PERSONALquarterly 2/2017 - page 58

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 02/17
V
erhaltenssteuerung durch Bonussysteme ist ein
elementarer Bestandteil der modernen Personal-
wirtschaft. Im Unternehmen entwickeln sich solche
Systeme meist über eine längere Zeit und unter dem
Einfluss verschiedener Personen- und Interessengruppen. Dies
kann dazu führen, dass das letztendlich verabschiedete Bonus-
system selbst für einfache Aufgaben eine gewisse Komplexität
aufweist. Die Art und Weise der Kommunikation wird so zu
einem elementaren Bestandteil und einem Kriterium für den
Erfolg für das jeweilige Bonussystem.
Florian Englmaier und seine Kollegen Andreas Roider und
Uwe Sunde untersuchen in der diskutierten Studie, wie eine
regelmäßige Erinnerung an das bestehende und unveränderte
Bonussystem den Bonus und die zugrunde liegenden Anreize
wieder präsent macht und die Produktivität steigert.
An dieser Studie teilgenommen hat ein Agrarwirtschaftsun-
ternehmen, das hauptsächlich Kopfsalat anbaut. Das Ernten
ist unter etwa zehn Teams auf unterschiedlichen Feldern auf-
geteilt, wobei jedes Team aus über 30 Arbeitern besteht und
von einem Teamleiter geführt wird. Etwa ein Drittel des Teams
ist direkt mit dem Ernten des Salats beschäftigt. Die übrigen
Arbeiter sind verantwortlich für das Verpacken und den Ab-
transport. Der Teamleiter ist dabei das Bindeglied zwischen
dem Unternehmen und den Arbeitern. Er kommuniziert die
Vorgaben sowie mögliche Prämien und allokiert seine Arbeiter
zu den unterschiedlichen Arbeitstätigkeiten.
Da das Unternehmen die höchstmögliche Produktion zur
bestmöglichen Qualität erzielen möchte, gibt es zweierlei Prä-
mien für die Arbeiter und den Teamleiter. Zum einen eine Prä-
mie für die Quantität der Produktion, welche für jedes Team
und für jede Arbeitsschicht individuell den jeweiligen Umstän-
den angepasst wird. Zum anderen eine Prämie für die Qualität,
welche jedoch für die Studie nicht weiter relevant ist.
In der Studie lassen die Forscher die monetäre Prämie un-
angetastet. Die einzige Veränderung in einer Teilgruppe von
Teamleitern und deren Arbeitern ist eine wiederholte Erin-
nerung an die Prämie für die Quantität der Produktion und
somit eine gesteigerte Präsenz dieser Prämie. Vor jeder Ar-
beitsschicht werden Teamleiter und Arbeiter explizit bezüglich
Wie man mit einer
Erinnerung an eine Prämie
die Produktivität steigert
Florian Englmaier
(University of Munich)
,
Andreas Roider
(Uni-
versity of Regensburg)
, Uwe Sunde
(LMU München): The Role of
Communication of Performance Schemes: Evidence from a Field
Experiment. Management Science, 2016.
der tagesaktuellen Prämie pro geernteter Einheit informiert.
Zudem wird die jeweilige Prämie mit einem Aushang an der
Erntemaschine ausgewiesen.
Diese minimale Veränderung der Kommunikation bzw. die
verstärkte Präsenz der Quantitätsprämie führt dazu, dass die
Produktion im Vergleich zu einer Kontrollgruppe um 3 bis 4%
steigt, ohne die finanzielle Anreizstruktur an sich zu verän-
dern. Die Größenordnung ist dabei in etwa so, als würde einem
Team ein zusätzlicher Arbeiter hinzugefügt werden. Gleich-
zeitig sinkt jedoch die Qualität der Produktion um 2 bis 5%.
Getrieben wird dieser Effekt davon, dass die Teamleiter die Auf-
gabenzuteilung ändern und Ressourcen auf das Abschneiden
der Salatköpfe konzentrieren, um die Produktion zu erhöhen.
Dabei vernachlässigen sie allerdings andere Aufgaben.
Die Autoren argumentieren, dass der zugrunde liegende
Mechanismus eine einfache Erhöhung der Aufmerksamkeit
bezüglich der Prämie ist. Durch wiederholtes Verdeutlichen
der relevanten Prämieninformation, wobei die Art der Prämie
schon über Jahre gleich blieb, hat die Intervention die Auf-
merksamkeit an einem gegebenen Tag erhöht. Dies ist beson-
ders interessant, da die klassische Ökonomie aufgrund der
gleichbleibenden finanziellen Anreize keine Verhaltensände-
rung vorhersagen würde und die Produktionssteigerung durch
einen nahezu kostenfreien Eingriff hervorgerufen wird.
Besprochen von
Timo Vogelsang
, Seminar für ABWL und Perso-
nalwirtschaftslehre, Universität zu Köln
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