PERSONALquarterly 2/2017 - page 46

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PERSONALquarterly 02/17
NEUE FORSCHUNG
_WEITERBILDUNG
brauchen Unternehmen qualifizierte und loyale Beschäftigte
gerade in Krisenzeiten, um sich auf den Wiederaufschwung
vorzubereiten. Zudem ist die Abwanderungsgefahr in der Krise
deutlich geringer, weil Beschäftigte kaum Optionen auf einen
Arbeitgeberwechsel besitzen und die Kosten von Bildungsin­
vestitionen reduziert werden (Bellmann/Leber, 2010). Trotz
der Vorbehalte könnte Weiterbildung während Kurzarbeit ein
sinnvolles Instrument der Krisenbewältigung sein.
Wir wissen auch nichts darüber, wie sich die wenigen Pro­
gramme von Weiterbildung während Kurzarbeit ausgewirkt
haben. Es liegen nur einige wenige Beschreibungen von Pro­
grammen in verschiedenen Unternehmen vor (z.B. Schott AG,
Acelor Mittal Bremen; Heidemann, 2010), ohne dass dort je­
doch ein Programm anhand empirischer Daten evaluiert wird.
Daher wurde in der hier skizzierten Studie (Flore, 2014) der
Erfolg des Weiterbildungsprogramms während Kurzarbeit
in einem Unternehmen untersucht. Welche Beschäftigten
haben an den Schulungen teilgenommen? Wie hat sich die
Weiterbildungsteilnahme und wie haben sich die vermittelten
Inhalte auf die organisationale Bindung der Beschäftigten
ausgewirkt? Die organisationale Bindung der Beschäftigten
bzw. die Mitarbeiterbindung wurde untersucht, weil sie sta­
tistisch belastbar nicht nur mit einer geringeren Fluktuation
und weniger Fehlzeiten einhergeht, sondern auch mit einer
höheren Leistung der Beschäftigten (vgl. zusammenfassend
Flore, 2014, Seite 18-22).
Forschungsstand zur Weiterbildung als beschäftigungspoli-
tischem Instrument
Wenn man vom beschäftigungspolitischen Instrument Wei­
terbildung während Kurzarbeit einmal abstrahiert, finden
sich eine Reihe relevanter Studien dazu, wie sich betriebliche
Weiterbildung generell auf die Bindung und ähnliche Kon­
zepte wie die Fluktuation auswirkt (vgl. grundlegend Galunic/
Anderson, 2000; jüngst Kampkötter/Marggraf, 2015). In den
Studien werden zwei verschiedene theoretische Perspektiven
eingenommen, entweder eine ökonomische oder eine sozial­
tauschtheoretische.
In der ökonomischen Perspektive gilt Weiterbildung als
Humankapitalinvestition (Becker, 1975). Unter Humanka­
pital sind die Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten von
Beschäftigten zu verstehen. In der Humankapitaltheorie
werden Kosten und Erträge von Weiterbildung gegenüberge­
stellt. Dabei ist die Unterscheidung zwischen spezifischem
und allgemeinem Humankapital entscheidend (vgl. Abb. 1).
Spezifische Weiterbildungen (im Unterschied zu generellen
Weiterbildungen) vermitteln Inhalte, die vor allem auf der ak­
tuellen Stelle, nicht aber in anderen Unternehmen angewendet
werden können. Eine Weiterbildung kann auch Humankapi­
tal vermitteln, das Beschäftigte außerhalb des Berufs, in ih­
rer Freizeit, verwenden können. Diese Weiterbildungsart ist
ebenfalls eher allgemeiner Natur und basiert auf der Idee der
Haushaltsproduktion von Stigler/Becker (1977). Während spe­
zifische Weiterbildungen den Arbeitnehmer gewissermaßen
an das Unternehmen binden, erhöhen allgemeine Weiterbil­
dungen das Abwanderungsrisiko. Die empirische Evidenz zeigt
jedoch entgegen der Theorie, dass Arbeitgeber in allgemeine
Fähigkeiten investieren. Zudem finden die Studien keine kla­
re positive Beziehung zwischen allgemeinen Weiterbildungen
und Beschäftigtenfluktuation.
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Arten des Humankapitals und ihre Messung
Art des Humankapitals Item zur Messung im Fragebogen
spezifisch
„Inwieweit können Sie die neu erworbenen
Kenntnisse in Ihrer aktuellen Stelle anwenden?“
allgemein
„Inwieweit könnten Sie die neu erworbenen
Kenntnisse in einem anderen Unternehmen
anwenden?“
privat
„Inwieweit können Sie die neu erworbenen
Kenntnisse außerhalb Ihrer aktuellen beruflichen
Tätigkeit nutzen?“
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie wirkt sich ein Weiterbildungsprogramm während Kurzarbeit auf
Facetten der organisationalen Mitarbeiterbindung aus?
Methodik:
Beschäftigte eines deutschen Industrieunternehmens wurden befragt. Die
Daten wurden anhand von Regressionsanalysen ausgewertet.
Praktische Implikationen:
Hausinterne Weiterbildung während Kurzarbeit kann als Mo-
dell der internen Flexicurity betrachtet werden: Es sichert Beschäftigung und gleichzeitig
die Qualifikation sowie Bindung der Beschäftigten auf breiter Basis. Die Inhalte sollten vor
allem am Arbeitsplatz und im privaten Kontext verwertbar sein.
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