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_EVIDENZ ÜBER DEN TELLERRAND
PERSONALquarterly 02/17
E
videnzbasiert – für wenige Unternehmensaktivitäten
ist dieses Adjektiv so wichtig wie für das Marketing.
Die Messbarkeit einer Maßnahme, die Messbarkeit der
Ergebnisse, das ist quasi die conditio sine qua non im
modernenMarketing. „50 Prozent meinesWerbebudgets ist zum
Fenster hinaus geschmissen, ich weiß nur nicht, welche Hälfte“,
soll Henry Ford gesagt haben. So wörtlich darf man das nicht
nehmen. Denn von Anfang an hat das Marketing alles technisch
Mögliche unternommen, um so genau wie möglich zu messen,
welche Aktion welches Ergebnis bringt. Und um daraus zu ler-
nen, sich immer weiter zu verbessern, immer mehr Informatio-
nen über Kunden in Formvon Daten zu sammeln, zu analysieren
und für optimierte Kampagnen zu nutzen.
Evidenz im Marketing heißt genau dies: nachzuvollziehen,
welche Aktion erfolgreich ist, Gründe für Erfolg oder Misser-
folg zu kennen und zu eruieren, welchen Wertbeitrag einzelne
Werbeinstrumente oder Kommunikationskanäle zum Gesamt-
ergebnis leisten. Und das zu kombinieren mit dem Wissen über
die Kunden und Interessenten. Der Vorteil des Marketers ist,
dass er dank der Digitalisierung, die alles in messbare Daten
verwandelt, imGrunde unendliche Möglichkeiten hat. Alles, was
Menschen im Internet tun, lässt sich nachvollziehen. Wer hat
was bei Google gesucht? Wie ist der Besucher in den Online-Shop
gekommen – über die Suchmaschine, den E-Mail-Newsletter, ein
Werbebanner oder direkt?Wie lange hat er sich dort aufgehalten?
Was hat er gesucht, angeklickt, wieder verworfen, neu gesucht,
in den Warenkorb gelegt? Falls er sich eingeloggt hat, kennt man
sein bisheriges Bestell- und Retournierverhalten. In Echtzeit – so
lautet eines der Lieblingswörter der Branche – können Unterneh-
men dann passende Zusatzangebotemachen. Und der Erfolg oder
Misserfolg solcher Maßnahmen lässt sich dann wieder messen,
analysieren und für eine verbesserte Kundenansprache nutzen.
Alles liegt offen und ist transparent.
Zumindest lautet so das große Versprechen all der Anbieter,
die Software rund um das Datenmanagement vertreiben. Und
wahrscheinlich stimmt das sogar, wenn nur nicht alles so kom-
plex wäre. Die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, all
die Daten sinnvoll zu verarbeiten. Sie arbeiten mit schlecht ge-
führten Datenbanken oder mit mehreren Datenquellen, die nicht
zusammenpassen oder Dubletten, Tripletten, X-letten enthalten.
Und trotz all der Daten ist es heute, anders als in der Ver-
gangenheit, schwieriger, den Beitrag einzelner Kanäle und Ak-
tivitäten einer Kampagne zum Gesamterfolg oder Misserfolg
zu erkennen. Was hat schließlich dazu geführt, dass jemand
im Online-Shop kauft, ein Ladengeschäft aufsucht oder einen
Vertrag abschließt? War es der E-Mail-Newsletter? Das Werbe-
banner? Die Anzeige auf Google? Oder doch der TV-Werbespot,
die Anzeige in der Zeitschrift, die Empfehlung des Nachbarn?
Die Frage nach der sogenannten Attribution stellt das Marketing
vor große Herausforderungen, deren Bearbeitung mit der wach-
senden Datenmenge nicht leichter wird. Evidenz im Sinne auf
empirischen Erhebungen basierender Erkenntnis ist schwerer zu
bekommen, als man meinen könnte. Eben weil es nicht mehr nur
den einen klar abgegrenzten Kanal gibt, über den Unternehmen
Kunden ansprechen. Früher ging das so: Werbebrief verschicken,
Verkäufe auswerten. Die Erfolgsquote war offensichtlich. Heute
müssenMarketer die Reaktionen auf viele unterschiedliche Akti-
onen einer Kampagne genau verfolgen, in Korrelation setzen und
analysieren. Glückwunsch, wenn das gelingt. Wenn nicht, ist der
Nebel dichter als zuvor und man weiß tatsächlich nicht, welche
Hälfte des Werbebudgets zum Fenster hinaus geworfen wurde.
Marketer wollen Werbeerfolg belegen –
manchmal gelingt es
Christoph Pause,
Chefredakteur acquisa
Werbebudgets 2016
Kommunikationsetats in 2016 in Mrd Euro/Verteilung in Prozent
Gesamtetat für Kommunikation: 30,22 Mrd. Euro
8,5%
23,8%
9,2%
20,0%
9,6%
28,9%
2,58
2,89
7,19
2,77
6,06
8,73
30,22
Klassische Werbung
ohne Online-Werbung
Online Kommunikation
Nicht-Klassische
Werbung
Live-Kommuikation/
integrierte Marken
erlebnisse
Sponsoring
Public Relations
Quelle: Famab Research 2016