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02/17 PERSONALquarterly
auch Abb. 6). Beschäftigte, die ihre Weiterbildung als stärker
verwertbar in anderen Unternehmen wahrnehmen, geben
eine geringere kalkulative, auf Kosten-Nutzen-Überlegungen
beruhende Bindung an. Im Widerspruch zu früheren Studien
(Galunic/Anderson 2000) steht der bestätigte negative Effekt
auf die normative Bindung. Beschäftigte, die eine generelle
Weiterbildung erfahren, fühlen sich weniger dazu verpflichtet,
im Unternehmen zu bleiben. Das kann gemäß Hypothese 2c so
interpretiert werden, dass Beschäftigte eben nicht erwarten,
dass ihr Arbeitgeber sie für den externen Arbeitsmarkt qua
lifiziert. Im Gegenteil: Offenbar verunsichert die Erfahrung
genereller Weiterbildung die Beschäftigten, weil sie um ihren
Arbeitsplatz fürchten.
Private Weiterbildung ist statistisch verknüpft mit der nor
mativen Bindung (Hypothese 3c, vgl. auch Abb. 7). Beschäftigte,
die ihre Weiterbildung als stärker verwertbar außerhalb des
Berufs, also im Privatleben, wahrnehmen, fühlen sich stärker
dem Arbeitgeber verpflichtet. Zwar ist private Weiterbildung
nicht mit der affektiven Bindung verknüpft (oder nur sehr
gering), doch der Befund für die normative Bindung impliziert,
dass Arbeitgeber die Beschäftigten auch an das Unternehmen
binden können, indem sie ihnen privat verwertbare und damit
großzügige Weiterbildungsangebote unterbreiten.
Wie sich die Erfahrung der Weiterbildung auf die Facetten
der Bindung auswirkt (Hypothese 4b, 4c), wurde mithilfe von
sogenannten Instrumentalvariablen-Schätzungen untersucht.
Vereinfacht gesprochen werden hier zwei Schätzungen mit
einander verbunden. In der ersten wird herausgerechnet, wie
sich Teilnehmende und Nichtteilnehmende in Merkmalen un
terscheiden, die auch etwas mit den Facetten der Bindung zu
tun haben. Das geschieht hier, indem die wahrgenommene
Information über die Weiterbildung und das bisherige Wei
terbildungsverhalten der Beschäftigten als sogenannte Instru
mente für die Teilnahme benutzt werden; diese Instrumente
korrelieren eben nicht mit dem genannten Selektionseffekt.
In der zweiten Schätzung wird dann eine korrigierte, „instru
mentierte“ Variable für die Teilnahme benutzt. Diese zweite
Schätzung ist geeignet, den reinen Bindungseffekt der Wei
terbildung zu identifizieren. Im Ergebnis zeigt sich, dass die
instrumentierte Variable für die Weiterbildungsteilnahme sta
tistisch verknüpft ist mit einer höheren affektiven (Hypothe
se 4b) und normativen Bindung (Hypothese 4c). Wird in der
Schätzung die unkorrigierte Variable für die Weiterbildungs
teilnahme genutzt, zeigen sich hingegen keine signifikanten
Zusammenhänge. Offenbar nehmen manche Beschäftigte mit
einer – und aufgrund einer – geringen organisationalen Bin
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
-0,10
kalkulativ
affektiv
normativ
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 7:
Ergebnisse zu Hypothese 3b und 3c
Art der Bindung
Private Weiterbildung
Angegeben sind für alle drei Facetten der Bindung jeweils die geschätzte
Effektstärke und das 95%-Konfidenzintervall. Es gibt den Bereich an, in dem
der wahre Effekt mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit liegt. Für die
kalkulative Bindung wurde theoretisch kein Effekt erwartet.
0,03
0,08
0,11
0,20
0,10
0,00
-0,10
-0,20
-0,30
kalkulativ
affektiv
normativ
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 6:
Ergebnisse zu Hypothese 2a, 2b und 2c
Art der Bindung
Generelle Weiterbildung
Angegeben sind für alle drei Facetten der Bindung jeweils die geschätzte
Effektstärke und das 95%-Konfidenzintervall. Es gibt den Bereich an, in dem
der wahre Effekt mit einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit liegt.
-0,12
-0,09
-0,14