und Ermutigung,
3
Teilen von Informationen und Erklären,
3
Interesse am und Interaktion mit dem Team.
Amundsen und Martinsen (2014, S. 489) bezeichnen ermäch-
tigende Führung daher als „the process of influencing sub-
1 Dieses Akronym steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität, Ambiguität (Bennet/Lemoine, 2014).
2 Zumeist wird die Generation Y dabei als homogene Gruppe dargestellt, was jedoch eine nicht zuläs-
sige Simplifizierung darstellt (Fischer et al., 2015).
3 Die Begrifflichkeiten geteilte (shared) und verteilte (distributed) Führung werden vielfach synonym
bzw. nicht trennscharf verwendet; gemeinsam ist ihnen, dass Führung nicht nur bei einer Person,
sondern als kollektiver Prozess verortet wird (Bolden, 2011).
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